Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
sofort mit dem Werkzeug in die Kabine zu kommen, da an den Kühlanlagen des Marax etwas beschädigt sei. In der Kabine waren Arsenjew, Chandrasekar und Lao Tsu. Der Geruch überhitzter Leitungen hing noch in der Luft. In langen Reihen leuchteten die roten Signale der blockierten Schalter. Arsenjew ging zwischen den geöffneten Verteilertafeln auf und ab. Es stellte sich heraus, daß eine Pumpe der Kühlanlagen ausgefallen und dadurch die Temperatur der Röhren über die Sicherheitsgrenze angestiegen war. Trotzdem hatten die Wissenschaftler den Marax erst ausgeschaltet, als die Berechnungen abgeschlossen waren. Eine Viertelstunde lang war ich zwischen den riesigen Kapazitronen beschäftigt. Dann kletterte ich durch enge Schächte unter den Fußboden der Kabine, wo sich die Zentrifugalpumpen befanden. Dort, inmitten all der Kabel, die sich wie die Wurzeln eines Baumes über mir und um mich herum wanden, wechselte ich in unerträglicher Hitze und Enge das heißgelaufene Lager aus.
    Als der Schaden beseitigt war und ich gerade die Kabine verlassen wollte, hielt Arsenjew in seiner Wanderung inne und blieb vor mir stehen. „Sie wissen, daß wir über dem Toten Wald kreuzen?“
    „Ja.“
    „Wie denken Sie über seine Entstehung?“
    „Ich bin kein Fachmann, kein Geologe, also …“
    „Das macht nichts. Sie haben sich doch etwas gedacht. Na, sagen sie es!“
    „Vielleicht ist es der Boden eines Meeres, das allmählich ausgetrocknet ist. Und dabei sind die im Wasser gelösten Salze in diesen wunderlichen Gebilden kristallisiert.“
    „Kurzum, Sie halten ihn für eine geologische Formation?“
    „Ja.“
    „Ja …“, wiederholte der Astronom nachdenklich. Dann begann er von neuem in der Kabine auf und ab zu gehen. Ich stand noch immer mit den Werkzeugen in der Hand da.
    „Ein natürliches Entstehen solcher Kristalle ist unmöglich.“
    „So sind es also künstliche Gebilde?“
    „Künstliche schon, aber nicht beabsichtigte.“
    „Das begreife ich nicht.“
    „Auch wir konnten es lange nicht begreifen … Wenn wir auf irgendein Werk lebender Wesen stoßen, so versuchen wir stets seine Bestimmung, seinen Zweck zu ergründen. Der Tote Wald war zu der Zeit, als er gebaut wurde, nicht tot. Er ist die Ruine eines gigantischen Akkumulators für Strahlungsenergie, wahrscheinlich nur einer von vielen.“
    „Wissen Sie auch, welchem Zweck er diente?“
    „Eben diese Frage haben wir dem Marax viele Male vorgelegt. Wir gaben ihm die Struktur, die Ausmaße, die Art des Materials an, aus dem sich der Tote Wald aufbaut, und er bemühte sich wie ein Ingenieur, die technischen Daten zu einem logischen Ganzen zusammenzusetzen. Solange uns keine Einzelheiten bekannt waren, standen dem Marax, wenn man so sagen kann, viele Möglichkeiten einer Synthese offen. Er antwortete, daß der Wald eine Anlage zur Veränderung des Klimas oder ein riesiger chemischer Transmutator gewesen sein könne, der die Zusammensetzung der Atmosphäre regulieren sollte. Als uns aber immer neue Fakten bekannt wurden, fiel eine Hypothese nach der andern. Die in dem Toten Wald gespeicherte Energie überstieg den Bedarf von Anlagen, wie ich sie eben erwähnte, um das Vieltausendfache. Nun begann der Marax in der Richtung einer ganz bestimmten Lösung zu arbeiten. Wir konnten jedoch mit ihm nicht einer Meinung sein und bemühten uns, seine Schlußfolgerungen in eine andere Bahn zu lenken. Er stellte die verwickeltsten Hypothesen auf, untersuchte, ob sie tragbar seien, und antwortete schließlich immer wieder mit einem Nein.“
    Arsenjew blieb vor dem erloschenen Kathodenschirm stehen; er kehrte mir den Rücken zu, als er fortfuhr: „Diese Stunde werde ich sobald nicht vergessen. Hartnäckig kam er stets von neuem auf die Richtung zurück. Ich hatte den Eindruck, daß dies nichts als die Tücke des Objekts sei, das uns bisher gehorchen mußte und sich nun dafür rächte. Wie Sie wissen, antwortet der Marax nicht mit Worten, sondern in Kurven, aber diese waren so klar, so eindeutig …“ Er beendete den Satz nicht und wandte sich dem Physiker zu, der mit Hilfe eines kleinen Apparates den Verlauf einer Kurve auf einem Diagramm überprüfte. „Ich beneide dich um deine Ruhe, Lao …“, sagte er.
    „Du hast wenig Ursache, mich zu beneiden“, entgegnete der Chinese. „Es stimmt, daß der Weg von meinem Kopf bis zum Herzen weit entfernt vom Gesicht verläuft … aber es war mir durchaus nicht leichter als dir zumute.“
    Arsenjew blickte in die blanke Platte

Weitere Kostenlose Bücher