Der Preis des Verrats (German Edition)
Mann wandte Hal den Rücken zu. Jetzt beugte er sich hinunter, um irgendetwas auf die Türmatte zu legen. Hal griff ins Handschuhfach und tastete nach dem kleinen Feldstecher, den er dort aufbewahrte. Es dauerte nur ein paar Sekunden, die Linsen einzustellen und nachzusehen, was es war.
Hal spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufstellten.
Er wusste genug über die Ermittlungen – besaß genügend Insider-Informationen –, um die Tragweite dessen, was er sah, zu verstehen. Plötzlich merkte er, dass er zu keuchen begonnen hatte, seine Lunge verengte sich vor Erregung. Seit seinen ersten Tagen als Reporter hatte er nichts dergleichen mehr gespürt.
Aller Wahrscheinlichkeit nach beobachtete er gerade, wie der Nachahmer eine Nachricht hinterließ.
Der Mann drehte sich um, und erst jetzt stellte Hal fest, dass er eine Skimaske trug. Kein Wunder, dass sein Gesicht im Halbdunkel nicht zu erkennen gewesen war. Der Mannschaute sich um, schlich die Stufen wieder herunter, bewegte sich rasch zum Ende des kurzen Blocks und bog um die Ecke in die schmale Straße.
Aus einem Impuls heraus öffnete Hal die Autotür und ließ sie angelehnt. Er nahm all seinen Mut zusammen, schob seinen beträchtlichen Leibesumfang vom Fahrersitz und folgte dem Mann.
Wenn der Nachahmer in der kleinen Straße parkte, könnte er womöglich einen heimlichen Blick auf das Autokennzeichen erhaschen, wenn er vorbeifuhr. Er konnte das, so wie früher. Hal stellte sich vor, was für einen Glaubwürdigkeitsschub – und Medienaufmerksamkeit – er bekommen würde, wenn er dem FBI dabei half, den Fall zu lösen. Verstohlen schlich er um die Straßenecke, dem Mann auf den Fersen, und versuchte sein rasendes Herz unter Kontrolle zu bringen. Er zerrte an seiner Krawatte, die ungewohnte Bewegung und die Aufregung waren fast zu viel für ihn.
Ein Fahrzeug stand mit laufendem Motor ein Stück entfernt in der Feuerwehrzufahrt. Ein großer grauer Müllcontainer aus Metall stand davor und entzog den Wagen zum größten Teil seinem Blick. Hal konnte das leise Schnurren des Motors hören. Er ging weiter ins Dunkel der kleinen Straße hinein, blieb aber vorsichtig außer Sichtweite des Wagens, während er seine Hand in die Manteltasche tauchte, um nach seinem allgegenwärtigen Aufnahmegerät zu tasten. Wenn das Auto an ihm vorbeifuhr, würde er das Kennzeichen erfassen und – bumm – Katie Couric, Königin aller Nachrichtenmoderatoren, würde ihn um ein Exklusivinterview bitten.
Im Flüsterton vermerkte er die Zeit in seinem Aufnahmegerät. Siebenundvierzig Minuten nach Mitternacht. Er fing an, das Auto zu beschreiben, die tintenschwarze kleine Straße, all das wollte er in seinem Buch verwenden.
Als Hal die Anwesenheit des Mannes hinter sich bemerkte, war es zu spät. Er spürte die Schnur, sobald sie um seinen fleischigen Hals fiel. Er hatte keine Zeit zu schreien. Die Schnurzog sich augenblicklich zusammen und drückte seine Luftröhre ab. Das Aufnahmegerät fiel klappernd zu Boden, als Hal nach seinem Hals griff und verzweifelt versuchte, die behelfsmäßige Garrotte zu lösen. Doch der Mann hinter ihm war groß und stark und hob Hal beinahe aus den Schuhen. Hals Arme schlugen wild um sich, seine kurzen, dicken Beine zappelten umher. Warmer Urin floss in seinen Hosenbeinen hinab.
Hal kämpfte, bis sein Körper lahm wurde. Der Mann ächzte und mühte sich ab, während er die Schnur noch enger zusammenzog.
Hal spürte, wie sein Herz explodierte.
Als er dreißig Sekunden später auf dem regennassen Asphalt aufschlug, war er bereits tot.
39. KAPITEL
Lärm von draußen vor der Tür durchbrach Reids Schlummer. Er setzte sich auf und rieb sich mit den Händen über das Gesicht. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es noch früh am Morgen war.
„Was ist los?“, fragte Caitlyn müde neben ihm.
Er stand auf und ging zum Fenster. Die Blaulichter von Streifenwagen – vier davon – schnitten durch die Dunkelheit und spiegelten sich in der nassen Straße unter ihm.
„Irgendetwas ist passiert. Bleib, wo du bist.“ Irgendwo fand er Jeans, Sportschuhe und einen Fleecepullover, zog sich an und hastete nach vorne zum Eingang des Apartments, griff dabei nach Waffe und Dienstmarke. Doch sobald er die Tür öffnete, erstarrte er auf der Schwelle. Fünf perfekt ausgerichtete Schachbauern standen auf der Türmatte. Die Figuren waren ein Detail, das nicht an die Presse weitergeleitet worden war. Das hieß, aller Wahrscheinlichkeit nach hatte der Täter selbst sie
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