Der Preis des Verrats (German Edition)
sterben.
Er wusste, seine Familie wollte ihn nicht verlieren. Und Caitlyn ebenfalls nicht, daran glaubte er.
Wenn ich wieder krank sein sollte, dann beschütze sie wenigstens .
Sie protestierte schläfrig, als er sie zurück in seine Arme zog, aber er wollte ihre warme, seidige Haut dicht an seinem Körper spüren. Ein Entschluss setzte sich in ihm fest. Morgen würde er in der Arztpraxis anrufen und einen Termin machen. Was auch immer ihn erwartete, er würde sich dem stellen.
In das Fläschchen aus Sterlingsilber waren Hal Feingolds Initialen eingraviert. Es war ein Abschiedsgeschenk gewesen, sie hatten es ihm an seinem letzten Arbeitstag bei der Zeitung überreicht. Manchmal gestand Hal sich ein, dass er den Kick vermisste, den die Nachrichtenjagd des investigativen Reporters mit sich brachte – anonyme Quellen in schäbigen Bars treffen, Hinweisen nachgehen, Leute observieren. Wie er sich jetzt so in seinem Lexus versteckt hielt, musste Hal unwillkürlich an die guten alten Zeiten denken.
Er kippte die Flasche und trank einen weiteren Schluck von dem alten Triple Malt Scotch. Spürte das köstliche, langsame Brennen des Alkohols seine Kehle hinunter und in seinen Magen hinein. In einer Nacht wie dieser brauchte man wirklich eine Stärkung. Es war regnerisch, kalt – zur Hölle, es war den ganzen Tag so gewesen. Er hatte den Gottesdienst am Grab von Bliss Harper besucht, hatte mehr als eine Stunde diskret in der Schar der Trauernden ausgeharrt, während der Himmel überihnen seine Schleusen öffnete und es in Strömen goss. Aber er war nicht da gewesen, um der Harper-Familie seinen Respekt zu bekunden, nein.
Vielmehr hatte seine Aufmerksamkeit Caitlyn Cahill gegolten.
Seit einigen Tagen schon keimte ein Plan in Hals Kopf. Ein altbewährtes Konzept, das in zwei kleinen Worten beschrieben werden konnte.
Sex sells .
Auf der Straße vor dem Pflegeheim ihrer Mutter hatte er sie das erste Mal mit Reid Novak zusammen gesehen, dann wieder heute bei der Beerdigung. Novak hatte sich ihr gegenüber wieder beschützend und aufmerksam verhalten. Sehr sogar. Da war so etwas wie echte Vertrautheit zwischen den beiden gewesen. Eine einzige Frage beherrschte seitdem Hals Gedanken. Ob Caitlyn und Novak während der Untersuchungen im ersten Capital-Killer-Fall eine Affäre gehabt hatten?
Wenn nicht, war eines sicher; sie hatten jetzt eine. Hal hatte jemanden um einen geschuldeten Gefallen bitten müssen, um Novaks Privatadresse zu bekommen, aber ein paar Stunden Warten vor dessen Apartment hatte Hals Vermutung bestätigt.
Er hatte gesehen, wie die beiden sich im matten Schein der Straßenlaterne küssten. Caitlyn hatte sich an Novak geschmiegt, während der FBI-Mann die Tür aufschloss. Die Lichter in der Wohnung waren gar nicht erst angegangen. Wenn er sich ausmalte, was gerade in der Wohnung vor sich ging, wurde Hal erregt. Er trank einen weiteren Schluck aus der Flasche, in seinem Kopf wirbelten die schmutzigen Möglichkeiten nur so durcheinander. Diese neue Perspektive – eine sexuelle Beziehung zwischen der Schwester des Capital Killers und dem Mann, der ihn hatte zu Fall bringen sollen – würde für das Aufsehen und das gewisse Extra sorgen, das sein Buch brauchte, um auf die begehrte Bestsellerliste zu klettern.
Zumindest konnte die Enthüllung Caitlyn Cahills Mitarbeit erzwingen. Hal überlegte, welche Informationen sie ihm anvertrauenkönnte, um ihre Liaison mit Novak aus dem Buch herauszuhalten. Eine Erpressung wäre so viel einfacher, als in ihr Haus einzubrechen, wie er es vor einer Weile getan hatte. Er hatte nach einem Tagebuch gesucht – irgendetwas –, das ihm einen persönlichen Einblick in die Familienprobleme der Cahills liefern könnte, aber umsonst, seine Ausbeute war kläglich. Ganz abgesehen davon, war es eine verrückte Nummer von ihm gewesen. Hal grinste in sich hinein. Da sollte noch einer sagen, er wäre nicht willens, für eine gute Story etwas zu riskieren.
Da er annahm, dass er gesehen hatte, was es zu sehen gab, trank er einen letzten Schluck, steckte die Flasche zurück in seine Manteltasche und wollte schon den Motor starten. Aber seine Hand erstarrte auf dem Startknopf.
Ein Mann tauchte aus dem Halbdunkel neben der Treppe auf, die zu dem Apartment hinaufführte. Wie lange war er dort schon gewesen? Neugierig beobachtete Hal, wie der Mann die Stufen hinaufkletterte. Dann stand er draußen vor der Tür, als ob er versuchte, zu lauschen.
Als ob er überlegte, einzubrechen.
Der
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