Der Preis der Ewigkeit
ihr nicht traute.
Anders als die Ratsmitglieder waren Kronos und Calliope keine Partner, keine Verbündete. Auf ihrer verzweifelten Flucht vor Walter hatte Calliope es geschafft, über das eine Wesen im Universum zu stolpern, das sie noch schlechter behandelte als ihr Ehemann. Und nach ihrem Gesichtsausdruck zu urteilen, begann sie das auch langsam zu begreifen.
Kronos schwieg für lange Zeit, und Dunkelheit legte sich über den Gang, bis ich kaum noch die Hand vor Augen sehen konnte. „Ich habe ihr gar nichts verraten.“
„Eine andere Erklärung gibt es nicht“, beharrte Calliope. „Jede Schlacht, die wir geschlagen haben … Sie sind uns immer zwei Schritte voraus, umgehen jede meiner Fallen, vereiteln alle meine Pläne. Diese Dinge könnten sie unmöglich wissen, wenn du nicht jeden unserer Schachzüge an Kate weitergeben würdest.“
Doch das tat er nicht, was bedeutete, dass es einen Verräter unter Calliopes Gefolgschaft gab. Ich warf einen Blick in die Dunkelheit, wo Ava stehen musste.
Das konnte nicht sein.
„Schweig“, befahl Kronos und ließ mich fallen. In der Dunkelheit geriet ich ins Straucheln, bis seine große Hand sich um meinen Arm legte. „Ich werde mir das nicht länger anhören. Sollten tatsächlich irgendwo Informationen durchsickern, dann nicht bei mir. Deshalb kann ich nur annehmen, dass du der Spitzel bist, meine Tochter. Und ich dulde keinen Verrat.“
Während er sprach, zerrte er an meinem Arm, bis ich mit den Fingerspitzen jemand anders berührte – James. In dieser Richtung hatte niemand sonst gestanden.
„Ich habe genug von dieser sinnlosen Debatte. Du hast, was du wolltest, und meine Vereinbarung mit Kate ist erfüllt. Da ich allerdings nicht für ihre Sicherheit garantieren kann, werde ich nicht zulassen, dass sie hierbleibt.“
Schließlich ließ Kronos mein Handgelenk los und ich verstand. Die undurchdringliche Dunkelheit, seine Diskussion mit Calliope – er wollte, dass ich verschwand. Doch ich konnte nicht; nicht solange Henry und Milo in Gefahr waren. Ich konnte sie nicht noch einmal im Stich lassen.
Eine neue Art von knisternder Macht erfüllte die Luft, doch die Finsternis um uns herum erstickte sie und Calliope stieß einen frustrierten Schrei aus. „Das kannst du mir nicht antun! Sie ist ein Nichts …“
„Dann erklär mir das“, unterbrach Kronos sie. „Wenn sie ein Nichts ist, warum kümmert es dich?“
Calliope geriet ins Stottern, und James packte meine Hand so fest, dass ich das Gefühl hatte, mir würden gleich die Finger abfallen. Wenn ich ihn hier irgendwie lebendig rausschaffen wollte, dann jetzt. Ich würde es nicht ertragen, schuld zu sein, wenn ihm etwas zustieße – aber gehen konnte ich auch nicht.
Und dann legte sich plötzlich eine Stimme wie tiefste Mitternacht um mich und durchdrang die Leere, die mich umfing.
Geh .
Brennende Tränen stiegen mir in die Augen. Henry. Es gab nichts, was ich tun konnte, und er wusste es. Wenn ich blieb, würde Calliope mich umbringen. Es war wie damals bei unserem Picknick im Wald von Eden Manor, als sie sich als die Verräterin zu erkennen gegeben hatte. Sie war zu emotional, zu irrational, als dass ich darauf hätte vertrauen können, sie würde klar denken. An jenem Tag hatte sie gewusst, dass sie sich damit vor dem gesamten Rat als Mörderin verraten würde, und es war ihr egal gewesen. Es gab keine Garantie, dass sie es nicht darauf ankommen lassen würde, sich Kronos zu widersetzen.
Ich konzentrierte all meine Energie auf Henry und sandte meine Gedanken in seine Richtung. Ich liebe dich. Vergiss das nie .
Und bevor ich es mir wieder anders überlegen konnte, drückte ich James’ Hand und teleportierte mich fort.
Wir landeten an einem verlassenen Südseestrand, als die Sonne gerade im Meer versank. Es war der prachtvollste Sonnenuntergang, den ich je gesehen hatte – die Wolken erstrahlten in Farben, die ich noch nie zuvor in der Natur gesehen hatte, kunstvoll ineinander gemischt wie von Meisterhand. Es war atemberaubend und doch konnte ich diese Schönheit nicht genießen.
James sagte kein Wort. Die Arme um mich gelegt, wartete er ab, während ich mich an seiner Schulter ausweinte. Einen Freund wie ihn hatte ich nicht verdient. Ich verdiente überhaupt nichts.
Ich hatte sie zurückgelassen, hatte geschworen, ich würde Henry niemals im Stich lassen. Und dennoch hatte ich es bei der erstbesten Gelegenheit getan. Hätte ich vor Kronos’ Ultimatum mit ihm geredet, hätten wir uns
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