Der Präsident
»Ein gut gemeinter Rat, Jack: Lassen Sie sich nicht mit Sandy ein. Das wäre ein großer Fehler. Er ist am Ende.«
»Danke für den Rat.«
»Ich meine es ernst, Jack. Gefährden Sie nicht Ihre eigene Position durch den nutzlosen, wenn auch gut gemeinten Versuch, ihn zu retten.«
»Meine Position gefährden? Sie meinen Baldwins Position, oder nicht?«
»Das ist Ihr Klient ... im Augenblick.«
»Versuchen Sie, das Ruder an sich zu reißen? Wenn ja, dann viel Glück. Sie könnten es höchstens eine Minute halten.«
Kirksen erhob sich. »Nichts hält ewig, Jack. Sandy Lord kann Ihnen das genauso gut bestätigen wie jeder andere. Was geschehen soll, geschieht. Sie können in dieser Stadt ruhig alle Brücken hinter sich verbrennen. Sie sollten sich nur vergewissern, dass niemand überlebt, der daraufsteht.«
Jack kam um den Schreibtisch herum und baute sich vor Kirksen auf. »Waren Sie schon als kleiner Junge so, Dan? Oder haben Sie sich erst in der Pubertät in einen solchen Schleimklumpen verwandelt.«
Kirksen lächelte und wandte sich zum Gehen. »Wie gesagt, man kann nie wissen, Jack. Beziehungen zwischen Anwälten und Klienten sind immer recht zerbrechlich. Nehmen Sie nur Ihre Eigene als Beispiel. Sie beruht hauptsächlich auf Ihren Heiratsplänen mit Jennifer Ryce Baldwin. Wenn nun Ms. Baldwin beispielsweise herausfände, dass Sie nachts nicht nach Hause fahren, sondern die Wohnung mit einer gewissen jungen Frau teilen, wäre sie möglicherweise weniger geneigt, Ihnen rechtliche Anliegen anzuvertrauen. Geschweige denn, Ihre Frau zu werden.«
Es dauerte keine Sekunde. Kirksen krachte mit dem Rücken gegen die Wand; Jack beugte sich so dicht an das Gesicht des Mannes, dass sich die Brillengläser beschlugen.
»Machen Sie keinen Unsinn, Jack. Ganz gleich, was Sie hier für einen Status haben, die Teilhaber würden es nicht durchgehen lassen, dass ein frisch gebackener Partner einen alteingesessenen zusammenschlägt. Es gibt immer noch gewisse Umgangsformen bei Patton, Shaw.«
»Mischen Sie sich nicht auf diese Weise in mein Leben, Kirksen. Niemals.« Mühelos schleuderte Jack ihn gegen die Tür und ging zum Schreibtisch zurück.
Kirksen glättete sein Hemd und lächelte innerlich. Graham war so einfach zu manipulieren. So waren die großen, gut aussehenden Kerle eben. Stark wie Mulis und nichts als Stroh im Kopf.
»Wissen Sie, Jack, Sie sollten sich darüber klar werden, wofür Sie sich entschieden haben. Aus irgendeinem Grund scheinen Sie Sandy Lord blind zu vertrauen. Hat er Ihnen die Wahrheit über Barry Alvis erzählt? Hat er das getan, Jack?«
Langsam wandte sich Jack wieder um und glotzte den Mann an.
»Hat er es mit der Masche ›Ständiger-Sozius-und-bringt-kein-Geld‹ erklärt? Oder hat er Ihnen weisgemacht, Alvis hätte ein großes Projekt versaut?«
Jack stierte ihn weiter an.
Kirksen lächelte triumphierend.
»Ein einziger Anruf, Jack. Töchterchen beklagt sich, dass Mr. Alvis ihre Pläne und die ihres Vaters stört. Und Barry Alvis verschwindet. So läuft das Spiel nun mal, Jack. Vielleicht wollen Sie gar nicht mitspielen. Wenn dem so ist, dann hält niemand Sie davon ab, die Firma zu verlassen.«
Kirksen hatte diese Strategie schon vor längerer Zeit ausgetüftelt. Da Sullivan Enterprises nicht mehr von der Firma betreut wurden, konnte er jetzt Baldwin höchste Priorität zusichern, und Kirksen verfügte nach wie vor über einige der besten Anwälte der Stadt. Vier Millionen Dollar Umsatz zusammen mit seinem bisherigen würden ihn zum ergiebigsten Goldesel der Kanzlei machen. Und der Name Kirksen sollte am Türschild einen anderen ersetzen, den man ohne viel Aufhebens streichen würde.
Der geschäftsführende Teilhaber lächelte Jack an. »Sie können mich vielleicht nicht ausstehen, Jack, aber ich sage Ihnen die Wahrheit. Sie sind erwachsen, es liegt an Ihnen, ob Sie damit zurechtkommen.«
Kirksen schloss die Tür hinter sich.
Jack stand noch eine Weile reglos da, dann sackte er auf den Stuhl. Er beugte sich vor und fegte den Schreibtisch mit heftigen, rasenden Handbewegungen leer. Danach ließ er kraftlos den Kopf auf den Tisch sinken.
KAPITEL 26 Seth Frank musterte den alten Mann. Er war klein und trug Cordhosen, einen dicken Pullover, Winterstiefel und auf dem Kopf einen Filzhut. Offenbar fühlte er sich im Polizeirevier unbehaglich, gleichzeitig jedoch wirkte er ziemlich aufgeregt darüber, hier zu sein. In der Hand hielt er einen rechteckigen Gegenstand, der in braunes Papier
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