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Der Portwein-Erbe

Titel: Der Portwein-Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Nicolas natürlich, aber der Polizist glaubte ihm nicht, er zuckte mit den Achseln und redete weiter mit
     Gonçalves. Und obwohl Nicolas versuchte zu erklären, dass es sich um sein Fahrzeug und seine Quinta handelte, schien ihn der
     Beamte nicht ernst zu nehmen.
    »Bei starkem Regen saugt sich das Erdreich mit Wasser voll, die Erdschicht ist hier über dem Schiefer oder Granit besonders
     dünn, da kann sich leicht was in Bewegung setzen.«
    Sie stiegen zwischen Geröll, ausgerissenen Weinstöcken und eingebrochenen Terrassenmauern zum Wagen hinab, und Nicolas bemerkte,
     das jemand Erde beiseite geräumt hatte, um sich ins Wageninnere zu graben. Dieser Jemand musste ihn beobachtet haben, wie
     sonst hätte der Weg sofort nach seinem Absturz wieder gesperrt sein können. Er würde Lourdes fragen, wer gestern Nachmittag
     auf der Quinta gefehlt hatte.
    Als Nicolas auf die Spuren aufmerksam machte, bedachte ihn der Polizist mit einem Lächeln, als neige er zu Hirngespinsten.
     Zumindest konnte Nicolas seine Begleiter dazu bewegen, ihm zu helfen, an seine Jacke mit der Brieftasche zu gelangen. Er bat
     den Polizisten, den Fahrer des Raupenschleppers zu befragen, und zu Nicolas’ Überraschung bestätigte der Mann, dass er außer
     Nicolas noch jemanden mit einem Moped oder Motorrad gesehen hatte, was Gonçalves mit einem Kopfschütteln und dem Satz kommentierte,
     dass man das von seiner Position aus niemals sehen könne. Das allerdings machte den Polizisten nachdenklich, und er ließ sich
     vom Fahrer des Raupenschleppers zeigen, von wo aus er den Mann beobachtet haben wollte.
    Zurück in Peso da Régua blieb Nicolas vor dem Eingang der Polizeiwache stehen.
    »Senhor Gonçalves, Sie können nach Hause fahren, Sie haben viel Arbeit, ich brauche Sie nicht mehr. Gehen Sie!« |232| Dieser Gangster sollte ihn kennenlernen. So negativ hatte er selten von Menschen gedacht, er war nie im Leben gehässig gewesen.
     Er hielt sich weder für durchtrieben noch für bösartig, aber in Bezug auf Menschen musste man lernfähig sein. Der Blick, den
     Gonçalves mit dem Polizisten wechselte, machte ihn stutzig. Gab es zwischen den beiden ein Einverständnis, fragte sich Nicolas,
     als er seine Version der Ereignisse zu Protokoll gab. Über den Armbruch und seinen Verdacht, jemand hätte die Treppe angesägt,
     schwieg er, er hätte sich lächerlich und unglaubwürdig gemacht. Spät in der Nacht schlich er zur Remise. Die Plane lag noch
     da, aber das Motorrad war weg.
     
    Aufgeregt wartete Nicolas im Garten des »Vintage House« auf Lovely Rita und die Reisegruppe. Die Pläne waren geändert worden,
     sie waren am Vortag mit dem Luxusliner den Rio Douro heraufgekommen. Er sah auf die Uhr – er war pünktlich, obwohl er vorhin
     noch den neuen Leihwagen in Empfang genommen hatte. Der elektronische Firlefanz hatte ihn gestört, die Mühe, sich da hineinzufinden,
     überwog die Vorteile – Scheinvorteile statt wirklicher Neuerungen wie schadstoffarmer Motoren. Das Nonplusultra wäre intravenöse
     Ernährung beim Fahren. Happe wären nur unanständige Sachen eingefallen. Der Freund fehlte ihm.
    Leider verdeckte die Gartenhecke den Ausblick auf den Fluss und die Pontons. Das Hotel in seinem Rücken sollte das beste weit
     und breit sein. Das mochte in Bezug auf Einrichtung, Essen, Weine und Personal stimmen, aber man musste sich auch unter den
     Menschen wohlfühlen, die dort abstiegen. Die meisten Gäste wirkten wie Fremdkörper. Eine reiche südamerikanische Familie mit
     verwöhnt quengelnden Kindern, eine Gruppe dehydrierter Briten beim Portweingenuss, wohlhabende Ehemänner, die sich beim Urlaub
     mit der Gattin langweilten und auf das Steigen der Aktienkurse warteten, eingebettet in eine vornehme |233| Stille auf dicken Teppichen. Hoffentlich setzte sich Ritas Reisegruppe aus anderen Menschen zusammen. Die Kellner, zwischen
     Unterwürfigkeit und vorwurfsvoller Arroganz schwankend, erkannten offenbar, dass Nicolas nicht hierhergehörte. Der Weinladen
     im vorderen Gebäudeteil hatte ihm wesentlich besser gefallen. Nicolas merkte, wie er sich stärker zur Seite der Produktion
     und des Verkaufs hingezogen fühlte – den Konsum würde er anderen überlassen – wenn sie ihn denn ließen. Er musste auf der
     Hut sein, bis jetzt hatte sein unsichtbarer Feind sein Ziel nicht erreicht. Er war immer noch hier und noch am Leben.
    Dona Madalena hatte auf sein Abenteuer ärgerlich reagiert. Sie hatte ihn am Vorabend auf ihre Terrasse

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