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Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Titel: Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klester Cavalcanti
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nahmen sie die Hängematten und einen großen Topf mit Reis, Maniokmehl, Ei und Trockenfleisch mit. In Tonhos Rucksack wurde außerdem etwas Kaffee, Salz, ein paar Zitronen und drei Dosen Sardinen gepackt, die sie von Pedro Mineiro bekommen hatten. Marra ritt auf einem vom Bauern ausgeliehenen Pferd.
    Am frühen Nachmittag stießen sie in den Wäldern des Rio Gameleira auf eine frische Fährte. Die Größe der Spuren und ihr Abstand voneinander verrieten Júlio, dass sie von einem etwa einen Meter achtzig großen Mann in Schuhen stammen mussten. Der Offizier wurde mißtrauisch: »Hier laufen die Menschen sonst barfuß durch den Wald.« Sie folgten der Fährte, die immer weiter vom Rio Gameleira wegführte. Hie und da erschwerten das Dickicht und das viele Laub auf dem Boden die Arbeit des Jungen. Er musste sich an abgebrochenen oder geknickten Ästen orientieren, aber kurz darauf konnte er die Fährte des Mannes wieder aufnehmen.
    Am Nachmittag begann es leicht zu regnen, ein neues Problem, denn bald würde das Wasser die Spuren weggewaschen haben. Júlio ging schneller. Kaum eine halbe Stunde später klagte Marra:
    »Bei dem Gerenne kommt keiner mit.«
    »Ich schon«, antwortete Tonho.
    Júlio war so auf den Pfad konzentriert, dass er diesmal nicht über dessen Stimme lachte.
    »Delegado, darf ich einen Vorschlag machen? Warum bleiben Sie nicht mit der Truppe hier, und ich laufe der Spur nach, um den Kerl zu finden. Dann komme ich zurück und berichte.«
    »Ich weiß nicht, Junge. Und wenn du ihn findest und es ist tatsächlich ein Kommunist?«
    »Na wenn schon. Dann sage ich eben, dass ich hier wohne, dass ich Mineiros Neffe bin. Dann komme ich zurück, und wir verfolgen ihn gemeinsam.«
    »Na gut, Julão, meinetwegen lauf ihm nach. Wir spannen derweil die Hängematten auf und machen Feuer, um das Essen aufzuwärmen. Mach aber schnell. Wenn du merkst, dass er zu weit weg ist, dreh um.«
    »In Ordnung, Delegado«, sagte Júlio.
    »Was für ein Teufelskerl«, hörte er Ricardo noch sagen, dann lief er davon.
    Wie er es in den Wäldern von Porto Franco gelernt hatte, sah er im Gehen abwechselnd auf die Bäume zehn Meter vor ihm, um Spuren an ihnen zu erkennen, oder auf die Erde, um nach Abdrücken und großen Wurzeln auszuschauen, über die er stolpern könnte. Er war überzeugt, dass der Mann, dem er folgte, nicht so schnell vorankam wie er. Und er würde gewiss erst zu den anderen zurückkehren, wenn er berichten konnte, dass er den Verdächtigen aufgespürt hatte. Es regnete immer noch, fein und lästig. Je feuchter die Erde wurde, desto schwieriger war es, die Fußspuren zu erkennen.
    Es wurde langsam dunkel, als er zu einer kleinen Lichtung kam, auf der eine strohgedeckte Holzhütte stand. Er vergewisserte sich, dass bis auf einen Hund, der unter einer Holzbank lag, niemand in der Hütte war, und machte sich wieder auf die Jagd. Knapp zwei Kilometer weiter stieß er auf ein Dorf mit einem halben Dutzend Holzhütten. Auf die Fensterbank der ersten gestützt, zündete sich gerade ein Mann mit grauen Haaren und grauem Bart eine Strohzigarette an. Im schwachen Licht der Petroleumlampe, die innen von der Decke hing, konnte der Junge kaum das Gesicht des Mannes erkennen. Bevor Júlio ihn ansprechen konnte, sagte der Alte mit dunkler Stimme:
    »Bleib nicht da draußen im Regen, Kleiner. Sonst erkältest du dich noch.«
    »Das geht nicht. Ich suche nach einem Freund«, antwortete Júlio, wischte sich den Regen aus den Augen und schüttelte sein nasses Haar.
    »Du hast einen Freund in der Gegend?«
    »Er ist nicht von hier. Wir waren beim Jagen und dann habe ich ihn verloren.«
    »Beim Jagen? Wie konntest du denn ohne Waffe jagen, mein Junge?«
    Erst jetzt bemerkte Júlio, dass er in der Eile seine Flinte vergessen hatte. Er wusste nicht, was er sagen sollte, sah den Mann vor sich an und brachte kein Wort heraus. Verschämt schaute er zu Boden.
    »Du musst mich nicht anlügen«, sagte der Alte.
    Júlio hob hastig und nervös den Kopf: »Wie meinen Sie?«
    »Du suchst nach deinem Kommunistenfreund, stimmt’s?«
    Júlio erstarrte.
    »Vor vielleicht zwanzig oder dreißig Minuten ist einer von diesen Jungs hier vorbeigekommen und hat gefragt, wo die Paulistas von Caianos sind.«
    Júlio wusste zwar, dass die Leute vom Araguaia die Revolutionäre »Paulistas« nannten, weil ein Großteil von ihnen aus São Paulo kam, aber er hatte nicht die geringste Ahnung, was mit »Caianos« gemeint war. Fragen konnte er nicht, das hätte

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