Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)
bei Osvaldo abzustellen, zum anderen um den alten kupfernen Wasserboiler mit gut abgelagertem Eichenholz anzuheizen. Danach hatte er Franco noch schnell in seinen palazzino in der Stadt gebracht. Der hatte zwar gejammert, war aber inzwischen so kraftlos und apathisch, dass er sich nicht wehrte, als Roberto ihn kurzerhand aus dem Auto warf und davonfuhr, heilfroh, ihn endlich los zu sein. Wieder zurück in Rombolina, hatte er ein ausgiebiges Bad genommen. Heiß bis an die Schmerzgrenze und viel länger als geplant, weil er in der Badewanne in einen komaartigen Tiefschlaf gefallen war, und als er wieder wach wurde, war das Wasser empfindlich abgekühlt, und er fror so erbärmlich, dass er den Boiler noch einmal nachheizen musste.
Im Schuhladen saß nur Carlo vor dem Öfchen, während Domenica ausladend gestikulierend auf und ab ging. Streit. Richtiger Streit. Roberto wollte sofort weiterziehen, aber zu spät. Domenica hatte ihn entdeckt und stürmte aus dem Laden heraus.
« Caro Roberto!» Sie legte ihre Hand auf seinen Arm, ließ ihre goldenen Armreife klimpern und brachte ihre brüllrot geschminkten Lippen ganz nah an sein Ohr. «Weißt du schon das Neueste?»
Roberto versuchte, den Abstand zu vergrößern, aber Domenica zog sofort nach. Keine Chance. «Meinen Sie den Mord an Ruggero Grilli, Donna Domenica?»
Die Frau des Schuhverkäufers winkte ab – ein Mord, was ist denn daran interessant? «Ich habe Carlo verlassen. Es ist aus. Ein für alle Mal.» Sie verdrehte die Augen. «Was soll man sagen? Er ist ein Schuhverkäufer. Durch und durch. Mein Leben aber», sie warf Roberto einen Blick zu, der ihn in Angst und Schrecken versetzte, «mein Leben soll wieder etwas Pfeffer bekommen. Vielleicht sogar noch ein Kind? Wer weiß?»
«Aber Donna Domenica, Sie sind doch auch schon –»
«Gianna Nannini», unterbrach sie ihn streng, «hat noch mit vierundfünfzig eins bekommen!»
«Wer ist Gianna Nannini?»
«Eine Rockmusikerin. Weißt du, was die für ein Leben führen, diese Musiker? Drogen, Schlägereien, täglich mehrmals Sex und Nachtarbeit. Das lässt dich früh altern.»
Roberto gähnte, da war was dran. An Letzterem.
«Sieh mich an. Kneif mich.» Sie hielt ihm ihre linke Wange hin. «Ich habe die Haut einer 35-Jährigen. Und ich gehe seit ein paar Wochen in die palestra . Hier, fühl mal.» Sie hob ihren rechten Arm und spannte den Bizeps an. Roberto sah sich schnell um: War denn da niemand, dem er unbedingt und entschieden seine Aufmerksamkeit zuwenden musste? Ein Falschparker, ein Raser, ein Lieferant ohne Lizenz, in die Altstadt einzufahren, ein betrunkener Student auf einem motorino , ein orientierungsloser Tourist, ein Rollstuhlfahrer ohne die in dieser Stadt vorgeschriebenen Bremsen?
Vorsichtig versuchte Roberto, sich zu befreien, was lediglich zur Folge hatte, dass Domenica noch entschiedener zupackte. Und wie. Das Training im Fitnesscenter zahlte sich definitiv aus.
«Ich muss los, Donna Domenica. Ein äußerst komplexer Mordfall, und ich stehe erst am Anfang der Aufklärung.»
«Armer, müder Roberto», sagte Domenica und legte ihren Arm um seine Schulter. Ein Schraubstock war nichts dagegen.
«Es geht schon. Ich werde bei Toto mein frischgepresstes Olivenöl probieren. Vielleicht danach ein kleines tramezzino oder ein Stück torta con cioccolato , mehr wird nicht nötig sein.»
«Hör zu, ich begleite dich», sie deutete auf die letzten 200 Meter bis hinauf zur Piazza della Repubblica, «und dann stärken wir uns beide mit einem Gläschen Prosecco.»
Nein, auf keinen Fall, wollte Roberto sagen, aber daraus wurde ein «Sehr freundlich», als er sah, wie sich Carlo im Laden aufraffte, ebenfalls herauszukommen. Ganz sicher um dem Poliziotto seine Sichtweise auf die Hintergründe der Trennung zu erläutern.
«Weißt du, Roberto», sagte Donna Domenica, um Atem ringend, als sie die Piazza della Repubblica erreichten. «Menschen passen zusammen oder nicht. Welche Rolle spielen da schon Alter und Aussehen? Nimm Demi Moore und Ashton Kutcher.»
«Sind die nicht schon seit vielen Jahren nicht mehr zusammen?»
«Weil Demi angefangen hat herumzuzicken», sagte Domenica verächtlich.
«Meinen Sie?»
«Na, ganz sicher. Manche Ältere benehmen sich wie Kinder. Und manche Jüngere sind von einer großen Reife. So wie du, Roberto. Du bist zwar ein winziges bisschen jünger als ich» – immerhin fünfzehn Jahre, dachte Roberto –, «hast aber etwas Erhabenes, etwas Weises.»
Roberto lief ein
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