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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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befestigt, die unter normalen Verhältnissen gute Sicht gewährt. Im Dunkeln oder bei Nebel kann man sich des Radargerätes bedienen.
    Wir haben diese Schutzanzüge auf der Erde mehrere Tage hintereinander getragen und uns überzeugt, daß sie sehr bequem sind. Man sieht allerdings etwas unheimlich darin aus, zumal die runden metallenen „Ohren“ etwas Fledermausartiges an sich haben. Neben vielen anderen Geräten, wie elektrische Heiz- und Kühlvorrichtungen, ein Instrument zur Feststellung von Strahlungen und dem Sauerstoffapparat, besitzt der Skaphander noch ein Radio – einen Empfänger und Sender zugleich –, das nicht größer ist als ein Füllfederhalter. Das Problem, die erforderlichen Spulen, Leitungen und Kondensatoren unterzubringen, wurde auf sehr sinnreiche Weise gelöst. Man hatte sie mit chemischer Silbertinte auf das Glas der Röhren gemalt – das Radio ist ein kleines Zweiröhrengerät – und dann wie eine Glasur eingebrannt. Dadurch enstanden so dauerhafte Kontakte, daß man, um sie zu beschädigen, den ganzen Apparat hätte zerschlagen müssen. Das Gerät sendet auf einer Welle von zwanzig Zentimetern, hat also in der Ebene einen Wirkungsbereich von ungefähr vier Kilometern. Von einem höher gelegenen Punkt aus, zum Beispiel einem Berggipfel oder einem Flugzeug, vergrößert sich der Aktionsradius bis auf hundertfünfzig Kilometer.
    Ich sah noch einmal nach dem Hubschrauber und inspizierte den Ladebunker, um mich ein wenig am Anblick der arktischen und der Hochgebirgsausrüstung zu erfreuen.
    Als ich in die Zentrale zurückkehrte, waren Oswatitsch, Arsenjew und Lao Tsu bei einer geheimnisvollen Tätigkeit: Sie „hörten die Sterne ab“. Zylindrische Spulen, vorn, an der Spitze der Rakete untergebracht, sammeln die elektromagnetischen Wellen, die von den Gestirnen ausgesendet werden und die, nachdem sie ein Verstärkersystem durchlaufen haben, auf dem Kathodenschirm der Oszillographen flackernde grünliche Linien zeichnen. Die Gelehrten, die sich nur durch wenige Worte verständigten, trugen die Zahlen ins Observationstagebuch ein.
    Als Arsenjew mich bemerkte, lächelte er mir freundlich zu und schaltete den Lautsprecher ein. Die Strahlung der Sterne verwandelte sich in Töne: Man vernahm dumpfes Knattern, das von kurzem, scharfem Pfeifen unterbrochen wurde.
    „So sprechen die Sterne zu uns“, sagte der Astronom. Er lächelte nicht mehr. Unwillkürlich wurde auch ich ernst. Wenn man erst längere Zeit in der Rakete haust, gewöhnt man sich schnell an die seltsamen Erscheinungsformen dieser Umgebung. Und dennoch gibt es Augenblicke, da spürt man plötzlich, daß einen nur eine dünne Metallhülle von der bodenlosen, schwarzen Leere trennt, dem Reich der elektrischen Wellen und glühenden Gaswolken.
    Nachmittags hatte ich vier Stunden Navigationsdienst. In dieser Zeit ereignete sich nichts Besonderes. Erst gegen Abend bekam ich etwas Arbeit: Eines der Rohre in der Schleusenstation war undicht geworden und mußte geschweißt werden. Als ich diese Reparatur erledigt hatte, kehrte ich mit dem angenehmen Gefühl leichter körperlicher Ermüdung in meine Kabine zurück. Nachts träumte ich, daß ich wieder ein kleiner Junge sei. Der Großvater hatte mir versprochen, mich bei schönem Wetter auf eine Bergwanderung mitzunehmen. In meinem Kinderzimmer, am Fenster, stand ein Aquarium. Das Wasser spiegelte die Sonnenstrahlen wider und warf sie als weiße Kringel gegen die Decke. Da erwachte ich und sah einen hellen, runden Fleck über mir. Ich richtete mich auf, die Sonne schien; ich freute mich auf den Ausflug mit Großvater. Doch in der nächsten Sekunde zerstob der trügerische Traum. Langsam sank ich auf das Polster zurück. Der weiße Fleck auf dem Televisorschirm war die Erde.

Der „Kantsch“
    Die nächsten acht Tage unserer Reise verliefen ohne Zwischenfall. Der „Kosmokrator“, dessen Bahn der Ausschnitt eines stark verlängerten Hyperbelastes ist, nähert sich seinem Ziel. Der Lichtpunkt der Venus wächst zu einer glänzenden Scheibe an, die langsam inmitten der unbeweglichen Sterne dahinzieht.
    Wir führen ein sehr regelmäßiges Leben, Vormittags beschäftigen sich die Wissenschaftler mit ihren Untersuchungen. Unterdessen laufe ich im Mittelgang der Rakete auf und ab, wie es mir Tarland geraten hat; er behauptet nämlich, man müsse täglich mindestens dreitausend Schritte zurücklegen, um die Muskeln geschmeidig zu erhalten.
    Anschließend gehe ich in die Zentrale und lasse mich von

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