Der Piratenlord
fröstelte. „Was meinte er mit ,nahe gekommen“. Was hat dieser verdammte Pirat mit Ihnen getan?“
Einen Moment lang schwieg sie. „Nichts, was ich ihm nicht erlaubt habe“, erklärte sie schließlich.
Er stöhnte auf. Wenn er jemals Miss Willis von hier fortbringen sollte, würde ihr Stiefbruder ihn umbringen. „Also hat er sich Ihnen genähert? Hat er . . . ich meine, war er . . .“ Petey fehlten die passenden Worte. Wie kam er bloß dazu, der Stiefschwester eines Earl solch eine taktlose und verletzende Frage zu stellen?
Sie errötete, straffte die Schultern und blickte ihn eine Spur zu munter an. „Er hat mich nicht. . . entjungfert, wenn Sie das wissen wollten. Und das wird er auch nie tun.“ Als Petey die Augenbrauen hochzog, fügte sie hinzu: „Sie brauchen sich um mich keine Sorgen zu machen. Ich kann gut auf mich selbst aufpassen.“
„Das sehe ich. Deshalb schleicht der Captain ja auch wie ein Kater hinter Ihnen her. “
Scharf blickt sie Petey an. „Ich kann mit Captain Horn umgehen, Petey. Sie müssen sich nur etwas einfallen lassen, wie wir von hier wegkommen. “
Daraufhin eilte sie davon, und er fragte sich, wie er ihre Flucht bewerkstelligen sollte, wenn er sie nicht einmal vor dem Piratenlord - oder vor ihr selbst - schützen konnte.
12. KAPITEL
„Was halten Sie davon?“ fragte Sara Louisa, als sie am nächsten Morgen kurz nach dem Frühstück an Deck standen und zum Horizont schauten. Vor einer knappen halben Stunde war gerufen worden: „Land voraus!“ Und sie konnten noch immer nur einen braunen Fleck jenseits des glasklaren Meeres ausmachen.
„Schwer zu sagen. Dazu ist die Insel noch viel zu weit entfernt. “
Die anderen Frauen umringten sie und drängten sich gegen die Reling, weil auch sie begierig darauf waren, einen Blick auf ihre neue Heimat zu werfen. Ann Morris schob sich an den Frauen vorbei und blieb neben Sara stehen. Ihre dunklen Locken umrahmten ihr rosiges Gesicht. „Ist das Atlantis?“
„Wir sind nicht sicher“, antwortete Sara. „Aber wir glauben es. Der Captain hatte mir gesagt, dass es nur zwei Tagesreisen dauern würde.“
Ann blickte mit leicht zusammengekniffenen Augen auf den Fleck. „Vielleicht sollten wir Petey bitten, uns durch ein Fernrohr sehen zu lassen. Gewiss wird er uns eins besorgen können.“
„Oh, ich bin sicher, dass er nur zu gern bereit dazu wäre, wenn Miss Willis ihn darum bitten würde“, meinte Louisa gedankenlos. „Da sie ihn ja nun bald heiratet, wird er . . .“
Ein plötzliches Klirren ließ Sara und Louisa zu Ann herumwirbeln. Diese blickte auf die zerbrochenen Teller, die sie eben noch in der Hand gehalten hatte, und presste die Faust gegen ihren Mund.
„Ann?“ fragte Sara, als die Waliserin sich bückte und die Scherben eilig in ihre Schürze sammelte. „Ann, ist alles in Ordnung?“ Sara kniete sich neben Ann nieder, der jetzt Tränen über die Wangen rollten. „Lieber Himmel, was ist denn los?“
„Nichts“, wehrte Ann ab und vermied es, Sara anzuschauen. „Es ... es ist nichts. Ich habe sie einfach nur fallen lassen.“ „Aber warum weinen Sie dann . . .“
Louisa unterbrach Sara damit, dass sie ihr die Hand auf die Schulter legte. Daraufhin beugte sie sich herab und flüsterte Sara ins Ohr: „Lassen Sie sie in Ruhe. Ich hätte das nicht vor ihr sagen sollen, aber ich dachte, dass sie von der Neuigkeit längst gehört hat.“
,,Welche Neuigkeit?“ erkundigte sich Sara.
„Dass Sie und Petey verlobt sind, natürlich.“
Sara hatte tatsächlich am Vorabend so vielen Frauen wie möglich davon erzählt, nachdem sie Petey verlassen hatte. Doch sie hatte sich keine Gedanken darüber gemacht, dass sie jemand damit verletzen könnte. Sara sah erst Louisa, dann Ann verwundert an, die gerade alle Scherben aufgehoben hatte und dabei war, durch die Menge davonzulaufen.
Die Wahrheit traf Sara wie ein Schlag. Oh, wie hatte sie nur so dumm sein können? Sie hatte gar nicht auf Anns bewundernde Bemerkungen über Petey geachtet und auch nicht, wie sie sich auf der Chastity immer um ihn gekümmert hatte.
Ann war in Petey verliebt - und Saras Verlobung mit ihm musste ihr das’Herz brechen. Sicherlich hatte Ann sich vorgenommen, Petey zu heiraten. Sara wurde von entsetzlichen Schuldgefühlen geplagt. Sie hatte Peteys Plan freudig zugestimmt und keinen Gedanken daran verschwendet, dass sie jemand anders damit wehtun könnte. Arme Ann.
Selbst wenn Petey die Gefühle der Waliserin nicht erwidern und er auf
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