Der Piratenlord
Passatwinde und der kalten Ströme des Nordatlantiks herrschte ein so gemäßigtes Klima, dass hier sowohl Orangen und Zitronen gediehen als auch Dattelpalmen und Bambus.
Wilde Ziegen und Hasen durchstreiften das Vorgebirge. Große Meeresschildkröten schoben sich am Strand entlang, und im Unterholz lebten Waldhühner und Fasane.
Verstohlen schaute sie zu Gideon. Er trug nur die Lederhose und den Gürtel, von dem der Säbel herabhing. Er streckte den Arm nach oben, ergriff ein rundes Büschel gelber Früchte, das von einem seltsamen palmenartigen Baum mit wächsernen grünen Blättern herabhing, zog seinen Säbel und trennte die Früchte mit einem Hieb vom Baum.
Als er sich seitwärts drehte, um sie in einen Karren zu den anderen zu legen, beobachtete sie das Spiel seiner Muskeln. In diesem Moment schaute er in ihre Richtung, und sie sahen einander an. Sein Blick glitt über ihre Stirn, die Wange, die Lippen. Er war wie eine sinnliche Liebkosung. Eine plötzliche, ihr nur zu schmerzlich vertraute Hitze erfasste sie und ließ sie flammend rot werden. Voller Scham darüber, dabei ertappt worden zu sein, dass sie ihn angesehen hatte, wandte sie sich hastig von ihm ab. Doch sie bemerkte noch das sanfte wissende Lächeln, das seine Lippen umspielte.
Dieser Mann war eine Gefahr für alle Frauen! Sie wenigs tens sollte ihm widerstehen können. Warum musste es ausgerechnet ein Pirat sein, bei dem sie errötete und weiche Knie bekam wie ein junges Mädchen bei ihrer Einführung in die Gesellschaft? Sie war immer zu vernünftig für solche Torhei ten gewesen, außer im Fall von Oberst Taylor, und selbst bei ihm hatte sie ihren gesunden Menschenverstand nicht derart verloren wie bei Gideon.
Obwohl sie am Strand entlang vor ihm davoneilte, konnte sie die Wärme, die sich von den intimsten Bereichen ihres Körpers ausbreitete, nicht ignorieren. O ja, Gideon passte in diesen Garten Eden. Er war so verführerisch wie Adam. Aber hatte Gott bei Gideon Horn nicht ein wenig übertrieben? Er hätte diesem Mann Nützlicheres mitgeben sollen als nur gutes Aussehen und verführerischen Charme. Demut zum Beispiel.
Vergeblich versuchte sie, sich einen demütigen Gideon vorzustellen.
Als sie Louisa entdeckte, die auf einem umgestürzten Baumstamm saß, der einige Meter hinter dem Strand und vor dem Unterholz lag, eilte Sara zu ihr.
„Worüber lächeln Sie denn?“ murrte Louisa. „Sagen Sie nicht, dass Sie sich schon dazu haben verleiten lassen, diese Insel zu mögen. “
„Sie müssen zugeben, dass Sie sie so nicht erwartet haben.“ „Ich habe sie genauso erwartet. Haben Sie schon diese Hütten gesehen? Sie sind das Primitivste, das man sich vorstellen kann! Nur die Betten scheinen bequem zu sein. Doch was kann man von Piraten schon anderes erwarten? Natürlich kümmern sie sich vor allem um ihre Betten. Mehr interessiert sie ja nicht. Männer! Ich schwöre, dass die Gemeinschaftsküche, die Silas geschaffen hat, genauso primitiv ist wie . . .“
„Silas? Sie scheinen ja mit Mr. Drummond schon recht vertraut zu sein.“
Leicht verlegen zog Louisa den Kopf ein. „Überhaupt nicht. Silas . . . ich meine Mr. Drummond und ich haben einfach gelernt, uns . . . gegenseitig zu tolerieren. Er hat schließlich eingesehen, dass er meine Hilfe braucht.“
Ihre Hilfe? Louisas „Hilfe“ hatte darin bestanden, dass sie sich der Küche des armen Mannes bemächtigt hatte und all seine Versuche, seinen Arbeitsplatz zurückzuerobern, unterlaufen hatte. Wenn er das zu tolerieren gelernt hatte, dann war er ein weit besserer Mann, als sie gedacht hatte. „Nun ich muss zugeben, dass die Mahlzeiten genießbar sind, seit Sie Ihre ,Hilfe“ angeboten haben. Und ich bin sicher, dass es uns gelingen wird, die Hütten schön herzurichten.“
„Das ist auch der einzige Grund, warum sie uns hierher mitgenommen haben: um zu putzen, zu kochen und zu nähen.“ „O nein, sie möchten viel mehr von uns“, erwiderte San bissig, als sie an Gideons begehrlichen Blick dachte.
Louisa erstarrte. „Sie haben natürlich Recht. Sie wollen auch unsere Körper haben. Und ich werde mich hüten, meinen auch nur einem von ihnen zu geben. Dazu müsste man mich schon fesseln.“
„Sagen Sie das bloß nicht laut. Es könnte sie auf Ideen bringen.“ Sara schaute zu einigen Frauen hinüber, die sich schon Ehemänner gesucht hatten. „Leider werden Sie und ich in unserem Wunsch, unverheiratet zu bleiben, überstimmt werden.“
Louisa warf ihr einen langen,
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