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Der Präsident

Der Präsident

Titel: Der Präsident Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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die Tür wieder ab und legte den Schlüssel zurück unter den Blumentopf. Nach einem letzten Blick auf das Haus trottete er zum Auto.
    Gloria Russells Wohnung befand sich in einer Sackgasse in der Nähe der River Road in einem ziemlich noblen Vorort von Bethesda. Durch ihre Beratertätigkeit für viele der größten Firmen des Landes, verbunden mit ihrem Gehalt zunächst als Professorin und nun als Stabschefin, das sie über die Jahre klug angelegt hatte, besaß sie mehr als genug zum Leben, und sie umgab sich gerne mit schönen Dingen. Den Eingang zierte eine alte Laube, überwuchert von kräftigem, dichtem Efeu. Der gesamte Vorhof, von einer hüfthohen, gewundenen Ziegelsteinmauer umfangen, war als abgeschiedener Garten eingerichtet, komplett mit Tischen und Sonnenschirmen. In der Dunkelheit, die nur vom fahlen Licht aus dem Erkerfenster an der Vorderseite des Hauses durchbrochen wurde, gurgelte und plätscherte ein Springbrunnen.
    Gloria Russell saß an einem der Gartentische, als Agent Collin in seinem Cabriolet vorfuhr. Der Anzug war nach wie vor makellos, die Krawatte fest geknüpft, und er stand da, als hätte er einen Besenstiel verschluckt. Auch die Stabschefin hatte sich nicht umgezogen. Sie lächelte ihn an. Gemeinsam schlenderten sie über den Gartenweg ins Haus.
    »Etwas zu trinken? Sie sehen mir nach Bourbon mit Wasser aus.« Russell betrachtete den jungen Mann und trank genüsslich ihr drittes Glas Wein. Es war lange her, dass sie einen jüngeren Mann zu sich eingeladen hatte. Vielleicht zu lange, dachte sie, obwohl der Alkohol dafür sorgte, dass sie nicht allzu klar dachte.
    »Bier, wenn Sie welches dahaben.«
    »Kommt sofort.« Kurz blieb sie stehen, um die Stöckelschuhe von den Füßen zu streifen, dann ging sie weiter in die Küche. Collin betrachtete das riesige Wohnzimmer, mit den wallenden, maßgefertigten Vorhängen, den Relieftapeten und den geschmackvollen Antiquitäten. Wieso war er eigentlich hier, überlegte er. Hoffentlich beeilte sie sich mit dem Drink. Er war ein hervorragender Sportler, weshalb er schon früher von Frauen verführt worden war. Schon seit der High-School, aber das hier war nicht die High-School, und Gloria Russell war kein Cheerleader. Collin kam zu dem Schluss, dass es an der Zeit war, sich einen anzutrinken. Eigentlich hatte er Burton von der ungewöhnlichen Einladung erzählen wollen, doch irgendetwas hatte ihn zurückgehalten. Burton benahm sich in letzter Zeit sonderbar. Was sie getan hatten, war nicht falsch gewesen. Zugegeben, die Umstände waren ziemlich heikel; deshalb musste eine Tat, die ihnen normalerweise das Lob eines ganzen Landes eingebracht hätte, geheimgehalten werden. Es tat ihm leid, dass er die Frau hatte töten müssen, doch er hatte keine andere Wahl gehabt. Immer wieder fand der Tod ein Opfer, ständig ereigneten sich Tragödien. Diesmal war sie an der Reihe gewesen. Christine Sullivans Nummer war aufgerufen worden.
    Collin schlürfte das Bier und betrachtete die Hinteransicht der Stabschefin, während sie auf dem breiten Sofa ein Kissen aufschüttelte, ehe sie Platz nahm. Genüsslich am Wein nippend, lächelte sie ihn an.
    »Wie lange sind Sie schon beim Secret Service, Tim?«
    »Seit sechs Jahren.«
    »Sie sind rasch aufgestiegen. Der Präsident hält große Stücke auf Sie. Er hat nicht vergessen, dass Sie ihm das Leben gerettet haben.«
    »Das freut mich. Wirklich.«
    Während sie ihn mit Blicken abtastete, nahm sie einen weiteren Schluck Wein. Er saß kerzengerade. Seine augenscheinliche Nervosität belustigte sie. Zutiefst beeindruckt schloss sie die Begutachtung ab. Dem jungen Agenten war ihre Aufmerksamkeit nicht entgangen. Indem er die zahlreichen Gemälde an den Wänden betrachtete, versuchte er, sein Unbehagen zu verbergen.
    »Hübsch.« Er deutete auf die Kunstwerke.
    Sie lächelte ihn an und beobachtete, wie er zügig das Bier austrank. Hübsch. Dasselbe hatte sie gerade gedacht.
    »Setzen wir uns doch an einen gemütlicheren Ort, Tim.« Russell erhob sich und blickte auf ihn hinab. Sie führte ihn aus dem Wohnzimmer durch einen langen, schmalen Flur und schließlich durch Doppeltüren in eine große Bibliothek. Das Licht ging von selbst an. Collin bemerkte, dass er durch eine weitere Doppeltür das Bett der Stabschefin erkennen konnte.
    »Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich mich rasch umziehe? Ich stecke schon viel zu lange in den Sachen.«
    Collin sah ihr nach, als sie ins Schlafzimmer schlenderte. Die Türen blieben offen.

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