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Der Polizistenmörder

Der Polizistenmörder

Titel: Der Polizistenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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aufsuchen, die befanden sich an Orten, wo die Polizei zuallererst suchen würde, in Humlegärden, in Kungsträdgärden und auf dem Sergelstorg.
    Er war hungrig und betrat ein Geschäft in der Köpmangatan, um sich Milchbrötchen zu kaufen. Eine junge Frau in Jeans und Ledermantel stand am Ladentisch und bezahlte eine Büchse Tee, die sie unter den Arm geklemmt hatte. Sie hatte blonde, kurzgeschnittene Haare, und als sie sich umdrehte, sah Kasper, daß sie älter war, als er vermutet hatte. Sicher um die Dreißig. Sie sah ihm mit dem forschenden Blick ihrer blauen Augen direkt ins Gesicht, und einen Augenblick lang glaubte er, sie hätte ihn erkannt, und die Angst schnürte ihm den Magen zu.
    »Ist Herr Beck noch nicht wieder zurück?« fragte die Verkäuferin, und die Frau mit den neugierig spähenden Augen wandte sich endlich von ihm ab.
    »Nein, aber er wird wohl bald kommen.«
    Ihre Stimme war ein wenig heiser. Sie ging auf die Tür zu, ohne Kasper noch einmal anzusehen, und als sie auf die Straße hinaustrat, rief die Verkäuferin: »Danke und auf Wiedersehen, Frau Nielsen.«
    Kasper kaufte seine Milchbrötchen, aber es dauerte eine ganze Weile, bevor der Krampf in seinem Magen sich löste und er essen konnte.
    Ich leide schon unter Verfolgungswahn, überlegte er, ich muß mich zusammenreißen.
    Er verließ die Altstadt und ging über Slussen in Richtung Södermalmstorg. Vor dem Eingang zur U-Bahn standen zwei Finnen, die er kannte und mit denen er einige Male gesprochen hatte, aber als er auf die Treppe, die er hinunter mußte, zuging, sah er plötzlich zwei Polizisten, die über Peter Myndes Backe näherkamen. Er änderte sofort die Richtung und trollte sich zur Götgatan hinaus.
    Er kam zum Medborgarplatsen und blieb dort stehen, um am Zeitungskiosk am Björns Trädgard die Schlagzeilen zu lesen.
    POLIZISTENMORD und ANGESCHOSSENER POLIZIST GESTORBEN stand da mit fetten schwarzen Buchstaben. Er las auch die kleiner gedruckten Untertitel. Der Desperado wird im ganzen Land gejagt, hieß es da, und die andere Abendzeitung stellte kurz und bündig fest: Der Mörder auf freiem Fuß.
    Kasper wußte, daß er gemeint war, aber er konnte nicht fassen, wieso sie ihn Desperado und Mörder nennen durften.
    Er, der noch niemals eine Schußwaffe auch nur angefaßt hatte und, wenn er eine in die Hand bekäme, sie nie auf einen anderen Menschen würde richten können, auch wenn er desperat war.
    Den ganzen Tag über hatte er nicht daran gedacht, Zeitungen zu kaufen, und nun, da er die Schlagzeilen sah, bekam er Angst vor dem, was in den Blättern stehen könnte.
    Er dachte an das grüne Auto voller Diebesgut und mit seinen Fingerabdrücken auf dem Lenkrad. Übrigens nicht nur dort. Wenn sie den Wagen fanden, würden sie seine Fingerabdrücke haben, und wenn sie die erst hatten, wußten sie auch, wen sie da jagten.
    Er konnte sich nur zu gut daran erinnern, wie sie ihn damals vor anderthalb Jahren erwischt hatten; er sah immer noch das Stempelkissen und die Karte vor sich, auf die sie seine Finger gedrückt hatten. Alle zehn, einen nach dem anderen.
    Kasper kaufte keine Zeitung, ging aber weiter, straßauf, straßab, ohne zu wissen, wo e’r sich befand. Er überlegte intensiv, wo er ein Versteck für sich finden konnte.
    Das Haus der Eltern war ausgeschlossen, die Polizei würde dorthinkommen, sobald sie erst einmal wußte, wer er war. Wahrscheinlich wußten sie es schon.
    Seine Mutter tat ihm leid, und er hätte ihr gern erzählt, wie sich alles zugetragen hatte. Daß er niemanden erschossen hatte. Wenn ihm ein Versteck einfiel, würde er ihr vielleicht schreiben.
    Uni vier Uhr nachmittags war es dunkel geworden, und er begann sich ruhiger zu fühlen. Er hatte ja niemanden getötet, die ganze Sache war ein Mißverständnis, und man konnte doch nicht für etwas bestraft werden, was man nicht getan hatte. Oder doch?
    Er war nicht so sicher. Es wurde behauptet, daß Schweden ein Rechtsstaat war, aber Kasper hatte das Gefühl, daß viele Menschen schuldlos zu strengen Strafen verurteilt wurden, während die wirklichen Verbrecher, die, die ihren Mitmenschen Geld, Arbeitskraft und die Lust am Leben nahmen, stets ungeschoren davonkamen, weil ihre Methoden als rechtens bezeichnet wurden.
    Kasper fror. Er hatte einen dünnen Pullover unter der Lederjacke an, und die abgewetzten und verwaschenen Jeans wärmten nicht besonders. Am meisten froren die Füße in den gummibesohlten Segeltuchschuhen. Er überlegte, ob er zurück zum Auto

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