Der Preis der Ewigkeit
sein –, wenn er niemanden umbringt. Und – und wenn er mir Milo gibt.“
James atmete aus. „Oh Kate.“
„Es tut mir leid.“ Umständlich versuchte ich, mich von ihm zu lösen, doch sein Arm um meine Schultern drückte mich nur fester. „Es tut mir so leid, James. Ich hatte ja keine Ahnung. Ich dachte – ich weiß nicht, was ich gedacht hab …“
„Du hast geglaubt, du hättest die Gelegenheit, zu tun, was du immer tust“, erklärte er, und in seinen Worten schwang eine Güte mit, die ich nicht verdiente. „Du wolltest dich für die Menschen opfern, die du liebst. In der Hinsicht hast du irgendwie eine Macke, das weißt du, oder?“
Ich schniefte. „Ich wollte bloß Milo wiedersehen.“
„Schon okay“, beruhigte er mich und küsste mich auf den Scheitel. „Du musst dich für nichts rechtfertigen.“
„Aber all diese Menschen – Athen …“
„Das wäre so oder so passiert. Kronos hatte immer vor, größtmögliche Zerstörung anzurichten. Das hat nichts mit dir zu tun, Kate, das verspreche ich dir.“ Er hielt inne. „Wenn ich drüber nachdenke, könnte deine Abmachung uns sogar in die Hände spielen.“
„Wie?“ Mit dem Ärmel wischte ich mir das Gesicht ab. „Ihm ist klar, dass wir zu Rhea wollen, um sie um Hilfe zu bitten. Er weiß, dass sie Henry heilen kann, also wird Kronos ihn bei der ersten sich bietenden Gelegenheit umbringen.“
„Vermutlich“, bestätigte James. „Aber wir werden zusehen, dass er diese Gelegenheit niemals bekommt, und in der Zwischenzeit haben wir eine Verbindung zu Kronos.“
„Aber mit Vernunft ist ihm nicht beizukommen.“
„Nein, aber dir hört er vielleicht trotzdem zu. Vor allem wenn du ihn davon überzeugen kannst, dass du immer noch auf seiner Seite bist.“
Eine Woge der Übelkeit stieg in mir hoch. „Ich war nie auf seiner Seite.“
„Das spielt keine Rolle, solange er das nicht weiß“, entgegnete James. „Er ist jederzeit bereit, nur das Schlechteste von uns anzunehmen. Setz das gegen ihn ein. Sag, du willst wieder zu ihm, aber Walter hält dich gefangen. Du willst doch mit Milo zusammen sein, also ist es nicht mal wirklich gelogen.“
Außer, er konnte die Lüge in einer Wahrheit erkennen, wie Henry. „Er wird es auf euch abgesehen haben“, warnte ich James. „Er wird den Olymp angreifen.“
James grinste nur. „Als er das das letzte Mal versucht hat, ist er im tiefsten, heißesten Loch der Erde gelandet. Ich wage zu bezweifeln, dass er sich das noch mal traut.“
Doch sosehr er mich auch zu überzeugen versuchte, dass es keine große Sache war, ich hörte die Sorge in seinem Ton. Es war auch seine Familie, um die es hier ging. Es war sein Zuhause, und er setzte es aufs Spiel – für was? Für die winzige Chance, dass Kronos möglicherweise bereit wäre, mir zuzuhören? Wenn James recht behielt und Kronos alles gehört hatte, was in dem Kinderzimmer vor sich gegangen war, wüsste er, dass ich es wusste. Und er wüsste, dass ich wütend war.
„Was ist, wenn es nicht funktioniert?“, flüsterte ich, suchte nach seiner Hand und verschränkte meine Finger mit seinen. Eine freundschaftliche Berührung, nicht mehr, aber das brauchte ich jetzt, genau wie er.
James seufzte und ließ den Kopf auf meinen sinken. „Dann müssen wir uns eben was anderes ausdenken.“
Sechs Stunden und einen Anschlussflug später landeten wir in Simbabwe. James winkte uns vor dem Flughafen ein Taxi heran, und schon bald waren wir auf einer abgelegenen Straße zu einem Ort unterwegs, den ich nicht aussprechen konnte, so oft James auch versuchte, es mir beizubringen.
„Irgendwann kriegst du das auch noch hin“, tröstete er mich leise lachend, doch einen Moment später wurde er ernst. „Schon seit sehr langer Zeit hat niemand von uns versucht, Kontakt zu Rhea aufzunehmen. Ich habe keine Ahnung, wie sie reagieren wird, und kann für nichts garantieren.“
„Ich brauche keine Garantien“, behauptete ich, doch mein Magen war da anderer Meinung. Was, wenn ich Rhea nicht überreden konnte, uns zu helfen? Was, wenn sie Henry nicht heilen wollte?
Auf dem Rücksitz des heißen Taxis setzte ich mich gerader hin. Was es auch kosten mochte, was ich ihr auch versprechen musste, ich würde einen Weg finden, das hinzukriegen. Einen Weg, Henry zu retten. Wenn Rhea der Rest der Welt wirklich so egal war, dass sie nicht bereit war, uns im Kampf zur Seite zu stehen …
Sie würde es tun. Sie musste einfach.
Die Landschaften von Simbabwe wirkten
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