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Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Titel: Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klester Cavalcanti
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wie ich zur Grube komme. Ich gehe dann alleine weiter.«
    »Okay, ich bring dich in die Nähe.«
    Auf dem Weg unterhielten sie sich über den Alltag in der Goldmine. Das beste, sagte der Goldwäscher, sei das Kino. Jeden Abend um acht würden auf einer Leinwand mitten auf der Straße Sexfilme gezeigt. Frauen war in Serra Pelada kein Zutritt erlaubt. Bis zu dreitausend Männer besuchten regelmäßig die Vorführungen. Júlio wurde neugierig. Seit drei Monaten hatte er nicht mehr mit einer Frau geschlafen. Vielleicht würde ihm so ein Film auch gut tun. An einer finsteren und einsamen Straßenecke nahm ihn Baiano am Arm und sagte:
    »Geradeaus, dann die zweite Straße rechts. Am Ende der Straße kannst du schon die Grube sehen.«
    Júlio holte die Waffe aus dem Hosenbund und drückte den Lauf durch sein Hemd gegen Baianos Bauch.
    »Wenn du den Mund aufmachst, leg ich dich um.«
    »Was soll das?«
    »Halt den Mund und bring mich zur Mine.«
    »Was hast du vor?« Baianos Stimme zitterte.
    »Wenn du mich hinbringst, verspreche ich, dass alles in Ordnung kommt. Aber jetzt keinen Ton mehr. Wenn du noch einmal den Mund aufmachst, pump ich dir die Wampe mit Kugeln voll.«
    Sie liefen die fünf- oder sechshundert Meter bis zum Krater nebeneinander her. Júlio hörte Baiano unterdrückt schluchzen, und zum ersten Mal sah er sich den Mann genauer an, den er gleich töten würde. Er sah viel jünger aus, als er gedacht hatte. In seinem Gesicht waren keine Anzeichen von einem Bart und keinerlei Narben zu sehen, er hatte eine breite Nase und große Augen. Júlio fragte, wie alt er sei. Er sei gerade neunzehn geworden, antwortete er. Das war ziemlich jung. Aber Júlio war fest entschlossen, sich nicht erweichen zu lassen. Er hatte schon weitaus Jüngere hingerichtet. Sein jüngstes Opfer war dreizehn gewesen. Um ein Ehepaar dazu zu bringen, auf seine Farm zurückzukehren, von der sie geflohen waren, hatte ihn 1978 ein Grundbesitzer aus Paragominas in Pará beauftragt, deren Sohn zu töten. Der Großbauer drohte ihnen, auch die anderen drei Kinder umbringen zu lassen, falls sie nicht zur Sklavenarbeit zurückkehrten. Júlio würde heute ebenso funktionieren wie damals, als er den dreizehnjährigen Jungen beim Fußballspielen auf der Straße erschoss.
    Er zwang den Garimpeiro zwei Schritte vor, auf den Krater zu.
    »Bitte töte mich nicht. Ich habe nichts getan«, presste Baiano ein ums andere Mal zwischen Schluchzern hervor.
    »Sei still, du Trottel. Ich werde dich nicht umbringen«, Júlio zog das schwarze Hemd aus, unter dem er das weiße mit den blauen Streifen trug.
    Er befahl Baiano, näher an den Abgrund zu treten, hob den Lauf des Revolvers, bis er nur noch eine Handbreit von Baianos Kopf entfernt war und drückte ab. Wie eine Bombe hallte der Schuss in der Tiefe wider. Júlio sah, wie der Körper hinabstürzte und rannte in die Dunkelheit davon. Er schob sich das Hemd in die Hosen und warf den Strohhut von sich. Erst als seine Beine vor Erschöpfung zitterten, hielt er an. Er war wohl an die zwei Kilometer gerannt und stand jetzt schweißüberströmt mitten im Nirgendwo. Auf der einen Seite der dichte Regenwald, auf der anderen die spärlichen Lichter, die an diesem heißen Abend die Siedlung Serra Pelada erleuchteten. Er setzte sich auf die lehmige Erde und verschnaufte.
    Nach kurzer Pause schlenderte er möglichst unauffällig in Richtung der Häuser zurück. Er war unruhig. Womöglich hatte jemand gesehen, wie er weggelaufen war, nachdem er João Baiano getötet hatte. Wegen der fortwährenden Streitereien ums Gold gab es in Serra Pelada mehr Polizisten als in vielen anderen Städten der Gegend. Er konnte sich nicht orientieren, wusste nicht mehr, wo Índios Hütte stand. Auf keinen Fall würde er nach dem Weg fragen, das konnte verdächtig sein. So irrte er mehr als eine Viertelstunde durch die Straßen des Städtchens, den Blick auf den Boden gerichtet. Alles war ruhig. Offensichtlich war der Mord noch nicht entdeckt worden. Als er schließlich an der Bank vorbeikam, wusste er endlich wieder, wo er war. Nun war es einfach, den Rückweg zu finden.
    Cícero, Paraíba und Índio saßen vor Índios Hütte, rauchten und unterhielten sich angeregt.
    »Hey, da ist der Mann ja endlich wieder!«, rief Cícero und grinste.
    »Und, hast du es erledigt, Junge?«, fragte Paraíba.
    »Ja, ich habe den Mistkerl zur Hölle geschickt.« Júlio bemühte sich, fröhlich zu wirken.
    »Wie sich’s gehört«, sagte Cícero und stand auf, um

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