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Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)

Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)

Titel: Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli T. Swidler
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Übles will.› Diese Worte hat der Himmel dem Rabbi Löw 1583 in Prag im Schlaf eingegeben. Daraufhin erschuf der Rabbi diese Kreatur, die mit unmenschlicher Präzision und eisiger Kälte jeden Befehl ausführte.»
    «Waren es nicht meine Worte? Ein jüdischer Auftragskiller», sagte Attilio.
    «Allerdings hatte die Sache einen fatalen Schwachpunkt», fuhr Toto fort. «Der Rabbi konnte sein Geschöpf nicht vollständig unter Kontrolle halten. Deshalb, so heißt es, kehrt der Golem seitdem regelmäßig alle 33 Jahre zurück, um erneut sein Unwesen zu treiben.»
    «Dieser Onkel ist natürlich nur angeheiratet», flüsterte Donna Domenica Roberto zu. «Blutsverwandt sind wir nicht.»
    Porca miseria . Roberto vergewisserte sich mit einem zweiten Bissen. Das Öl von dem Deutschen war tatsächlich eine Spur reiner, klarer im Geschmack und ohne auch nur einen Hauch von Muff.
    «Wie ihr alle wisst, kenne ich mich mit Zahlen und Berechnungen bestens aus», sagte Toto. Wie viele Urbinati verfügte er über einen akademischen Abschluss, in seinem Fall Informatik und Politologie. «Aufgepasst.» Er legte einen Zettel auf die Theke und notierte mit demonstrativer Langsamkeit Zahlen. «Wir schreiben das Jahr 2012. Seit 1583, seit Rabbi Löw den –»
    «Sag’s noch mal, Toto, und du fährst mit Franco zusammen ein», knurrte Roberto, stürzte einen großen Schluck Passerina hinunter und nahm sich vor, Vittore Lorenzetti von der Ölmühle bei der nächsten Gelegenheit mit einem empfindlichen Bußgeld zu belegen, egal wofür.
    «Seitdem sind 429 Jahre vergangen. Wenn wir 429 durch 33 teilen, ergibt das 13. Also ist der … dieser … jener Besagte kehrt folglich dieses Jahr zum 13. Mal zurück.»
    Ein großes Schaudern zog durch die Stille der Bar, und zwar sowohl bei den Verschwörungsadepten als auch bei den noch Unentschiedenen.
    «Zum 13. Mal. Fällt da jemandem etwas auf?», triumphierte Attilio.
    Selbst Roberto fand das ein wenig beunruhigend, mit der 13 war auch ohne Golem nicht zu spaßen.
    «Ich frage euch», Attilio sprach jetzt sehr laut, «gilt die 13 nicht als Synonym für den Teufel, ist sie im Tarot nicht dem Tod zugeordnet, wohingegen sie bezeichnenderweise in der jüdischen Tradition eine Glückszahl und ein Symbol Gottes darstellt? Und war nicht Judas Ischariot der 13. Anwesende beim letzten Abendmahl Jesu Christi gewesen, Judas, der Verräter?»
    Atemlose Stille.
    «Was der Mensch aus Lehm ausgerechnet in Urbino will, ist mir ein Rätsel», sagte Toto.
    In dem Moment wurde die Stille von zersplitterndem Glas zerrissen, gefolgt von einem dumpfen Schlag: Franco lag ohnmächtig auf dem Boden, umrahmt von den Scherben des Orangensaftglases.
    «Lasst ihn!», rief Attilio, als der eine oder andere aus der Traube Anstalten machte, sich um den Musiker zu kümmern. «Wir wissen nicht, wer – oder was – er wirklich ist.» Sofort vergrößerte sich der Abstand zwischen dem Ohnmächtigen und der Traube wieder. Roberto pulte kopfschüttelnd die weiche Mitte aus der letzten Scheibe Brot, spülte mit dem restlichen Wein nach und kniete sich neben den Komponisten. Der Puls war ziemlich matt.
    «Wer ist wohl das ‹feindselige Pack›, das dieser Golem überwinden soll», fragte Attilio in die Runde und gab sich gleich selber die Antwort: «Das sind wir, die wir hinter die sogenannten Wahrheiten blicken, Wahrheiten, die gar keine sind, weil mächtige Interessengruppen wie der CIA oder der MI6 sie verbreiten, um unsere Gehirne zu konditionieren. Wir, die wir uns nicht täuschen lassen, wir, die wir die weltweit laufenden Verschwörungen durchschauen.»
    «Halt’s Maul, Attilio», knurrte Roberto und verpasste Franco ein paar sanfte Ohrfeigen. Nichts.
    «Folgt mir, liebe Leute», sagte Attilio salbungsvoll. «Dies ist nicht der richtige Ort, um der wahren, wirklichen Wahrheit zu ihrem Recht zu verhelfen. Wir gehen in unsere Bar.» Er schritt zur Tür hinaus. Erstaunlicherweise folgten ihm nicht nur seine Anhänger, sondern auch die, die bisher Zweifel hatten erkennen lassen.
    «Na toll», meckerte Toto. «Super. Einsame Spitze. Du hast alle meine Kunden verjagt. Bravo, Roberto.» Sein Gesichtsausdruck ließ darauf schließen, dass er schon dabei war, mit einer Dreisatzrechnung die ihm entgangenen Einnahmen zu überschlagen.
    «Tu mir einen Gefallen, Toto, und stell Adriano Celentano aus. Was soll das überhaupt, dass die Musik hier neuerdings so laut herumplärrt?»
    «Es handelt sich um meine Bar, falls du es

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