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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Astronauten auf und wollte in der Zone geringer Schwerkrafteinwirkung, einige Tausend Kilometer von der Erde entfernt, aus metallenen Konstruktionsteilen einen künstlichen Satelliten schaffen, der allen Weltraumexpeditionen als Zwischen- und Hilfsstation dienen könne. Die Raumschiffe, die eine gewaltige Brennstoffmenge zur Überwindung der Schwerkraft verbraucht hatten, sollten dort frische Vorräte aufnehmen und dann ihren Flug fortsetzen. Der Bau solcher Inseln war keine leichte Aufgabe. Man mußte zunächst mit Hilfe von Raketen viele Tausend Tonnen Metallbauteile in den leeren Raum befördern und dort bei einer Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt, in völliger Luftleere die einzelnen Teile zusammenschweißen. Künstliche Schwerkraftfelder sollten angelegt werden, um es den Menschen zu erleichtern, sich auf diesen Inseln zu bewegen. Dazu wurden verschiedene Methoden vorgeschlagen. Eines dieser Projekte, von einem deutschen Wissenschaftler entworfen, sah eine starke Magnetisierung der Oberfläche des künstlichen Satelliten vor. Die Menschen, die sich darauf bewegen mußten, sollten Schuhwerk mit Eisensohlen tragen.
    Die Bauversuche wurden mit der Schaffung sehr kleiner künstlicher Satelliten begonnen. Durch eine von der Erde aus ferngesteuerte dreistufige Rakete, deren letztes Glied eine Geschwindigkeit von acht Sekundenkilometern erreichte, entstand so der erste künstliche Mond. Er umkreiste die Erde in zwei und einer halben Stunde und war in den Teleskopen gut zu erkennen. Bei klarer Luft und tiefem Sonnenstand konnte man ihn sogar mit freiem Auge als kleinen glänzenden Punkt beobachten, der sich gleichmäßig durch das Blau fortbewegte. Der zweite künstliche Mond umkreiste in einer Entfernung von zweiundvierzigtausend Kilometern die Erde einmal in vierundzwanzig Stunden, hing also entgegen allen Gesetzen der Schwerkraft scheinbar unbeweglich im Raum. Der neue Himmelskörper enthielt ein ganzes Observatorium und diente den Astronomen als weit vorgeschobener Beobachtungspunkt.
    Der Bau einer großen Zwischenstation für interplanetare Flüge wurde durch den weiteren technischen Fortschritt überflüssig. Dieses Projekt hatte von vornherein viele Gegner gehabt. Die Schaffung künstlicher Monde, so erklärten sie, beseitige keineswegs die Nachteile riesiger Raketenzüge. Wenn eine Expedition den nächsten Planeten erreichen und wieder zurückkehren wollte, so mußte sie, wie die Berechnungen erwiesen, ungeachtet etwaiger Zwischenstationen, Raumschiffe von ungeheuren Ausmaßen verwenden. Man erinnerte auch an einen gewissen Abschnitt in der Entwicklung des Flugwesens in den zwanziger Jahren, als man den Bau von künstlichen schwimmenden Inseln im Atlantischen Ozean erwogen hatte, wo die Flugzeuge auf ihrem Weg von Europa nach Amerika zwischenlanden sollten. Dies erschien notwendig, solange die Flugzeugwerke noch nicht in der Lage waren, genügend große und leistungsfähige Maschinen zu produzieren, die das Hindernis des Ozeans mit einem Sprung nehmen konnten. Doch schon wenige Jahre später überquerten die ersten Flugzeuge den Atlantik, und der kostspielige Bau künstlicher Inseln erübrigte sich.
    Die oppositionellen Stimmen gegen die Errichtung kosmischer Zwischenstationen kamen hauptsächlich aus den physikalischen Instituten und Laboratorien. Die dort tätigen Wissenschaftler wußten am besten, daß der komplizierte Entwicklungsgang der chemisch angetriebenen Rakete – von dem chinesischen Drachen und den kleinen, durch Pulver fortgeschleuderten Geschossen bis zum „Weißen Meteor“ mit einer Masse von einundzwanzigtausend Tonnen–sein Ende gefunden hatte. Ein neues, viel mächtigeres Antriebsmittel war auf dem Schauplatz der modernen Technik aufgetaucht: der Atombrennstoff.
    Die Atomenergie, die bereits länger als dreißig Jahre bekannt war, ließ sich zunächst noch nicht zur Erzeugung von Elektrizität, zur Klimaregulierung und Umgestaltung der Erdoberfläche verwenden. Lange Zeit hindurch standen die überlieferten technischen Gepflogenheiten im Wege. Einen ähnlichen Entwicklungsprozeß hatte man in der Geschichte der Technik bereits mehrfach beobachten können. Das erste Automobil besaß noch große Ähnlichkeit mit den Pferdedroschken, und es mußte erst eine Reihe von Jahren vergehen, bevor das Auto eine unabhängige konstruktive Lösung fand. Die ersten Eisenbahnwaggons waren auf Schienen gestellte Postkutschen. Die ersten Dampfer baute man nach dem Muster der Segelschiffe. Diese

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