Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders
Den heutigen Tag wird João Baiano nicht überleben. Du musst mir nur eine scharfe Machete besorgen.«
»Es ist tatsächlich besser, den Kerl mit einer Machete zu töten«, sagte Paraíba.
»Wieso?«
»Weil es verboten ist, Serra Pelada mit einem Revolver zu betreten. Wenn Baiano erschossen wird, dürfte die Polizei alles auf den Kopf stellen, um herauszufinden, wer das getan hat. Messer sind hier alltäglicher.«
»Und wie ist mein Onkel mit zwei Revolvern hereingekommen, wenn es doch verboten ist?«
»Das war mit dem Chef der Sicherheitsleute so abgemacht. Er hat ein paar Scheine bekommen, niemand hat deinen Onkel durchsucht.«
Júlio schlief weiter. Er habe Kopfschmerzen, Paraíba solle ihn eine Stunde nach Mitternacht wecken.
Er wusch sich aus einem Wassereimer hinter der Hütte und zog sich zwei Hemden über – ein schwarzes über einem weißen – und lieh sich von Paraíba eine Schirmmütze aus. Dann stopfte er sich eine Handvoll Maniokmehl mit Ei in den Mund und brach auf zu seiner nächtlichen Arbeit. Er war sich seiner Sache sicher. So sicher, dass er nicht einmal den Revolver mitnahm. Nur die Machete hatte er dabei, die so lang war wie sein Unterarm. So lang, dass sie ihn beim Gehen behinderte und es aussah, als würde er hinken. Die Straßen der Ansiedlung waren menschenleer. Umso besser. Er musste sich keine Sorgen machen, gesehen zu werden. Am meisten Sorge machte ihm, dass er unter den zwei Hemden stark schwitzte.
Als er zu João Baianos Hütte kam, konnte er kaum glauben, was er sah. Leichter konnte es nicht sein. Der Goldsucher schlief unter freiem Himmel in einer Hängematte. Júlio schlenderte erst vorbei und kehrte dann nach fünfzig Metern wieder um. Keine Menschenseele war zu sehen. Dann trat er neben Baiano. Der Mann schnarchte wie ein Schwein, schlief mit offenem Mund, auf dem Rücken, die Arme über der Brust gekreuzt. Júlio schaute sich sein Gesicht ganz genau an. Nicht noch einmal wollte er den Falschen töten. Aber es war eindeutig. Das war der Mann, den Paraíba ihm in der Goldmine gezeigt hatte. Doch zur Sicherheit wollte er sich wenigstens den Goldzahn links oben im Mund des Goldgräbers anschauen. Er ging in die Hocke, stützte seine Hände auf die Schenkel und beugte sich über die Hängematte, als wolle er seinen Kopf in Baianos Rachen stecken. Da war der Goldzahn. Links. Er nahm die Machete vom Gürtel und wollte seinem Opfer gerade die Kehle durchschneiden, als ihm eine der Regeln seines Onkels in den Sinn kam: Nie einen Schlafenden töten.
Was sollte er tun? Sollte er den Mann wecken, um ihn zu töten? Das kam ihm lächerlich vor. Gewiss würde Baiano versuchen, sich zu wehren, womöglich schreien und damit die Aufmerksamkeit aller Bewohner der umliegenden Hütten erregen. Er zog sein schwarzes Hemd aus und hielt es mit der rechten Hand fest. Dann stieg er rittlings über die Hängematte, sodass der Goldgräber nun zwischen seinen Beinen lag. Mit einer einzigen Bewegung setzte er sich nun auf die Brust seines Opfers und stopfte ihm sein Hemd in den Mund, damit er keinen Laut von sich geben konnte. Der Mann erwachte erschrocken und riss die Augen auf, versuchte hochzukommen, aber es gelang ihm nicht. Als ihm Júlio die Machete an den Hals hielt und ihm befahl, sich nicht zu bewegen, erstarrte er.
»Wegen dir habe ich einen Unschuldigen getötet«, sagte Júlio.
Baiano brummte und schüttelte den Kopf.
»Wegen dir hat man mich einen beschissenen Mörder genannt«, sagte Júlio und schnitt dem Goldsucher die Kehle durch.
Blut spritzte ihm über Brust und Hände. Es hörte nicht auf zu bluten. Hätte er das geahnt, hätte er Baiano das Messer in den Bauch gestoßen, wie damals Amarelo, dem ersten Menschen, den er getötet hatte. Er nahm die Hängematte vom Haken und wickelte den Toten darin ein. Möglichst jedes Geräusch vermeidend, schleppte er die Leiche ins Haus. Dort ließ er sie an die Wand gelehnt liegen, links von der Tür. Dann legte er den Riegel vor die Tür und sprang aus dem Fenster nach draußen, zog es von außen zu und verschwand. Er fühlte sich seltsam erleichtert. Stolz. Nie wieder sollte ihn jemand einen beschissenen Mörder nennen. So zufrieden war er, dass er nicht einmal daran dachte, um Vergebung zu bitten. Am Tag darauf fuhren er und der Onkel zurück nach Imperatriz. Baianos Leiche wurde erst nach drei Tagen gefunden, so erzählte es Cícero später, wegen des üblen Geruchs, der aus seiner Hütte kam. Da kein Mörder zu ermitteln war, wurde er
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