Der Präsident
heftete sich auf das Gesicht des Agenten.
»Was ist los?«
»Ich bin nicht sicher.« Richmond sperrte eine Schublade seines Schreibtisches auf und holte ein Notizbuch hervor, das er ausschließlich für diese außergewöhnliche Geschichte angelegt hatte. »Burton, vergessen Sie nicht, das ungemein wichtige und belastende Beweisstück, für das wir fünf Millionen Dollar bezahlt haben, ist immer noch nicht aufgetaucht.«
Der Präsident blätterte durch die Seiten des Notizbuchs. In diesem kleinen Schauspiel waren an zahlreiche Personen verschiedenste Rollen vergeben worden. Hätte Whitney seinem Anwalt den Brieföffner samt einer Schilderung der Ereignisse übergeben, so wüsste die ganze Welt längst darüber Bescheid. Richmond dachte zurück an die Verleihungszeremonie für Ransome Baldwin im Weißen Haus. Graham hatte den Brieföffner bestimmt nicht. Doch wem, falls überhaupt irgendjemandem, hätte Whitney das Ding anvertraut?
Während sein scharfer Verstand eine Analyse der Tatsachen erstellte und mögliche Szenarien durchspielte, stach dem Präsidenten plötzlich ein Name aus dem sauber geschriebenen Text ins Auge. Eine Person, die niemals richtig in Erscheinung getreten war.
Jack klemmte die Essenstüte unter einen Arm, den Koffer unter den anderen und schaffte es so, den Schlüssel aus der Tasche zu kramen. Bevor er ihn jedoch ins Schloss stecken konnte, öffnete sich die Tür.
Jack war überrascht. »Ich habe dich noch nicht zu Hause erwartet.«
»Du hättest nichts mitbringen müssen. Ich hätte was kochen können.«
Jack trat ein, warf den Koffer auf den Kaffeetisch und marschierte in die Küche. Kate blickte ihm nach.
»Hey, du arbeitest schließlich auch den ganzen Tag. Wieso solltest du auch noch kochen müssen?«
»Frauen auf der ganzen Welt machen das jeden Tag, Jack. Sieh dich bloß mal um.«
Er lugte aus der Küche. »Da hast du wohl recht. Willst du süßsauer oder Chop Suy? Ich habe auch noch extra Frühlingsrollen.«
»Ich nehme, was du nicht magst. So hungrig bin ich gar nicht.«
Jack verschwand wieder und kam mit zwei gehäuften Tellern zurück.
»Wenn du nicht mehr isst, weht dich noch mal der Wind weg. Am Liebsten würde ich dir Steine in die Tasche stopfen, so wie du jetzt aussiehst.«
Mit verschränkten Beinen saß er neben ihr am Boden. Sie stocherte nur in ihrem Essen, während er seine Portion verschlang.
»Wie war die Arbeit? Es hätte dir wahrscheinlich nicht geschadet, ein paar Tage länger frei zu nehmen. Du steigerst dich ohnehin viel zu sehr in deinen Beruf hinein.«
»Das musst ausgerechnet du sagen.« Kate nahm eine Frühlingsrolle in die Hand, überlegte es sich jedoch wieder.
Jack legte die Gabel weg und betrachtete sie.
»Ich höre.«
Sie zog sich auf die Couch hoch; da saß sie und spielte mit ihrer Halskette. Mit der Arbeitskleidung, die sie noch trug, wirkte sie völlig ausgezehrt, wie eine im Wind umgeknickte Blume.
»Ich mache mir viele Gedanken darüber, was ich Luther angetan habe.«
»Kate –«
»Lass mich ausreden!« Ihr Tonfall traf ihn wie ein Peitschenhieb. Gleich darauf entspannte sie sich wieder. Ruhiger fuhr sie fort. »Ich habe erkannt, dass ich niemals darüber hinwegkommen werde, also kann ich es genauso gut als Tatsache hinnehmen. Aus vielerlei Gründen war es vielleicht nicht falsch, was ich getan habe. Aber zumindest aus einem Grund war es unbestreitbar falsch: Er war mein Vater. So abgedroschen das auch klingen mag, dieser Grund hätte genügen müssen.« Unaufhörlich drehte sie die Kette, bis sie nur noch einer Anhäufung winziger Knoten glich. »Ich glaube, weil ich Anwältin bin, vor allem eine ganz spezielle Art Anwältin, ist aus mir ein Mensch geworden, den ich nicht besonders mag. Das ist nicht unbedingt eine angenehme Feststellung, wenn man auf die Dreißig zugeht.«
Jack streckte die Hand aus, um ihre bebenden Finger zu ergreifen. Sie wich nicht zurück. Er spürte, wie das Blut durch die Venen floss.
»Nachdem ich mir über all das klar geworden bin, glaube ich, dass eine radikale Veränderung notwendig ist. In meinem Leben, in meiner Karriere, ganz allgemein.«
»Was willst du damit sagen?« Er stand auf und setzte sich neben sie. Sein Puls beschleunigte sich, denn er ahnte, was als nächstes kommen würde.
»Ich will keine Staatsanwältin mehr sein, Jack. Eigentlich will ich überhaupt keine Anwältin mehr sein. Ich habe heute Morgen meine Kündigung eingereicht. Ich muss gestehen, man war ziemlich schockiert. Die
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