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Der Portwein-Erbe

Titel: Der Portwein-Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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in dieser Nacht geschehen ist. Je eher, desto besser, aber wirklich nur, wenn du es schaffst.«
     
    Nicolas ging seit einer halben Stunde im Salon auf und ab. Otelo las in einem Buch, ließ es sinken, schaute Nicolas an, aber
     der war noch nicht so weit. Meyenbeeker war im Gästezimmer einquartiert worden. Happe würde auf dem Sofa im Salon nächtigen,
     im Moment war er noch bei Dona Madalena, sehr zu Nicolas’ Ärger.
    Otelo gefiel es genauso wenig, dass Happe zu ihr gegangen war. »Sie wickelt ihn ein«, meinte er, als Happe gegangen war.
    »Sie ist zu alt für ihn, er steht mehr auf jüngere Frauen.«
    »Vorsicht, bei den meisten Männern ist das die schwache Stelle, sie war es auch bei Frederico. Ich habe ihn gewarnt.«
    »Wovor? Vor wem?«
    »Vor Dona Madalena!«
    »Sie kann dich auch nicht leiden, Otelo. Ich glaube, dass man hier oben ohne eine Frau oder Freundin auf Dauer versauert,
     die Einsamkeit macht einen mürbe, dann sind alle Platten gehört, alle Bücher gelesen . . .«
    ». . . nie! Es werden immer neue geschrieben . . .«
    ». . . und auch du hast nicht immer allein gelebt.«
    »Das stimmt, ich war lange verheiratet, und Frederico hatte eine Freundin in Porto, bevor er Dona Madalena kennenlernte.«
    »Du hast sie von Anfang an nicht gemocht, vermute ich.«
    |346| »Korrekt, ich war ihr gegenüber immer misstrauisch. Sie hat sich nie für den Wein und unsere Arbeit interessiert, sie hat
     keinen Anteil genommen. Und wenn man nicht ganz dabei ist, merkt das der Weinstock, und er bestraft dich. Was interessiert
     dich am Wein?«
    Nicolas ging auf die Terrasse und setzte sich. Perúss folgte ihm, er wich nicht mehr von seiner Seite. Sogar als Nicolas zur
     Toilette gegangen war, war er vor der Tür sitzen geblieben.
    »Als ich hier ankam, hatte ich keine Ahnung. Da blühte der Wein gerade, jetzt sind die Rebstöcke voller Blätter und Trauben.
     Die Landschaft verändert sich, Wind, Hitze, Steine, Erde und auch wir – alles wirkt zusammen. Ich wollte gestalten. Hier kann
     ich es, zwar noch nicht so gut, aber einiges weiß ich, zumindest habe ich viel durch Hinschauen gelernt, durch Riechen und
     Schmecken . . .«
    Er nahm seinen Skizzenblock und zeigte Otelo, was er in den letzten Wochen zu Papier gebracht hatte.
    »Genau das meine ich«, sagte Otelo, »jeder braucht seinen ganz persönlichen Zugang zu dem Thema. Dona Madalena hat nie einen
     gefunden. Ihr Zugang war . . .«
    »Da kommt Happe.« Nicolas sah ihn vorsichtig die Treppe vom Garten herunterkommen. »He, Alter! Wir sind hier oben.«
    Aber Happe wollte sich hinlegen. Er sei todmüde, letzte Nacht hätten sie vor Aufregung kein Auge zugetan, und mit Dona Madalena
     hätte er nur unbedeutendes Zeug geredet. »Sie hat mich hauptsächlich nach dir gefragt. Ich habe nichts gesagt.«
    »Ob man auf Gonçalves aufpassen muss?«, fragte Otelo nach einer Weile in die Stille hinein.
    »Ist er in Gefahr?« Nicolas sah Otelo an, als hätte sich durch die Ereignisse der letzten Stunden zwischen beiden eine stillschweigende
     Übereinkunft ergeben. Er hatte das Gefühl, dass auch er mit dem Freund seines Onkels Freundschaft |347| schließen konnte. Sie waren gerade dabei. Der Altersunterschied von 30 Jahren stand nicht im Wege.
    »Er könnte ein Zeuge sein. Gonçalves ist kein Mensch, der sich was ausdenkt. Militärisch gesehen ist er ein
tenente
, ein Leutnant, ach, höchstens Feldwebel, mehr nicht, von Strategie keine Ahnung. Er ist nicht der Schuldige, aber für einen
     Mitläufer zu aktiv.«
    »Diese Männer, die mich in der Mangel hatten – ich hatte die ganze Zeit den Eindruck, dass ihnen jemand Anweisungen gab. Sie
     gingen raus, ich hörte sie murmeln, dann kamen sie wieder. Eine Art Souffleur hat ihnen das Englisch vorgesprochen, manchmal
     zweimal, wenn sie nicht kapiert hatten, das war Veloso. – Wer war das eigentlich in dem Taxi, das mich in Lissabon am Hotel
     abgeholt hat?«
    »Veloso wollte verhindern, dass wir Kontakt aufnehmen und ich herausfinde, wer er wirklich ist. Man wird nur gesehen, wenn
     man sich bewegt. Er ist irgendwann aus seinem Schläferdasein aufgewacht und hat sich bewegt. Das war sein Fehler. Er ist nicht
     von seinen früheren Auftraggebern, der CIA, geweckt worden. Er hat sich in eigener Sache bewegt, nicht im Auftrag. Und als
     er begriff, dass ich hinter ihm her war, wollte er rauskriegen, mit wem ich in Verbindung stehe, welche Leute ich von damals
     her beim Geheimdienst und bei der Polizei kenne, wer aus der

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