Der Planet des Todes
es, sich vorzustellen, daß der Fußboden des Geschosses die Reisenden mit der Kraft und Geschwindigkeit einer Granate treffen würde, die sich in ein Hindernis bohrt. Und drittens, wenn ein solcher Flugkörper samt seinen Insassen wirklich heil davonkäme und nicht entgegen allen Gesetzen der Mechanik zurück zur Erde fiele, so müßte er im Augenblick des Auftreffens auf die Oberfläche des fremden Himmelskörpers zerschellen.
Es kam darauf an, die Schwerkraft der Erde zu überwinden und sich gleichzeitig von der Atmosphäre unabhängig zu machen, die das Flugzeug oder den Ballon trägt und den Motoren den erforderlichen Sauerstoff gibt. Dazu bedurfte es einer umwälzenden Erfindung. Schon im Jahre dreizehnhundert konstruierten die Chinesen die ersten Raketen, die durch den Rückstoß der Verbrennungsgase des Schießpulvers angetrieben wurden. Es mußten aber noch beinahe siebenhundert Jahre vergehen, ehe der russische Gelehrte Ziolkowski als erster die Pläne einer interplanetaren Rakete entwarf. Ihm folgten später Goddard, Oberth und viele andere. Sie legten das Fundament zur Astronautik, die sich mit der Zeit zu einem besonderen, bedeutenden Zweig, der Technik entwickelte.
Die Grundsätze des Antriebs waren bekannt. Sie stützten sich auf das berühmte Newtonsche Gesetz: Wirkung gleich Gegenwirkung. Die Verbrennungsgase, deren Rückstoßkraft die Rakete vorwärts treiben sollte, mußten mit großer Geschwindigkeit ausströmen. Hier stießen die Konstrukteure auf die ersten Schwierigkeiten. Bei der heftigsten chemischen Reaktion, der Verbindung von Sauerstoff und Wasserstoff zu Wasser, werden Gase mit einer Geschwindigkeit von fünf Kilometern in der Sekunde frei. Von da ist es noch sehr weit bis zu 11,2 Kilometern in der Sekunde, der sogenannten befreienden Geschwindigkeit, die ein Körper ohne Eigenantrieb, etwa ein Geschoß, haben müßte. Anders liegen die Dinge bei einer Rakete. Sie kann die Erde mit einer geringeren Sekundengeschwindigkeit als 11,2 Kilometer verlassen, unter der Bedingung, daß ihr Antriebsmotor ohne Unterbrechung bis zu dem Zeitpunkt arbeitet, in dem sie sich bereits in beträchtlicher Entfernung von der Erde befindet. Trotzdem war eine solche Lösung nicht befriedigend. Der scheinbar vollkommenste Brennstoff, Sauerstoff und Wasserstoff, wurde nie verwendet, weil sich diese Gase außerordentlich schwer verflüssigen lassen und weil es gefährlich ist, sie im flüssigen Zustand aufzubewahren. Außerdem wirkt sich die sehr hohe Temperatur der Reaktion schädlich aus. Man arbeitete also mit Brennstoffen, die eine Gasgeschwindigkeit von einem bis zu drei Sekundenkilometern ergeben. Leider muß das Gewicht des Brennstoffes, der erforderlich ist, um eine Rakete von der Gravitation der Erde zu befreien, einige hundertmal das Gewicht des eigentlichen Flugkörpers übersteigen. Selbst wenn man Sauerstoff und Wasserstoff verwenden könnte, würde eine Rakete von zehn Tonnen mit einer Nutzlast von weiteren zehn Tonnen für eine Reise von der Erde zum Mond vierzigtausend Tonnen Brennstoff benötigen. Sie bestünde nur aus einem ungeheuren Brennstoffspeicher – von der Größe eines sehr ansehnlichen Ozeanriesen – mit unerhört dünnen Wänden und einer Kabine für die Besatzung an der Spitze. Die Lenkung eines solchen Monstrums wäre mit den größten Schwierigkeiten verbunden, denn seine statischen Eigenschaften würden sich unausgesetzt im Maße des Brennstoffverbrauchs ändern. Am Ende der Reise wäre die Rakete nichts als eine gigantische leere Hülse.
Dieses Hemmnis, das scheinbar die Frage des Raketenfluges von vornherein undiskutabel macht, ist aber nur eines von vielen. Dabei wird sogar das so ungünstige Verhältnis des Brennstoffgewichtes zur eigentlichen Nutzlast, wie es sich bei einer Verwendung des Sauerstoff-Wasserstoff-Antriebes ergeben würde, erst im Idealzustand erreicht. Außerdem entsteht während der Arbeit in den Zündkammern eine Temperatur von dreitausend Grad, in der die widerstandsfähigsten Legierungen bereits nach einigen Minuten weich werden. Eine Temperaturverringerung zieht wiederum eine Verringerung der Ausströmungsgeschwindigkeit der Gase nach sich.
Viele Jahre vergingen mit der Forschung nach neuen, brauchbaren Brennstoffen. Man versuchte, die Rakete mit Ammoniak und Stickstoffdioxyd, Schießbaumwolle, Benzin und Sauerstoff, Anilin und Salpetersäure, Alkohol und Wasserstoffsuperoxyd, ja sogar mit festen Stoffen wie Kohle, Aluminium oder Magnesium
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