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Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Titel: Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klester Cavalcanti
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dass es noch zu früh sei, um schlafen zu gehen, zuerst müsse man sich den Gefangenen noch einmal vornehmen. Die Männer waren alles andere als begeistert. Sie waren viel zu müde und glaubten ohnehin, dass der Mann tatsächlich nicht wusste, wo die Stützpunkte lagen. Selbst wenn, würde er es nicht sagen, sonst hätte er es schon längst getan.
    »Wir können noch so oft den Knüppel aus dem Sack holen, er redet einfach nicht«, sagte Emanuel.
    »Schon klar. Ich will auch gar nicht, dass ihr ihn schlagt«, sagte Marra.
    »Was denn dann?«, wollte Ricardo wissen.
    »Nehmt glühende Scheite aus dem Feuer und sengt diesem Drecksack die Beine an. Spätestens in einer Stunde wird er sein Maul aufmachen.«
    Für Júlio passten die ruhige, gelassene Stimme des Offiziers und ein derart grausamer Plan nicht zusammen. Den anderen aber war anzusehen, dass ihnen gefiel, was sie da hörten. Sie gingen zum Feuer und holten glühende Holzscheite heraus. José Genoino, der immer noch gekrümmt und mit geschlossenen Augen, aber bei Bewusstsein auf der Erde lag, war seit vierzehn Stunden gefangen. Während dieser Zeit war er ununterbrochen geschlagen worden, hatte nichts zu essen und zu trinken bekommen. Júlio war bei ihm, bevor die anderen kamen, und sagte:
    »Sag schon, was du weißt, sonst stirbst du noch.«
    »Aber ich weiß nichts. Ich lüge nicht«, antwortete er, ohne die Augen zu öffnen.
    Diesen knappen Wortwechsel sollte José Genoino nicht vergessen. Dass sich der, den er für den Jüngsten der Gruppe hielt, um ihn zu sorgen schien, wunderte ihn. Doch es war, bei all den Qualen und Schmerzen, ein tröstlicher Gedanke. Da bekam er einen heftigen Tritt in den Rücken. Als er die Augen aufmachte und die sechs Männer um sich herumstehen sah, meinte er, er würde wieder geschlagen werden. Doch beim Anblick der glühenden Holzscheite in ihren Händen, die die Dunkelheit des Dschungels erleuchteten, ahnte er, dass es weit schlimmer kommen würde.
    »Drei von euch halten den Kerl fest und zwei grillen seine Beine«, befahl Marra.
    Júlio warf sein Holzstück als Erster von sich, denn lieber wollte er den Kommunisten halten, als ihn mit der Glut zu quälen. Tonho und Forel taten es ihm nach. Als sie sich hinknieten, um ihn zu fesseln, rochen sie den scharfen Gestank von Urin. Genoino hatte sich in die Hosen gepinkelt. Ricardo und Emanuel krempelten seine Hosen hoch und begannen, ihn zu foltern. Die glühenden Hölzer verbrannten seine Waden, er schrie und wand sich vor Schmerzen. Um ihn noch mehr leiden zu lassen, hielten Ricardo und Emanuel die Glut so lange an seine Haut, bis offenes, wundes Fleisch zu sehen war. In seiner Not zappelte er wild mit den Beinen, wurde aber sofort von den Männern daran gehindert. Die Brandnarben hat José Genoino bis heute.
    Marra saß auf der Erde und schaute zu: »Wie sieht’s aus, Geraldo? Sagst du jetzt, wo deine Freunde versteckt sind, oder brauchst du noch mehr?«
    »Ich habe doch schon tausendmal gesagt, dass ich nichts weiß«, schrie Genoino auf.
    Júlio sah zu Marra hinüber und hoffte, dass er die Folter endlich für beendet erklären würde. Doch der Offizier holte eigenhändig noch mehr glühendes Holz aus dem Feuer. Ungläubig bemerkte Júlio den zufriedenen Gesichtsausdruck Marras. Egal wie widerspenstig der Kommunist sein mochte, nichts konnte so eine Herzlosigkeit rechtfertigen. Endlich befahl Marra, den völlig entkräfteten Gefangenen an einen Baum in der Nähe der Hütte zu fesseln. Sie stellten Genoino mit dem Rücken an den Baum und bogen dabei seine Arme nach hinten. Dann legten sie die Reihenfolge der Nachtwache fest. Emanuel würde der erste sein, Júlio der letzte; Marra wurde verschont. Die Nacht verlief ohne Zwischenfälle.
    Am Morgen des 19. April erwachten sie früh, die Hitze war gnadenlos. Als letzter Wachposten war Júlio schon seit zwei Stunden auf. Er hatte die ganze Zeit eisern den Gefangenen angestarrt, der zu schlafen schien. Aber Genoino, geplagt von grausamen Schmerzen, hatte nicht geschlafen, sondern nur versucht, Kräfte zu sammeln. Marra und die Männer aßen das Affenfleisch vom Vorabend und gingen zur Hütte, um sich zu besprechen. Carlos Marra klagte wieder über Schmerzen im Fuß und über den verdammten Helikopter, der nicht auftauchen wollte. Emanuel schlug vor, dass zwei oder drei von ihnen fischen gehen sollten, für den Fall, dass sie noch eine Nacht bleiben müssten.
    »Ich kann das übernehmen, Delegado. Fischen kann ich«, sagte

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