Der Preis des Verrats (German Edition)
gegeben, dass Joshua mehr Morde begangen hat als nur die sechs, für die er vor Gericht stand. Noch fünf weitere Frauen sind verschwunden. Wusstest du das?“
„Aber es gibt doch keine stichhaltigen Beweise. Du konntest damals überhaupt keinen Zusammenhang herstellen …“
„Joshua hat angeboten, uns eines der Gräber zu verraten, Caitlyn.“ Reid merkte, was für eine Wirkung seine Worte auf sie hatten. Sie schien förmlich in sich zusammenzusacken, sobald ihr klar wurde, dass ihr Bruder für noch mehr Tode verantwortlich war. Er fuhr sich mit einer Hand durchs feuchte Haar und seufzte. „Er will ein Treffen mit dir als Gegenleistung. Meinst du, du schaffst das?“
„Wirst du mich begleiten?“
„Ich werde dich hinbringen. Während des Gesprächs werde ich draußen vor der Tür warten und alles durch das Spiegelfenster beobachten. Es wird dir nichts passieren.“ Er trat näher. „Aber Joshua will dich allein treffen. Das ist die Abmachung.“
Für einen langen Moment war sie still, dann nickte sie.
„Ich muss zurück nach D. C. Wir nehmen Hunter in Haft.“
„Der arme Mann.“
„Er hat uns mit einer Waffe bedroht“, erinnerte Reid sie.
„Er hat vor Trauer und Leid den Verstand verloren. Kannst du das nicht sehen?“
Reid verfiel in Schweigen. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass Hunter nicht ihr Nachahmer war, aber Mitch hatte auch darin recht – Hunters Verhalten machte ihn zu einem brauchbaren Verdächtigen. Wenigstens war er schuldig, Caitlyn verfolgt und sie mit einer tödlichen Waffe bedroht zu haben. Wenn Reid nicht da gewesen wäre – wenn Ruiz nicht aufgetaucht wäre –, ob Caitlyn jetzt bereits tot wäre?
„Gibt es jemanden, bei dem du heute Nacht bleiben kannst, Caitlyn? Ich denke, du solltest nicht allein sein, nicht nach dem, was passiert ist.“
„Manny ist einen Telefonanruf entfernt. Er hat ein Zimmer da oben.“ Sie wies hinauf zum Stockwerk über dem Stall.
„Jemand außer Ruiz.“
Caitlyn verschränkte die Arme über der Brust. Reids Äußerung hatte sie offensichtlich auf einen Gedanken gebracht. „Warum hast du mir nicht erzählt, dass Manny eingesperrt wurde, weil er den Mann verprügelt hat, der seine Tochter misshandelte?“
Reid spürte, wie ihm heiß wurde unter der Haut. „Es geht immer noch um tätlichen Angriff und Körperverletzung. Und Entführung. Ruiz ist immer noch ein Exhäftling, der eventuell oder auch nicht deinen Bruder gekannt hat. Meiner Meinung nach reicht das aus, um ihn von dir fernzuhalten.“
„Das ist nicht deine Entscheidung.“
„Nein“, antwortete Reid knapp.
Caitlyns feuchter Pullover hatte seine Form verloren, hing schlaff über ihre Fingerspitzen und weit über die Hüften hinunter, hüllte sie ein und ließ sie klein und kindlich aussehen. Er konnte das Mitgefühl für Ruiz und auch für David Hunter in ihrem Blick erkennen. Es war nicht gerecht, dass jemand mit einem guten Herzen wie Caitlyn ihr Leben lang an einen Joshua Cahill gefesselt war. Ohne die schändlichen Taten ihres Bruders wäre sie inzwischen zweifellos verheiratet, hätte vermutlich ein Kind oder zwei und würde das privilegierte Leben führen, das ihre Eltern für sie vorgesehen hatten.
Doch stattdessen war sie jetzt schrecklich allein. Reid erinnerte sich, dass sie während der Ermittlungen im Capital-Killer-Fall einen Verlobten gehabt hatte, den aufstrebenden Referenten eines Senators. Ihre Beziehung war nach Joshuas Festnahme beendet gewesen. Reid hatte ihr auch dies zunichtegemacht.
„Du solltest gehen“, sagte sie leise.
Eine gefühlte Ewigkeit blieb Caitlyn in der Dusche stehen, und langsam tilgte der heiße Wasserstrahl die Kälte von ihrer Haut. Sie hatte sich ins Badezimmer im oberen Stock geflüchtet undSophie und Rob im Wohnzimmer zurückgelassen, wo sie sich über den Mann aufregten, der ihr im Wald mit vorgehaltener Waffe entgegengekommen war. Caitlyn war nicht sicher, wer die beiden angerufen hatte, aber sie waren in fast demselben Augenblick angekommen, als die Polizeiwagen die Farm verließen. Reids Geländewagen und Agent Tierneys dunkle Dienstlimousine waren dem Konvoi gefolgt.
Schließlich drehte sie die Dusche ab und blieb kurz inmitten des Wasserdampfs stehen. Sie konnte Reid nicht aus ihrem Kopf verbannen. Weder seinen Kuss noch die unleugbare Glut, die zwischen ihnen beiden schwelte. Und erst recht nicht seine Worte danach, als er ihr sagte, sie wären zu weit gegangen.
Er hat recht, Caitlyn, ermahnte sie sich. Jede Hoffnung,
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