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Der Prediger von Fjällbacka

Der Prediger von Fjällbacka

Titel: Der Prediger von Fjällbacka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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vielleicht vergeblich warteten. Jemand hatte Jenny mitgenommen. Jemand, der keine guten Absichten verfolgte.
     
    Während Jacob und Marita auf der Arbeit und die Kinder bei der Tagesmutter waren, wartete Linda auf Johan. Es war das erste Mal, daß sie sich im Wohnhaus auf Västergärden treffen wollten statt wie sonst auf dem Heuboden der Scheune, und Linda fand es äußerst spannend. Dieses Wissen, daß sie unerlaubterweise im Haus ihres Bruders zusammen waren, gab dem Treffen eine ganz besondere Würze. Erst als sie Johans Miene beim Eintreten sah, begriff sie, daß es in ihm ganz andere Gefühle hervorrief, wieder in diesem Haus zu weilen.
    Er war nicht mehr hier gewesen, seit sie den Hof nach seines Vaters Tod hatten verlassen müssen. Mit zögernden Schritten ging Johan durchs Haus, zuerst ins Wohnzimmer, dann in die Küche und sogar auf die Toilette. Es war, als wollte er jede Einzelheit in sich aufnehmen. Vieles war verändert. Jacob hatte gezimmert und gestrichen, und das Haus sah nicht mehr aus, wie er es in Erinnerung hatte. Linda folgte ihm dicht auf den Fersen.
    »Es ist lange her, seit du hier warst.«
    Johan nickte und strich mit der Hand über den Kaminsims im Wohnzimmer.
    »Vierundzwanzig Jahre. Ich war erst fünf, als wir von hier wegzogen. Er hat viel am Haus gemacht.«
    »Ja, bei Jacob muß ja alles wahnsinnig fein sein. Er baut und bastelt unentwegt. Alles muß perfekt sein.«
    Johan gab keine Antwort. Es war, als befinde er sich in einer anderen Welt. Linda bereute es schon ein wenig, daß sie ihn hierher eingeladen hatte. Sie war auf eine sorglose Bettstunde eingestellt und nicht auf eine Reise durch Johans traurige Kindheitserinnerungen. Am liebsten wollte sie an diesen Johan überhaupt nicht denken, an all die Gefühle und Erlebnisse, die sie selbst nicht einschlossen. Johan war so fasziniert von ihr gewesen, hatte sie fast angebetet, und diese Bestätigung war es, die sie von ihm haben wollte, nicht diesen nachdenklichen, grübelnden erwachsenen Mann, der jetzt hier durchs Haus ging.
    Sie zog ihn am Arm, und er fuhr zusammen, als würde er aus einem Trancezustand geweckt.
    »Wollen wir nicht hochgehen? Mein Zimmer ist auf dem Dachboden.«
    Johan folgte ihr willenlos die steile Treppe hinauf. Sie kamen zum Obergeschoß, aber als Linda die Stufen zum Dachboden hinaufstieg, blieb Johan stehen. Hier oben hatten Robert und er ihre Zimmer gehabt, und auch das Schlafzimmer der Eltern hatte hier gelegen.
    »Einen Moment, ich komme gleich. Ich will nur was nachsehen.«
    Er kümmerte sich nicht um Lindas Proteste, sondern öffnete mit zitternder Hand die erste Tür auf dem Flur. Dahinter hatte sein Kinderzimmer gelegen. Es war noch immer das Zimmer eines kleinen Jungen, aber jetzt waren es Williams Spielzeug und seine Kleider, die überall verstreut lagen. Er setzte sich auf das kleine Bett und dachte daran, wie das Zimmer ausgesehen hatte, als es noch ihm gehörte. Nach ein paar Minuten erhob er sich und ging nach nebenan, wo Roberts Zimmer gelegen hatte. Das war noch mehr verändert als sein eigenes. Jetzt wohnte hier ganz unverkennbar ein Mädchen, die Farbe Rosa, Tüll und Flitter dominierten. Er ging fast sofort wieder nach draußen. Statt dessen zog ihn das Zimmer am Ende des Flurs magnetisch an. Oft war er nachts über den Teppich getappt, den seine Mutter ausgelegt hatte, hin zu der weißen Tür, die er vorsichtig aufgeschoben hatte, um dann ins Bett der Eltern zu kriechen.
    Dort hatte er ruhig schlafen können, frei von Alpträumen und Gespenstern. Am liebsten hatte er sich an seinen Vater gedrückt und war, ganz dicht bei ihm liegend, eingeschlafen. Er sah, daß Jacob und Marita das mächtige alte Bettgestell behalten hatten; das ehemalige Schlafzimmer seiner Eltern war am wenigsten verändert.
    Tränen brannten unter seinen Lidern, und er zwinkerte, um zu verhindern, daß sie ihm über die Wangen liefen, wenn er sich zu Linda umdrehte. Vor ihr wollte er sich nicht so schwach zeigen.
    »Bist du jetzt bald fertig mit dem Nachsehen? Hier gibt’s nichts zu klauen, falls du das gedacht hast.«
    Ihre Stimme hatte einen hämischen Ton, den er bisher noch nie wahrgenommen hatte. Zorn stieg in ihm auf. Der Gedanke an all das, was hätte sein können, fachte die Wut noch weiter an, und Johan packte Linda hart beim Arm.
    »Scheiße, was redest du da! Glaubst du, ich gucke hier rum, weil ich sehen will, ob’s hier was zu klauen gibt? Verdammt, du bist doch nicht ganz dicht. Du, ich habe hier gewohnt,

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