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Der Preis des Schweigens

Der Preis des Schweigens

Titel: Der Preis des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beverley Jones
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Grund schien sie ihre schlechte Laune momentan hauptsächlich an mir auszulassen.
    »Ah, da sind Sie ja. Ich habe Sie schon überall gesucht, Jennifer«, verkündete sie theatralisch und versperrte mir wie eine Verkehrspolizistin mit erhobener Hand den Weg.
    »Kann ich irgendetwas für Sie tun?«, fragte ich, so höflich ich konnte.
    »Ja, ich suche Sie schon seit einer halben Ewigkeit. Der Detective Inspector sucht Sie, aber niemand im ganzen Gebäude scheint zu wissen, wo Sie stecken. Sie müssen von neun bis fünf jederzeit verfügbar und ansprechbar sein, das wissen Sie genau. Das ist nicht das erste Mal, dass wir uns darüber unterhalten. Sie können nicht einfach so von Ihrem Arbeitsplatz verschwinden.«
    »Ich war beim Image-Meeting.«
    »Das ist schon seit über einer halben Stunde zu Ende.«
    »Danach habe ich mir einen Kaffee geholt und bin dann hierhergekommen.«
    »Hier ist aber niemand außer Ihnen.«
    »Das sehe ich auch. Ich war auf der Suche nach dem Detective Inspector.«
    »Wie oft soll ich Ihnen noch sagen, dass Sie sich offiziell abmelden müssen, wenn Sie sich von Ihrem Arbeitsplatz entfernen oder an einem Meeting teilnehmen? Wir müssen jederzeit wissen, wo Sie sich aufhalten.«
    »Nigel wusste, dass ich beim Meeting war.«
    »Vor einer halben Stunde.«
    »Dass das hier eine Polizeiwache ist, ist mir klar, aber mir ist nicht klar, dass wir Mitarbeiter hier unter Überwachung stehen«, antwortete ich kühl. »Mein Job ist äußerst hektisch, Paula. Ich renne wie eine Idiotin durchs Gebäude, um persönlich mit Kollegen zu sprechen, die nicht an ihr Telefon gehen. Heute Vormittag war ich beispielsweise in zwei Meetings und zehn verschiedenen Abteilungen. Mittlerweile ist es nach zwei, und ich hatte noch nicht einmal Zeit, ein Sandwich zu essen. Mein Handy ist eingeschaltet. Wenn ich im Gebäude unterwegs bin und Sie mich nicht finden, können Sie mich jederzeit per Handy erreichen, wie jeder andere auch. Oder Sie lassen mich einfach über Lautsprecher ausrufen.«
    Ich war selbst überrascht von meiner kleinen Ansprache. Normalerweise lauschte ich nur höflich und versprach, mich zu bessern, wenn die dicke Paula mir eine Standpauke hielt. Meine genervten Grimassen sparte ich mir für hinterher auf. Aber allmählich war ich mit meiner Geduld am Ende.
    Auch Paula war sprachlos und schwieg einen Moment. Dann öffnete sie den Mund, vermutlich, um mir erneut die Vorschriften unter die Nase zu reiben, aber zum Glück kamen in diesem Moment Bodie und Detective Inspector Harden um die Ecke.
    »Die liebreizende Jen!«, rief Bodie schon von Weitem. »Wir haben dich schon überall gesucht. Wir brauchen deinen Rat bezüglich einer Körperverletzung mit rassistischem Hintergrund.«
    Seine kräftige Stimme hallte durch den ganzen Flur, und er strahlte Paula an, obwohl ich genau wusste, dass er sie genauso wenig ausstehen konnte wie ich. »Sie ist unsere absolute Lieblings-Pressereferentin«, erklärte er und zeigte auf mich. »Was würden wir nur ohne dich tun?« Grinsend knuffte er mich in die Seite.
    »Dai, dich habe ich gesucht«, sagte ich und benutzte absichtlich nicht seinen Dienstrang.
    »Da haben wir uns wohl mal wieder verpasst«, polterte der Detective Inspector.
    Paula machte ein Gesicht, als ob sie gerade in eine Zitrone gebissen hätte. Nicht genug damit, dass ich ihr eine ungewohnt aufsässige Antwort gegeben hatte, zu allem Überfluss war ich auch noch mit den meisten hochrangigen Beamten des südlichen Reviers befreundet und per Du, was ihr überhaupt nicht passte. In der Verwaltung duzten sich höchstens die kleineren Angestellten untereinander. Dort galt es wahrscheinlich als Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, wenn man mal einen Witz machte oder auch nur lächelte.
    Paula konnte es nicht ausstehen, wenn geflirtet wurde. Es wurmte sie zutiefst, dass Bodie und seine Kollegen mich »liebreizende Jen« nannten und mir auch sonst viele Komplimente machten. Aber sie hatte auch ein wenig Respekt vor den ruppigen Kripo-Jungs und biss sich daher auf die Zunge.
    »Denken Sie bitte an das, was wir besprochen haben, Jennifer«, sagte sie, warf die strähnigen braunen Haare zurück und eilte mit vorgeschobenem Kinn davon wie eine strenge Schulleiterin.
    »Was wollte die alte Hexe?«, fragte Bodie und verzog das Gesicht. »Sie war vorhin schon mal hier und hat nach dir gefragt.«
    Tatsächlich? Warum schnüffelte sie hier unten herum? Um ein Haar hätte sie mich bei meiner verbotenen

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