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Der Präsident

Der Präsident

Titel: Der Präsident Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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war dergleichen nicht gewohnt. Der Ermittler, an dessen Namen er sich nicht erinnern konnte, hatte ihm nicht den schuldigen Respekt gezollt. Das hatte den alten Mann verärgert. Denn wenn er etwas verdiente, dann war es Respekt. Es war der Sache zudem nicht unbedingt zuträglich, dass Sullivan keinen Funken Vertrauen in die Fähigkeit der Bezirkspolizei setzte, die Personen aufzuspüren, die für die Tat verantwortlich waren.
    Beim Gedanken an den Spiegel schüttelte er den Kopf. Zumindest hatte man der Presse gegenüber nichts davon erwähnt. Diese Art Aufmerksamkeit konnte Sullivan nicht ertragen. Der Spiegel war Christines Einfall gewesen. Doch er musste zugeben, dass auch er Spaß daran gefunden hatte. Nun, da er zurückdachte, erschien es ihm grotesk. Zunächst hatte es ihn fasziniert, seine Frau mit anderen Männern zu beobachten. Er selbst war über das Alter hinaus, in dem er sie selbst hätte befriedigen können, doch er wusste keinen vernünftigen Grund, warum er ihr die körperlichen Freuden verbieten sollte, die er längst hinter sich gelassen hatte. Aber die ganze Sache war absurd gewesen, einschließlich der Heirat. Nun erkannte er das. Sullivan hatte versucht, seine Jugend zurückzugewinnen, doch er hätte wissen müssen, dass sich die Natur nicht zwingen ließ, gleichgültig, wie reich man auch sein mochte. Nun fühlte er sich beschämt, und er war zornig.
    Schließlich wandte er sich Lord zu.
    »Ich habe nicht allzu viel Vertrauen zu dem Kommissar, der die Untersuchung leitet. Was können wir tun, damit sich die Bundespolizei der Sache annimmt?«
    Lord nahm die Brille ab, holte eine Zigarre aus einem Kästchen in einer der Schreibtischladen und wickelte sie bedächtig aus.
    »Mord an Privatpersonen ist kein Grund für eine Bundesermittlung.«
    »Richmond will sich einschalten.«
    »Eine Augenauswischerei, wenn du mich fragst.«
    Sullivan schüttelte den massigen Kopf. »Nein. Er schien wirklich betroffen zu sein.«
    »Vielleicht. Verlass dich aber nicht darauf, dass die Anteilnahme lange anhält. Er muss sich um tausend andere Dinge kümmern.«
    »Ich will, dass die Leute geschnappt werden, die das getan haben, Sandy.«
    »Das kann ich gut verstehen, Walter. Keiner versteht das besser als ich. Man wird sie kriegen. Du musst Geduld haben, das waren keine Strauchdiebe. Die wussten, was sie taten. Aber jeder macht Fehler. Man wird sie vor Gericht stellen, das kann ich dir versichern.«
    »Und was dann? Lebenslänglich, richtig?«, meinte Sullivan verächtlich.
    »Wahrscheinlich wird man sie keines Kapitalverbrechens beschuldigen, also werden sie lebenslänglich bekommen. Aber ohne Aussicht auf Bewährung, Walter, glaub mir. Die werden nie wieder ungesiebte Luft atmen. Und nach ein paar Jahren, während der sie jede Nacht einen reingeschoben bekommen, werden sie sich wünschen, man hätte sie mit der Spritze in den Arm gepiekst.«
    Sullivan setzte sich hin und musterte seinen Freund. Walter Sullivan wollte überhaupt keine Verhandlung, wo all die Einzelheiten des Verbrechens offenkundig würden. Ihm schauderte bei dem Gedanken, dass alles von vorne aufgerollt werden könnte. Fremde würden intime Einzelheiten aus seinem Leben und dem seiner verstorbenen Frau erfahren. Das würde er nicht ertragen. Er wollte nur, dass die Männer geschnappt wurden. Um den Rest wollte er sich selbst kümmern. Lord meinte, der Staat Virginia würde die Verantwortlichen lebenslang hinter Gitter sperren. In jenem Augenblick beschloss er, dem Staat die Kosten eines langfristigen Gefängnisaufenthaltes zu ersparen.
    Gloria Russell rekelte sich am Ende des Sofas. Die nackten Beine hatte sie unter einen weiten Baumwollpullover gezogen, der bis knapp über die Unterschenkel reichte. Wo der Stoff ausgeschnitten war, stach ihm das dünne Dekollete ins Auge. Collin hatte sich noch zwei Bier geholt und schenkte ihr ein weiteres Glas Wein aus der Flasche ein, die er mitgebracht hatte. Sein Kopf fühlte sich mittlerweile ein wenig heiß an, als lodere darin ein winziges Feuer. Die Krawatte hatte er gelockert, Jackett und Waffe lagen auf dem gegenüber stehenden Sofa. Sie hatte das Schießeisen in die Hand genommen, als er es ablegte.
    »Ist ziemlich schwer.«
    »Man gewöhnt sich dran.« Die Frage, mit der man ihn üblicherweise konfrontierte, stellte sie nicht. Dass er bereits getötet hatte, wusste sie.
    »Würden Sie wirklich für den Präsidenten eine Kugel abfangen?« Die Lider wurden zunehmend schwerer. Immer wieder hämmerte sie

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