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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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anzutreiben, die in Staubform in einen Sauerstoffstrom geblasen wurden. Es fehlte nicht an recht ausgefallenen Ideen. So schlug der Wissenschaftler Hohmann vor, die Kabine in Gestalt eines Kegels an der Spitze einer großen Säule Hartpulver anzubringen, die, gleichmäßig verbrennend, die erforderliche Antriebskraft liefern sollte. In dieser Zeit der ersten Versuche, der Irrtümer und des verbissenen Forschens wurden sich die Ingenieure immer mehr darüber klar, wie unzureichend ihr damaliges Wissen war, um die Probleme der Astronautik zu lösen. Die Motorenleistung der größten Flugzeuge, selbst die der Schiffe erschien klein im Vergleich zu der Energie, die die Schwerkraft der Erde hätte überwinden können.
    Eine der ersten zur Bewältigung größerer Entfernungen geeigneten Raketen war die sogenannte Vergeltungswaffe V 2, die während des zweiten Weltkrieges von den Deutschen konstruiert wurde. Dieses Geschoß, eine stählerne Zigarre von ungefähr zehn Meter Länge, trug in seinem kegelförmigen Vorderteil eine Tonne Sprengstoff mit sich. Den übrigen Raum nahmen die Behälter für den Treibstoff – Alkohol und flüssigen Sauerstoff – ein. Im rückwärtigen Teil, zwischen den breitausladenden Steuerflächen, waren die Brennstoffpumpen und Verbrennungskammern untergebracht. Das Geschoß wog ungefähr zehn Tonnen, von denen sieben auf den Brennstoff entfielen. Dieser Vorrat reichte aus, um den Antriebsmotor eine Minute lang arbeiten zu lassen. In dieser kurzen Zeitspanne entwickelte die Rakete eine Leistung von sechshunderttausend Pferdestärken und konnte, wenn sie senkrecht abgeschossen wurde, eine Höhe von über zweihundert Kilometern erreichen, eine verschwindend geringe Höhe im Vergleich zum Erddurchmesser mit seinen über zwölftausend Kilometern. Der Bau von Geschossen, die es ermöglicht hätten, interplanetare Flüge durchzuführen, war auf dieser Grundlage unmöglich.
    Gelöst wurde das Problem Weltraumflug auf einem völlig neuen Wege: Man konstruierte die mehrstufige Rakete, indem man mehrere Geschosse aufeinanderstellte. Beim Start arbeitete das unterste Geschoß, die sogenannte Mutterrakete. War ihr Brennstoffvorrat aufgebraucht, so wurde sie automatisch abgeworfen, und die Motoren der nächsten Rakete übernahmen den Antrieb. Auf diese Weise entstanden in den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts die sogenannten Raketenzüge, die imstande waren, den Ozean zu überfliegen. Während der gesamten Flugdauer befanden sie sich im luftleeren Raum, in einer Höhe von fünfhundert Kilometern über der Erdoberfläche. Diesem Umstand war es zu danken, daß die große Geschwindigkeit, die sie erreichten, bis zum Augenblick der Landung fast um nichts abnahm. Anfangs baute man zweistufige Raketen, später wurden, um das ungeheure Mißverhältnis zwischen Anfangs-und Endmasse des Geschosses erfolgreich zu bekämpfen, mächtige Stratosphärenraketenzüge entwickelt. Das größte mehrstufige Weltraumgeschoß war der „Weiße Meteor“, der sich aus acht immer kleineren Raketen zusammensetzte. Die größte wog neuntausend, die letzte, kleinste, kaum elf Tonnen. Dieser Riese, der im Jahre neunzehnhundertsiebzig in den Raum geschossen wurde, sollte den Mond umkreisen, Filmaufnahmen der bisher unsichtbaren Mondhälfte machen und nach einhundertachtzehn Stunden ununterbrochenen Fluges zur Erde zurückkehren. Die Sternwarten beobachteten, wie der „Weiße Meteor“ immer tiefer in den Weltraum eindrang und in dessen Leere nur die Hülsen der ausgebrannten Raketen zurückließ. Zur festgesetzten Zeit erreichte er die Mondscheibe und verschwand dahinter. Dann tauchte er an der anderen Seite wieder auf und begann seinen Fall auf die Erde aus einer Höhe von dreihundertachtzigtausend Kilometern. Ein scheinbar unbedeutender Fehler, der in den Berechnungen unterlaufen war, führte dazu, daß der „Weiße Meteor“ den zur Landung vorgesehenen Raum der Sahara überflog und bei den Antillen in den Atlantischen Ozean fiel, wo er in sechstausend Meter Tiefe auf dem Meeresboden ruht. Da die Hebung des Geschosses mit so riesigen Schwierigkeiten verbunden war, daß diese Arbeiten eingestellt werden mußten, blieb nichts übrig, als auf die wertvollen Materialien und fotografischen Aufnahmen zu verzichten.
    Dieser erste interplanetare Flug erweckte allgemeine Aufmerksamkeit, obwohl er von einem Geschoß durchgeführt worden war, in dem sich kein lebendes Wesen befunden hatte. Man griff nun wieder die Idee der ersten

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