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Der potemkinsche Hund: Roman (German Edition)

Der potemkinsche Hund: Roman (German Edition)

Titel: Der potemkinsche Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordula Simon
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nicht vor –, dass es sich um einen Versicherungsbetrug handeln könnte. Demzufolge sollten Sie die Angelegenheit mit Ihrer Versicherung regeln, oder aber einen Finanzierungsplan für die Bezahlung Ihres Aufenthalts unterzeichnen, oder aber wir werden Ihnen ermöglichen, diverse weitere Behandlungen ambulant durchzuführen.« Stanislav war entsetzt. Man wollte also Bargeld sehen oder ihn hinauswerfen. Obwohl er doch, wie ein Neugeborener, nicht einmal seinen Kopf halten konnte. Wie konnte es sein, dass die Versicherung ihn als tot verzeichnet hatte? Er lebte doch und lag doch da und sollte doch bezahlen und hatte sein Monatsgehalt noch nicht bekommen. Er bat den Arzt also, Saša anzurufen, »Rufen Sie Aleksandra Vladimirovna für mich an«, und versicherte sofort, dass sie die Anrufkosten, sobald sie ankäme, übernehmen würde, Saša würde kommen und bezeugen, dass er nicht tot war und sich bei der Versicherung darum kümmern. Dabei hatte er doch gestern noch seinen eigenen Eintrag im Personenregister betrachtet, betrachtet, dass alles nach Plan lief. Da war sein Geburtsdatum, seine Ausbildung, sein Arbeitsplatz, sein Wohnort eingetragen gewesen. Aber das Kästchen mit dem Todesdatum war leer gewesen. Er hatte es doch nicht geöffnet? Dass das Programm selbständig das aktuelle Datum eingetragen hätte? Warum hätte er das tun sollen? Er hatte es noch nie geöffnet. Er hatte doch gerade erst das kleine Kreuzlein gedrückt, um das Fenster wieder zu schließen, als dieser Anatol Grigorjevič oder vielleicht auch nicht Anatol Grigorjevič zum zweiten Mal an seinem Schalter stand.

XXII
    Ангел секса, совратитель баб,
Ангел секса, он наш царь и раб,
Ангел секса, выбери меня,
Птица счастья завтрашнего дня,
Ангел секса!
    Сектор Газа
    Diskret war der Hund aus dem Zimmer geschlichen, schon als sie sich auf den Diwan setzten. Anatol wusste gar nicht mehr, wann er wiedergekommen war, ob er sie schon lange begleitet hatte. Aber im Hof hatte er eine Katze angekläfft, eine der nachbarlichen Mütter hatte immer Katzen, und war vor ihr geflohen, als sie ihn anfauchte, ihr Fell aufstellte.
    Vielleicht war es auch keine Diskretion, vielleicht mochte er auch nur das Dunkle nicht, beim Betreten des Raumes hatte keiner von den beiden daran gedacht, das Licht einzuschalten, so war die einzige Lichtquelle eine Straßenlaterne, die draußen vor der Veranda stand, und nur wenig ihres Lichtes drängte sich über die Veranda durch die Fenster. Die Laterne erleuchtete gerade so ihr eigenes Haupt, der Schatten, der dünne schwarze, den sie durchs Fenster stürzen ließ, zerschnitt das wenige Licht. Langsam hatte der Hund den Raum verlassen und saß nun vermutlich auf der Veranda, wo das Licht etwas weniger spärlich sein musste, obwohl die Flöhe und Kakerlaken sich auch bei diesen Verhältnissen schon tummeln würden. Als Anatol durch die Tür trat, hatte er sich vorgenommen, darum zu bitten, duschen zu dürfen, hatte aber in der Folge gar nichts gesagt, alles stumm hingenommen, angenommen oder mit den Schultern gezuckt, als sie ihn fragte, ob sie Essen machen solle, und als sie in die Schränke sah, sich auf die Stirn greifend, denn sie waren leer, meinte, dass es ihr leid tue, sie nichts zu essen habe, hatte er ebenso nur mit den Schultern gezuckt.
    Vielleicht sollte er sich bedanken, dafür, einen Platz zu haben, um endlich zu schlafen, und sich zu dem Hund gesellen. Auf der Veranda war es ebenso warm oder kühl wie im Schlafzimmer, schließlich war sie verglast wie seine eigene, gegenüber, er könnte dort schlafen. Der Gedanke hatte sein Ende noch nicht gefunden, da stand Irina neben ihm. Sie saß doch gerade noch, dachte er, wie kann sie sich so lautlos erhoben haben? Hätte der Diwan nicht knarren müssen?
    »Ich weiß nicht, was mit mir passiert ist«, sagte er leise, die Stimme war schroff. Nicht mehr besonders menschlich, eine knarrende Tür, ob sie gerade auf- oder zuschwang, war gleich. Irina drehte sich zu ihm um, hob die Schultern, ließ sie fallen. Sie wollte nicht antworten, auch wenn sie die Antwort vielleicht kannte. »Ich weiß nicht, wie lange es anhält oder woher es kommt. Die Nebenwirkungen und Gegenanzeigen«, sagte er. Als handelte es sich bei Irina um einen Beipackzettel zur Auferstehung, und er konnte ja nicht ahnen, wie recht er damit hatte: »Vielleicht bin ich krank gewesen und niemand will es mir

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