Der Präsident
Sullivan hatte teuren Schmuck getragen. In jedem Bericht, den der Fahnder in die Hand bekam, wurde sie als große Liebhaberin von Diamanten, Smaragden und Saphiren beschrieben. Es gab nichts, was sie nicht besaß. An der Leiche war kein Schmuck gefunden worden, wenngleich man noch deutlich erkennen konnte, wo sie die Ringe getragen hatte. Sullivan bestätigte außerdem, dass die Diamantenhalskette seiner Frau fehlte. Auch der Besitzer des Schönheitssalons erinnerte sich, das kostbare Stück am Montag gesehen zu haben.
Ein guter Staatsanwalt konnte aus den Fakten einen Raubüberfall machen, dessen war Frank sicher. Die Täter hatten das Opfer erwartet, die ganze Sache war geplant gewesen. Warum sollte das brave Volk von Virginia zwanzig Riesen pro Jahr zahlen müssen, um einen kaltblütigen Mörder durchzufüttern, zu kleiden und zu beherbergen? Einbruch? Raubüberfall? Wen interessierte das schon? Die Frau war tot. Von irgendeinem Mistkerl über den Haufen geschossen. Juristische Feinheiten dieser Art behagten Frank nicht sonderlich. Wie viele Ordnungshüter fand er, das Strafrechtssystem sei zu sehr auf den Vorteil des Angeklagten bedacht. Oft kam es ihm so vor, als ginge in dem ganzen verschlungenen Prozess mit komplizierten Vergleichen, juristischen Spitzfindigkeiten und aalglatten Verteidigern die Tatsache unter, dass jemand tatsächlich das Gesetz gebrochen hatte; dass ein Mensch verletzt, vergewaltigt oder getötet worden war. Das war durch und durch verkehrt. Frank hatte keine Möglichkeit, das System zu ändern, doch er konnte ein bisschen daran drehen.
Er zog den Bericht näher heran, setzte die Brille auf und nahm einen weiteren Schluck starken, schwarzen Kaffee. Todesursache: Laterale Schusswunden im Schädel, verursacht durch ein Halbmantelgeschoss mit freiliegendem Bleikern, das aus einer Hochgeschwindigkeitswaffe abgefeuert worden war und eine Durchbruchswunde zur Folge hatte; sowie durch eine zweite Kugel unbekannter Zusammensetzung aus einer unbekannten Waffe, die eine Durchdringungswunde herbeigeführt hatte. Mit anderen Worten: Ihr Gehirn war von ziemlich schweren Geschossen zerfetzt worden. Außerdem gab der Bericht als Todesart Tötung an. Nach Franks Auffassung war das der einzige klare Punkt an dem Fall. Er bemerkte, dass er die Entfernung, aus der die Schüsse abgegeben worden waren, richtig eingeschätzt hatte. Am Wundeintritt fanden sich keine Pulverspuren. Die Schüsse waren aus mehr als einem halben Meter Abstand abgefeuert worden. Frank nahm an, dass die Entfernung weniger als zwei Meter betragen hatte, doch das war nur so ein Gefühl. Natürlich war Selbstmord nie in Betracht gezogen worden. Aber gedungene Mörder zogen es für gewöhnlich vor, den Lauf so nahe wie möglich an das Opfer zu bringen, da dies erfahrungsgemäß die Fehlerrate erheblich minderte.
Frank beugte sich dichter über den Schreibtisch. Warum mehr als einen Schuss? Mit Sicherheit hatte bereits die erste Kugel zum Tod geführt. War der Angreifer ein Sadist, der eine Ladung um die andere in einen toten Körper pumpte? Aber schließlich hatten sie nur zwei Eintrittwunden festgestellt, was man kaum als Trommelhagel eines Irren bezeichnen konnte. Dann waren da noch die Kugeln selbst. Ein Dumdumgeschoss und eines unbekannter Art.
Er hielt einen Plastikbeutel mit seinem Zeichen darauf hoch. Aus dem Leichnam hatte man nur eine Kugel gewonnen. Sie war unter der rechten Schläfe eingetreten, durch den Aufprall flach gedrückt und geweitet worden, hatte den Schädel und das Gehirn durchschlagen, und dabei eine Schockwelle durch die weiche Hirnmasse gejagt, wie sie bei einem Peitschenschlag entstand.
Vorsichtig berührte er, was von dem Objekt im Beutel noch übrig war. Es handelte sich um ein abscheuliches Projektil, dafür geschaffen, durch Aufprall flach gedrückt zu werden, um danach alles in Stücke zu reißen, was sich in den Weg stellt. Bei Christine Sullivan hatte es wie vorgesehen funktioniert. Das Problem war, dass Dumdumgeschosse mittlerweile überall zu bekommen waren. Und die Verformung der Kugel war enorm. Ballistische Tests waren da nahezu nutzlos.
Der zweite Schuss war einen Zentimeter unter dem anderen eingedrungen, hatte das gesamte Gehirn durchdrungen und war auf der anderen Seite wieder ausgetreten, wo ein klaffendes Loch zurückblieb, viel größer als die Eintrittswunde. Der Schaden an Knochen und Gewebe war beträchtlich gewesen.
Der Verbleib dieser Kugel hatte sie alle überrascht. In der Wand
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