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Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)

Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)

Titel: Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli T. Swidler
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dass Oma uns den frühen Tod unserer Eltern mehr oder weniger hat vergessen lassen. Wie viele unvermittelt zu Waisen gewordene Kinder haben später mit großen Traumata zu kämpfen!»
    Die vier Schwestern schwiegen. Roberto auch, aber möglicherweise war er in diesem Moment nicht der Einzige, der zumindest bei Malpomenas fast durchgängiger Deprimiertheit und Todessehnsucht, bei Antonias dünnhäutiger Ängstlichkeit und Phobie vor Körperkontakten und bei Talias wildem Verschleiß an Männern an die Möglichkeit von tiefsitzenden Traumata dachte. Einzig Raffaella machte einen unbelasteten Eindruck, wenn man davon absah, dass sie eine Ehe mit einem weitgehend abwesenden Mann führte, der, wenn er mal zu Hause war, meist erschöpft herumhing, gebeutelt von den ständigen Tropenimpfungen und Malariabehandlungen.
    «Oma hat nicht viele Worte gemacht. Sie ist es leid, dass keine von uns bisher mit einem Erben aufwarten kann, der oder die das Fortbestehen der Familiendynastie sichert. Also will sie uns enterben, wenn wir nicht für Nachwuchs sorgen.»
    « Oddio », entfuhr es Roberto. «Und jetzt?»
    Die vier Schwestern warfen sich Blicke zu. «Wir reden heute Abend darüber», sagte Raffaella und begann, ihren Pelzmantel zuzuknöpfen. «Komm doch einfach hinzu, Roberto.»
    Ihre drei Schwestern nickten erleichtert. Roberto kannte das schon. Immer wenn die Schwestern ein grundsätzliches Problem zu lösen hatten und dafür eine Prise gesunden Menschenverstand brauchten, baten sie ihn um Hilfe. Die Oma hatte Roberto schon sehr früh in ihre Familie integriert, damit ihre Enkelkinder nicht nur zwischen Adeligen und Schwerreichen aufwuchsen. Im Gegensatz zu denen war Roberto kein Freund von Getue und zudem völlig uneitel, was Besitz und Status betraf. Nicht zuletzt weil er über beides nicht verfügte.
    «Mach ich, gerne», erwiderte Roberto.
    «Enterbung», stöhnte Antonia, «das bedeutet doch, der generationenalte Besitz der Del Vecchio wird zerrissen, zerfleddert, der Willkür irgendwelcher Notare und Rechtsanwälte ausgeliefert, pulverisiert, vaporisiert, fraktalisiert, perfringiert, disperkutiert – schrecklich!»
    «Über den Mord würde ich bei Gelegenheit gerne mehr erfahren, Roberto», sagte Raffaella und ging zu der kaum auszumachenden Geheimtür, die direkt in den Palazzo Ducale hineinführte. Raffaella litt unter Klaustrophobie und konnte demzufolge nicht die Sicherheitsschleuse nutzen.
    «Warte», rief Talia und folgte ihr. «Ich komme mit!»
    «Immer noch fehlt mir der Grund für die Todesursache. Aber eins sage ich dir», Malpomena warf einen bedeutsamen Blick in Richtung der Schleuse, in der Franco hockte, «auch wenn ich das Mordinstrument nicht kenne – noch nicht –, so spüre ich die dunkle Gewalt des Täters. Ruggero Grilli war kerngesund und kräftig. Ein Mann wie der fällt nicht einfach zur Seite und stirbt.»
    «Ja, aber, bitte sehr», warf Antonia ein, «du gedenkst doch nicht etwa, die Einzelheiten dieses Gewaltaktes hier vor mir auszubreiten?»
    Malpomena sprang auf. «Gehen wir, Roberto», stieß sie hervor und verließ grußlos das Büro in Richtung Sicherheitsschleuse.
    «Wohl denn», erwiderte Antonia und warf Roberto einen feindlichen Blick zu. Der nahm es gelassen, Antonias Angst führte mitunter zu merkwürdigstem Verhalten.
    «Ach, Roberto, warte», säuselte sie plötzlich hinter ihm her. «Was ich dir die ganze Zeit schon sagen wollte, wir haben übrigens noch zwei Zimmer in unserem Besitz, in dem Turm, mitten in Rombolina, also, in dem Teil, den dieser Deutsche gekauft hat, die wir gerne veräußern wollen. Auf sie hat Gruber, da er keine Landwirtschaft betreibt, kein Vorkaufsrecht, also, wenn du Interesse hast.» Sie winkte und wandte sich ihrem Schreibtisch zu.
    Na toll, dachte Roberto, jetzt ist es zu spät. Thilo Gruber hatte ja längst schon mehr als das halbe Dorf gekauft.

    Zu dritt war es eng in der Schleuse. Nur Franco schien sich wohl zu fühlen. Malpomena klopfte ungeduldig gegen die Glastür. «Irgendwann wird Antonia an ihrer Empfindlichkeit ersticken. Und Talia? Dio Santo , die geht jetzt zu Bett! Um die Zeit!»
    «Malpomena, noch mal zur Autopsie.»
    «Logisch, wenn man sich ständig die Nacht um die Ohren schlägt.»
    «Ich habe es genau gesehen», flüsterte Franco, «ich war Zeuge, ich –»
    « Stai zitto », sagten Roberto und Malpomena praktisch zeitgleich. Draußen marschierten sie entlang der östlichen Fassade des Palazzo Ducale in Richtung des duomo . Im

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