Der Preis der Ewigkeit
ausgehungert nach guten Neuigkeiten. Mit einem weiteren Blick über die Schulter, als sei sie nicht sicher, ob ich wirklich da war, verließ Ava das Zimmer. Ich blieb dicht hinter ihr. Sie führte mich den Flur und die schmale Treppe entlang, über die ich in der vergangenen Nacht gekommen war – vor weniger als vierundzwanzig Stunden. Auf dem Stockwerk, wo sich mein ehemaliges Gefängnis befand, hielten wir an, und plötzlich flatterte eine ganze Kolonie von Schmetterlingen in meinem Bauch. Wohin brachte Ava mich? Calliope konnte Henry doch unmöglich hier unten festhalten, oder?
Es dauerte nicht lange und Ava beantwortete meine unausgesprochene Frage. Vor der Tür, aus der Calliope letzte Nacht gekommen war, hielt Ava inne und holte zittrig Luft. Nicholas’ Zelle. Was wollte sie hier?
Das Kreischen von Metall, das auf Metall traf, zerriss die Stille, dann mischten sich die Schreie eines Mannes hinein. Unwillkürlich zuckte ich zusammen, doch statt panisch zurückzuweichen, stieß Ava die Tür auf und stürmte hinein. Hastig folgte ich ihr.
„Du hast geschworen, du würdest damit aufhören“, fauchte sie, und es dauerte einen Augenblick, bis ich begriff, dass sie nicht mich meinte. „Ich hab getan, was du befohlen hast. Jetzt halt dich auch an deinen Teil der Abmachung.“
In der Mitte eines düsteren Raums mit Regalen an den Wänden und Arbeitsflächen rundherum stand Calliope. Überall verstreut lagen Metallsplitter und Waffen – Dutzende von Waffen, manche schwach schimmernd und andere nichts als leblose Metallklumpen.
Nicholas’ Schmiedewerkstatt. Hier hatte er jenen verfluchten Dolch erschaffen.
Direkt neben dem langsam verlöschenden Feuer in der Mitte des Raums hatte jemand einen Metallstuhl an den Boden geschweißt – mit demselben undurchsichtigen Nebel, mit dem der Rat draußen in der Meeresluft kämpfte. Darauf zusammengesunken saß Nicholas, blutig und verstümmelt, wie kein Gott es je hätte sein dürfen. Er war halb bewusstlos, sein Gesicht voller Schnitte und dunkel verfärbt, sein Körper von Wunden und Blutergüssen übersät. Ich hätte nicht für möglich gehalten, dass ich Calliope noch mehr hassen könnte, als ich es sowieso schon tat – jetzt war es so weit.
„Dein Teil der Abmachung ist noch nicht vollständig erfüllt“, entgegnete Calliope. „Kate ist immer noch am Leben.“
Ava fiel die Kinnlade hinunter. „Das hatte überhaupt nichts zu tun mit …“
„Ist mir egal.“ Messerscharf schnitt Calliopes Stimme durch die Luft. „Du wirst tun, was ich dir sage, oder ich bringe Nicholas um. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.“
Als er stöhnte und seine Augen sich unter den geschwollenen Lidern bewegten, streckte Ava die Hand nach ihm aus. Calliope trat dazwischen und verstellte ihr den Weg.
„Nein“, zwitscherte sie böse lächelnd. „Du weißt, was geschieht, wenn du ihn anfasst.“
„Es ist mir egal.“ Flink huschte Ava um Calliope herum und kniete sich neben den Stuhl. „Nicholas? Ich bin hier. Es tut mir so leid, Baby.“
Nicholas versuchte mit seinen aufgeplatzten Lippen und dem gebrochenen Kiefer etwas zu murmeln, doch es kam nichts Verständliches dabei heraus. Jedenfalls nicht für mich; Avas Augen füllten sich mit Tränen und sanft nahm sie seine Hand. Als ihre Haut auf seine traf, erklang ein Zischen in dem winzigen Zimmer und Ava zuckte zusammen. Doch erst als Nicholas ächzte, ließ sie ihn los. Wo sie ihn berührt hatte, wurde ihre Handfläche feuerrot, als hätte sie mit glühenden Kohlen hantiert.
„Ich lasse ihn frei, wenn ich den Krieg gewonnen habe“, sagte Calliope. „Keinen Tag früher.“
Avas Gesicht verzerrte sich vor mühsam kontrollierter Wut, und sie verlagerte das Gewicht, als stünde sie kurz davor, Calliope an die Kehle zu springen. Auch Calliope musste es bemerkt haben, denn im nächsten Augenblick hielt sie den Dolch in der Hand und drückte ihn sachte an Nicholas’ Kehle.
„Das würde ich an deiner Stelle lassen, Süße“, erklärte sie gefährlich sanft.
Es war eine Schande, dass ich körperlos war, sonst hätte ich ihr mit Freuden die Lichter ausgepustet. Ava ballte die Hände zu Fäusten und schien denselben Gedanken zu haben, doch sie machte keine weiteren Anstalten, auf Calliope loszugehen. „Du Monster“, zischte sie. „Er ist dein Sohn .“
„Wir müssen alle Opfer bringen.“ Calliope verengte die Augen. „Gerade du solltest das doch verstehen.“
Ein leises Beben erfasste den Raum und wie in der
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