Der Polizistenmörder
sagte auch, daß er vermutlich in einem hellgrünen Chevrolet unterwegs war, dessen Nummer drei Sieben enthielt Eigenartig, daß sie den Wagen noch nicht entdeckt hatten. Er hatte sich doch gar nicht angestrengt, ihn zu verstecken. Sie würden ihn in Kürze finden.
»Ich fahr morgen weg, Mama«, sagte er. Sie blickte von ihrem Strickzeug auf.
»Aber Ronnie, kannst du nicht warten, bis Papa nach Hause kommt? Er wird traurig sein, wenn er erfährt, daß du hier warst und er dich nicht getroffen hat.«
»Ich muß den Wagen zurückbringen. Der Freund, von dem ich ihn geliehen habe, braucht ihn morgen. Aber ich komme bald wieder.«
Seine Mutter seufzte.
»Ja, ja, das sagst du immer«, entgegnete sie resigniert, »und dann sieht man dich ein Jahr lang nicht.«
Am nächsten Morgen fuhr er nach Stockholm.
Er wußte nicht, wo er bleiben sollte, aber wenn die Polizei erfuhr, wer er war, wollte er nicht zu Hause sitzen und warten, bis sie ihn holten. In Stockholm war es leichter, unterzutauchen.
Er hatte nicht mehr viel Geld, nur zwei Fünf-Kronen-Stücke und zwei Zehn-Kronen-Stücke, die seine Mutter ihm gegeben hatte. Benzin zu beschaffen war kein Problem, er hatte in der elterlichen Garage ein Stück vom Gartenschlauch abgeschnitten, und sobald es dunkelte, war diese Angelegenheit bald erledigt. Die meisten Autos hatten heutzutage zwar einen verschließbaren Tankdeckel, aber wenn man sich Zeit ließ, ging es meistens gut.
Mit der Unterkunft war es schwieriger. Er hatte zwei Freunde mit eigener Wohnung, zu denen er fahren und die er fragen konnte, ob er ein paar Tage bei ihnen unterkommen könne, aber die meisten Leute, die er kannte, waren in der gleichen Situation wie er selbst. Ohne festen Wohnsitz.
Es war noch früher Vormittag, als er in Stockholm ankam, und er fuhr planlos in den Straßen des Zentrums umher, bis ihm aufging, daß er seine Freunde am ehesten erreichte, wenn sie noch im Bett lagen.
Sie wohnten in Henriksdal. Er fuhr vorsichtig und achtete streng darauf, nicht gegen die Verkehrsregeln zu verstoßen oder auf andere Weise Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Das Auto lief gut und fuhr sich bequem und leicht.
An der Wohnungstür der Freunde klebte ein Schild mit einem neuen Namen. Er klingelte, und eine Frau in Morgenrock und Pantoffeln öffnete. Sie erklärte ihm, daß sie in der letzten Woche eingezogen sei, aber keine Ahnung hätte, wo die alten Mieter hingezogen seien.
Kasper war nicht besonders überrascht. Er selbst hatte ziemlich wilde Feste bei den beiden Freunden mitgefeiert und wußte, daß ihnen mehrmals mit Kündigung gedroht worden war.
Er fuhr wieder in die Innenstadt. Im Tank waren nur noch wenige Liter, und er hatte keine Lust, seine letzten Kröten für Benzin auszugeben, das er sich gratis beschaffen konnte, sobald es dunkel wurde. Er hatte Glück und fand einen freien Parkplatz auf der Skeppsbron.
Während er am Denkmal für Gustav III. auf grünes Licht wartete, drehte er sich um und begutachtete den Wagen. Er war ein Vorjahrsmodell und hatte weder eine Beule im Blech noch eine Schramme im Lack, der immer noch blank und sauber war. Es sah solide aus, gehörte zu einer vielgefahrenen Marke und erweckte daher kein Aufsehen. Mit den neuen falschen Kennzeichen konnte er damit ohne großes Risiko noch eine Weile umherfahren.
Er streifte durch die Altstadt und überlegte, wo er sich hinbegeben sollte.
Zwei Wochen war er aus Stockholm weggewesen, das kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Vierzehn Tage vorher hatte er ein wenig Geld gehabt und war mit ein paar Burschen nach Kopenhagen gefahren, als ihm das Geld dann ausgegangen war, kam er nach Malmö und hatte unglücklicherweise Krister getroffen, der jetzt nicht mehr lebte. Es fiel ihm immer noch schwer, zu begreifen, was passiert war, auf eigenartige Weise war der Sonntagmorgen in Ljunghusen aus seinem Bewußtsein gelöscht, er hatte damit nichts zu schaffen, er empfand die Episode wie ein Stück aus einem Film oder eine Begebenheit, die man ihm erzählt hatte.
Er wünschte sehnlichst, mit jemandem darüber sprechen zu können, Freunde zu treffen, die alte Lebensweise wiederaufnehmen zu können und bestätigt zu bekommen, daß alles so wie früher war.
Aber nichts war mehr so wie früher; er war schon früher einmal auf der Flucht gewesen, aber doch nicht so wie jetzt.
Diesmal war es wirklich ernst; er war Gegenstand einer Fahndung, die das ganze Land umfaßte, hatten sie im Fernsehen gesagt.
Seine Freunde konnte er nicht
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