Der Planet der Katzenwölfe
zu, daß du dich innerlich an eine ältere Frau bindest… zusätzlich zu der seelischen Belastung, die diese Kontaktarbeit mit sich bringt.“
Jeff fühlte, wie sein Gesicht glühte. „Du bist ein Heuchler! Du bist sauer, weil Amanda schwarz ist. Und du bist wütend, weil die Tiere die Arbeit nicht schaffen können, die du von ihnen verlangst. Du möchtest sie alle umbringen, du möchtest alles vernichten, was sich dir in den Weg stellt! Alles und alle, die nicht tun, was du willst!“
Sein Vater wankte tatsächlich einen Schritt zurück. Sein Gesicht war plötzlich bleich, wie nach einem Schock. „Jeff, was ist bloß in dich gefahren? Das ist…“
„Laß mich in Ruhe!“ Jeff ging in das Zimmer seiner Mutter.
In den nächsten Tagen kam sich Jeff wie ein Gefangener vor. Er durfte sich zwar im ganzen „Dorf“ frei bewegen, aber das Betreten des Kontaktzentrums war ihm untersagt. Und das war natürlich der einzige Ort, den er gerne aufgesucht hätte.
Er wanderte auf den „Grünpfaden“ umher, saß stundenlang in der Bibliothek, beobachtete den Planeten, der draußen vor den Aussichtskanzeln schwebte.
Er warf sich auf sein Bett und spielte sich die Nachrichtenbänder vor, die er aus der Bordbibliothek entliehen hatte. Die überfüllte, verseuchte, gefährliche, schmutzige Erde. Die wuchernden Städte, die sterbenden Flüsse und Seen, die Ozeane mit den vielen Schiffen, die verzweifelt nach Nahrungsquellen und Rohstoffen für die ständig wachsende Erdbevölkerung suchten.
Als seine Mutter eines Nachmittags aus der Schule heimkam, sah sie ihn auf dem Bett hocken.
„Dein Vater hat nicht übertrieben, weißt du“, sagte sie sanft, an Jeffs Zimmertür gelehnt. „Die Zustände auf der Erde sind wirklich schrecklich, jedenfalls für die meisten Menschen. Wir brauchen diesen Planeten, für uns selber und für unsere Mitmenschen. Diesen Planeten und noch viele andere. Dein Vater arbeitet sehr schwer, um der gesamten Menschheit zu helfen.“
Jeff antwortete nicht. Darauf war keine Antwort möglich. Entweder die Menschen auf der Erde starben, oder die Tiere auf Windsong starben. Und in Wahrheit konnte er nichts tun, um die Entscheidung zu beeinflussen. Die Entscheidung war längst gefallen, schon bevor das „Dorf“ von der Erde zum Altair gestartet war. Windsong sollte sterben, und an seiner Stelle würde eine neue Erde entstehen, die Altair VI hieß. Eine neue Erde?
Jeff starrte auf die Nachrichtenaufzeichnung, die über den Bildschirm lief. Auf Gewalt und Haß und Angst und Tod. Eine neue Erde, auf der die Menschen das gleiche Unheil anrichten konnten wie auf der alten? War das der Grund, warum sie Crown umbringen wollten?
Und dann fragte er sich, was er selber dagegen tun konnte. Viele Stunden lang suchte er nach einer Lösung. Doch er fand keine.
Nichts.
Sie hatten ihm die Sache aus der Hand genommen. Er hatte ihnen geholfen, Crown dazu zu benutzen, das lange, langsame Sterben einer Welt namens Windsong einzuleiten. Sein eigener Vater hatte ihn dazu gebracht, eine ganze Welt zu verraten.
Eines Abends, gleich nach dem Essen, kam Laura vorbei, um Jeff zu besuchen. Er machte mit ihr einen Spaziergang auf den „Grünpfaden“. In Anwesenheit seiner Eltern konnte er nicht sagen, was ihn bedrückte. Seit er von Crown getrennt war, hatte er mit seinem Vater nicht mehr als sechs Worte gesprochen.
Laura war ganz zappelig vor Aufregung. „Ich habe gute Nachrichten für dich, Jeff“, sagte sie glücklich, als die beiden ohne ein bestimmtes Ziel den „Grünpfad“ entlangschlenderten.
„Was?“ fragte er.
„Ich war heute mit Crown zusammen!“
„Wirklich?“
„Ja. Ich weiß, daß er es war… sein Bein ist noch immer ein bißchen steif.“
Jeff packte ihren Arm. „Geht es ihm gut? Haben die Tiere wieder etwas zu fressen?“
Laura nickte so heftig, daß ihr rotes Haar zu hüpfen begann. „Ihm geht’s prima. Sie haben aber alle ziemlichen Hunger. Nirgends finden sie etwas zu fressen. Die Affen haben sich in die Brandung vorgewagt und dort Krebse ausgebuddelt. Manchmal haben sie sogar einen richtigen Fisch gefangen. Aber Fisch mögen die Katzenwölfe nicht.“
„Wovon leben sie denn?“
„Nun, Dr. Carbo hat uns befohlen, wir sollen sie im Wald herumwühlen lassen, wo wir Erdhöhlen entdecken. Sie holen sich die Tiere, die in diesen Bauten ihren Winterschlaf halten. Es ist nicht viel, aber es reicht zum Überleben.“
Jeff schüttelte den Kopf. „Sie sollten die Katzenwölfe laufen lassen.
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