Der Piratenlord
Ich denke schon, dass ich von ihnen das eine oder andere gelernt habe.“
„Französische Küchenchefs? Englische Dukes?“ empörte sich Silas. „Du kommst meiner Küche nicht zu nahe, du . . . du . . .“
„Ich heiße Louisa Yarrow, aber Sie können mich Miss Yarrow nennen“, sagte Louisa affektiert.
Er war so überrascht von dieser herablassenden Äußerung, dass Sara ihr Lachen hinter einem scheinbaren Hustenanfall verbarg.
„Es ist unwichtig, wie ich dich nenne oder wie du dich selbst nennst“, grollte er und näherte sich Louisa so weit, dass er auf sie herabblicken konnte. Infolge eines Wellentals neigte sich das Schiff unvermittelt zur Seite. Während sich Sara und Louisa an der Reling festhalten mussten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, brachte er es irgendwie fertig, aufrecht stehen zu bleiben, als ob seine Füße auf dem Deck festgeschweißt wären. „Du kommst meiner Küche nicht zu nahe, Weib. Ich habe schon genug damit zu tun, all diese Frauen zu verpflegen. Da muss ich nicht auch noch eine Unruhestifterin an meiner Seite haben.“
„Vielleicht könnte Louisa Ihnen ein bisschen helfen“, warf Sara ein. Sie musste zugeben, dass der Eintopf nicht sonderlich gut aussah und schmeckte, und ein schneller Blick über das Deck zeigte ihr, dass die anderen Frauen trotz ihres Hungers ihre Mahlzeit ohne großen Appetit verzehrten.
„Das ist eine großartige Idee“, sagte eine andere Stimme. Sie gehörte dem Ersten Offizier, der eine Zigarre rauchend neben
Sara stand. „Warum lässt du dir denn bei den Vorbereitungen nicht von den Frauen helfen? Gott weiß, dass wir zur Abwechslung gut mal eine anständige Mahlzeit gebrauchen könnten.“ Silas sah den Ersten Offizier finster an. „Du schlägst dich auf die Seite dieser Frau? Also, ich habe genug von deinen Beschwerden. Und von Ihren auch.“ Er drehte sich um und stapfte davon. „Glaubt nur ja nicht, dass ich euch noch etwas kochen werde. Soll diese Hexe euch doch ein dünnes französisches Süppchen servieren, dann könnt ihr mal sehen, wie euch das schmeckt. Ihr werdet mich in einer Woche auf Knien bitten, dass ich euch wieder was koche. Verdammte englische Narren. Ich schwöre . . .“
Er brummte weiter vor sich hin, während er das Deck überquerte. Doch als Louisa ihm folgen wollte, hielt Barnaby sie auf.
„Lassen Sie ihn in Ruhe. Er ist ein alter Brummbär, der Frauen nicht leiden kann. Man munkelt, dass er keine im Bett zufrieden stellen kann, wenn Sie verstehen, was ich meine. Irgendeine alte Kriegswunde.“ Er warf Louisa ein einschmeichelndes Lächeln zu, das seine schönen weißen Zähne entblößte. „Wenn Sie nach einem Ehemann suchen, sollten Sie sich lieber an mich halten. Alle meine Körperteile funktionieren perfekt.“ Ein frostiges Lächeln umspielte Louisas Lippen, als sie ihm den Arm entriss. „Ach wirklich? Dann würde ich Ihnen Vorschlagen, dass Sie sich eine Frau suchen, die all Ihre Körperteile mit Freuden pflegen und hätscheln möchte. Ich fürchte, dass ich sie lieber in Stücke schlagen würde.“ Damit raffte sie ihre Röcke und eilte hinter Silas her. Barnaby blickte ihr überrascht nach, während er unwillkürlich seine Beine zusammenpresste.
„Sie ist ein kalter Fisch, was?“ bemerkte er, als er sich Sara zuwandte.
„Eigentlich nicht. Sie mag nur Männer nicht so sehr.“ „Ah“, sagte Barnaby, als ob er das verstehen würde.
Doch seine gerunzelte Stirn ließ erkennen, dass es nicht so war. Wie konnte er auch? Er war ja niemals der Gnade oder Ungnade eines Mannes ausgeliefert gewesen, und sein Leben wurde auch noch nicht von einem Vertreter des anderen Geschlechts ruiniert. Kein Mann, der noch nie seines Geschlechts wegen gequält worden war, würde Louisas Hass verstehen können.
„Und was ist mit Ihnen?“ fragte er. „Hassen auch Sie die Männer?“
Leider nicht, dachte sie und erinnerte sich daran, wie demütigend sie auf Gideons Kuss reagiert hatte. „Nur die Männer, die versuchen, mir die Freiheit zu nehmen.“
Die Sonne war schließlich untergegangen, und der graue Dunst verstärkte den intensiven Blick von Barnabys schwarzen Augen, mit dem er sie musterte. „Meinen Sie Männer wie unseren Captain?“
Die leichte Ironie in seiner Stimme ließ sie rot werden. Alle schienen zu vermuten, dass sie vor ihrem erlauchten Captain in Ohnmacht fallen würde. Sie senkte den Blick und fuhr mit den Fingern über die glatte, schimmernde Oberfläche der Messingreling. „Ja, ihn.
Weitere Kostenlose Bücher