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Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)

Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)

Titel: Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli T. Swidler
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benutzte, wirkte wie ein mittelstarkes Aphrodisiakum. Und er hielt sich in einem geschlossenen Raum mit der Hartnäckigkeit von Tränengas, selbst wenn Talia schon lange fort war.
    «Was ist denn los? Die Baronessa –»
    «Krisensitzung!», strahlte Talia, als wäre das die beste Nachricht der Welt.
    «Eigentlich muss ich dringend mit Malpomena sprechen.»
    «Tu es», sagte Talia und zog beide hinter sich her ins Büro ihrer Schwester Antonia, die leichenblass hinter ihrem antiken Schreibtisch saß, ein Möbel aus dem musealen Inventar des Palazzo Ducale. Raffaella, die jüngste Schwester, stand mit verschränkten Armen am Fenster, Zeige- und Mittelfinger ihrer rechten Hand spielten sehr dezent mit ihrer Nasenspitze. Cool wie immer, fand Roberto. Wenn überhaupt ein Mensch erhabenes, edles, adeliges Selbstbewusstsein ausstrahlte, dann Raffaella. Malpomena saß auf einem der Besuchersessel und machte einen trotzigen, ja regelrecht widerspenstigen Eindruck. In der Tat: dicke Luft.
    «Was ist los?»
    «Wir hatten gerade eine Unterredung bei unserer Oma, und die –», begann Malpomena, wurde aber von Raffaella unterbrochen, die für einen Moment und sehr dezent ihre Finger von ihrer Nasenspitze wegdrehte und auf Franco deutete.
    «Wer ist dieser Herr, Roberto?»
    «Franco Varese. Musiker. Und Mordzeuge. Der Einzige, der den Täter hautnah gesehen hat.»
    «Es war ein –»
    « Stai zitta! », ging Roberto dazwischen.
    «Wir sollten in unsere familiären Themen nicht die Öffentlichkeit involvieren», sagte Raffaella mit ihrer ruhigen, dunklen Stimme. Malpomena schwieg zerknirscht, gleichzeitig spürte Roberto, wie sehr es seine Freundin seit Kindertagen drängte, ihm zu erzählen, was der Inhalt der Unterredung mit ihrer Oma gewesen war.
    «Geh mal einen Moment in die Sicherheitsschleuse, ich hole dich dann wieder ab», sagte Roberto und schob Franco in Richtung Ausgang. Der wehrte sich und verkantete sich im Türrahmen. «Franco, ti prego . Für das Panzerglas braucht man eine Bazooka, um ein Loch hineinzubekommen. Ein Mensch aus Lehm hat da keine Chance.»
    Aus dem Augenwinkel sah Roberto, wie Malpomena missbilligend ihren Kopf schüttelte, während Antonia erschrocken ihren Seidenschal vor den Mund zog, sie hielt nichts von unkontrolliert zitternden Menschen und schon gar nichts von Gewalt, selbst wenn sie virtuellen Charakters war. Nur Raffaella behielt ihre würdevolle Haltung bei und wartete regungslos ab, bis Roberto den bebenden Künstler in die Sicherheitsschleuse hineingepresst hatte, wo er sich mit geschlossenen Augen auf den Boden kauerte.
    «Wer ist ermordet worden?», fragte Raffaella.
    «Ruggero Grilli.»
    «Der mit dem Agriturismo?»
    «Du kennst ihn?», fragte Roberto erstaunt. Raffaella betrieb zwar selbst einen Agriturismo, aber der war ein ganz anderes Kaliber: edel, unglaublich teuer und nur von Vertretern des europäischen Hochadels und von Großindustriellen frequentiert. Sie war mit einem französischen Dokumentartierfilmer verheiratet, der mindestens die Hälfte des Jahres Grizzlybären in Alaska oder seltenen Büschelohrmakis im Regenwald auf Madagaskar hinterherspürte.
    «Wir sind beide Mitglied im WWOOF.»
    «Das ist ein Verein, Roberto», mischte sich Antonia ein, «der weltweit Bauernhöfe vermittelt, auf denen Interessierte durch ihre befristete Mitarbeit ökologische Landwirtschaft kennenlernen können, ohne Bezahlung, nur gegen freie Kost und Logis, ein etwas fragwürdiges System, wenn du mich fragst, das durchaus der Vorteilsnahme durch das Ausnutzen Schwächerer gleichzusetzen ist.»
    «Ruggero war Ökobauer?» Alles hätte Roberto dem ruppigen Kerl zugetraut, nur keine idealistische Grundeinstellung.
    Raffaella winkte ab. «Erst seit einem Jahr. Außerdem war mein Eindruck, dass es ihm tatsächlich mehr», sie deutete mit einem geschmackvollen Lächeln auf Antonia, «auf billige Arbeitskräfte ankam. Aber wer weiß, vielleicht tu ich ihm unrecht.»
    «Nun, er ist tot», ging Malpomena ungeduldig dazwischen, sie hatte schon viel zu lange nichts mehr gesagt. «Was ist jetzt? Soll ich die Ergebnisse der Autopsie referieren, oder geht es um das, was Oma gesagt hat?»
    «Oma», sagte Antonia.
    «Mich würde die Sache mit Ruggero Grilli interessieren», sagte Raffaella. «Allerdings habe ich eine wichtige Verabredung.»
    «Beides», sagte Roberto.
    «Ich bringe es auf den Punkt, Roberto. Du weißt ja, wie viel wir vier ihr bedeuten, und wir können, glaube ich, jede für sich sagen,

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