Der Preis des Schweigens
Datenbankrecherche erwischt. Ich würde mich vor ihr in Acht nehmen müssen.
»Irgendwie hat sie mich seit Neustem auf dem Kieker«, antwortete ich schulterzuckend.
»Weil du nicht vor ihr die Hacken zusammenschlägst wie eine gehorsame kleine Soldatin? Diese Frau ist ein verdammter Nazi«, schimpfte Bodie und salutierte mit knallenden Fersen, während er gleichzeitig die Finger unter die Nase legte, um ein Hitlerbärtchen zu simulieren. »Wenn sie wirklich dick wäre, wäre sie vielleicht wenigstens eine Ulknudel. Braucht wahrscheinlich mal einen richtigen Mann im Bett, aber ich stelle mich definitiv nicht zur Verfügung. Da könnte ich genauso gut eine Schublade voller Messer und Gabeln bumsen.«
»Marc. Es reicht«, ermahnte ihn der Detective Inspector mit der Missbilligung des Dienstälteren. Dann sagte er zu mir: »Du kommst besser mit rein, Jen, bevor Bodie noch frecher wird und ich ihn an die Dienstaufsicht melden muss.«
Die beiden setzten mich über den »rassistischen« Vorfall in Kenntnis, zu dem ich eine Pressemeldung formulieren sollte. Dafür ist das Gleichbehandlungsgesetz ganz sicher nicht gedacht gewesen, überlegte ich. Ein betrunkener Engländer hatte einen Waliser im Wetherspoons-Pub einen hässlichen Schafficker genannt, woraufhin dieser ihn prompt als nutzlosen englischen Wichser bezeichnet hatte. Daraufhin war eine Prügelei ausgebrochen, die für beide mit einem Krankenhausbesuch geendet hatte. Die Geschichte für die Öffentlichkeit aufzubereiten und einen Zeugenaufruf zu veröffentlichen war eine Sache von zehn Minuten.
Paula machte mir da schon mehr Sorgen. Wenn sie mich tatsächlich an Bodies Computer erwischt hätte, wäre es schwierig geworden, ihr eine plausible Erklärung aufzutischen. Und jetzt, wo ich ihr Paroli geboten hatte, würde sie mich sicher noch genauer im Auge behalten. Ich musste also höllisch aufpassen.
Inzwischen war es drei Uhr nachmittags, und ich holte mir mein Sandwich mit Geflügelsalat aus dem Kühlschrank, bevor ich mich wieder an meinen Schreibtisch setzte. Neben dem Rassismusvorfall musste ich auch noch eine Beschwerde gegen einen unserer Streifenpolizisten an den Detective Inspector weiterleiten und eine Strategie zur »positiven Darstellung der Polizei in der Öffentlichkeit« entwerfen, bevor ich nach Hause gehen konnte.
Serian berichtete mir, dass die dicke Paula wegen meiner angeblichen Abwesenheit vom Arbeitsplatz auf dem Kriegspfad war.
»Sie war dreimal hier und hat nach dir gefragt, du ungezogenes Mädchen!«, krakeelte sie und gab mir einen Klaps auf den Handrücken, wobei sie den missbilligenden Lehrerinnenblick der dicken Paula überzeugend imitierte. Wenn es so weiterging mit Paulas Fixierung auf mich, würden wir uns bald wie Tom und Jerry wilde Verfolgungsjagden durchs Gebäude liefern. Während sie knurrend und grimmig hinter mir herrannte, würde ich um Ecken flitzen, in Büros abtauchen oder mich hinter Getränkeautomaten verstecken.
»Ja, ich bin ihr gerade unten bei der Kripo begegnet«, antwortete ich.
»Ich habe ihr gehörig die Leviten gelesen, weil sie dich ständig schikaniert«, rief Nige quer durchs Zimmer. Was er meinte, war, dass er ihr höflich versichert hatte, wie zuverlässig ich sei und dass ich bestimmt irgendwo im Gebäude einen wichtigen Termin habe. Aber er werde mich gerne daran erinnern, mich das nächste Mal schriftlich abzumelden, wenn ich längere Zeit meinem Arbeitsplatz fernblieb.
»Danke, Nige«, antwortete ich lächelnd.
»Könntest du dich vielleicht ein paar Tage lang besonders gewissenhaft an- und abmelden, damit sie Ruhe gibt? Unnötiger Papierkram, ich weiß, aber diese Büromenschen stehen nun mal drauf.«
»Für dich tue ich doch alles, Nige.«
Er ging dazu über, mir von der neuesten Unverschämtheit eines Reporters von der Sun zu erzählen, der in meiner Abwesenheit angerufen hatte. Ich täuschte Interesse vor und nickte, aber in Wirklichkeit schmiedete ich den Plan, einen kleinen Ausflug nach Pennard zu unternehmen, um dort weitere Nachforschungen über Justin anzustellen.
»Ich habe einen total idyllischen kleinen Ferienort in Griechenland aufgetan«, rief mir Dan entgegen, als ich um sieben Uhr erschöpft durch die Haustür taumelte. Er hatte zwei Tage frei, bevor die nächste Runde Nachtschichten begann, und schien irgendetwas zu kochen. Aus der Küche schlug mir der Geruch von Tomatensoße und Knoblauchbrot entgegen.
»Ach ja, deine Mutter hat angerufen. Wir sollen ihr dringend die
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