Der Priester
ausgehoben wurde, das in Dublin je entdeckt wurde.
Er meinte, auch in ihren faszinierenden, blauen Augen Überraschung und Freude über das Wiedersehen erkannt zu haben. Eine halbe Stunde lang hatten sie gegen das wilde Wogen der Party angekämpft, waren immer wieder von anderen Menschen angerempelt worden, hatten sich gegenseitig etwas in die Ohren geschrien, wobei sich ihre Wangen gelegentlich wie die von alten Freunden berührt hatten, während sie gemeinsam lachten. Dann hatten sich ihre Wege getrennt, als ein paar Freunde von ihr erschienen waren und sie für sich beansprucht hatten. Und später hatte er nur noch von der anderen Seite des Raums ihren kurzen Blick aufgefangen, als sie mit ihnen ging. Sie hatte gelächelt, er gewinkt, und das war es dann. Davon war er zumindest ausgegangen. Er hatte überlegt, ob er sie anrufen sollte. Aber eine solche Frau, hatte er gedacht, musste einen Partner haben … bis sie ihn ein paar Tage später angerufen hatte. Mark hätte ihr seine Nummer gegeben. Ob er sich auf einen Drink mit ihr treffen würde? Eine ganz direkte Frage, ohne jede Umschweife – noch ein liebenswerter Zug.
»Die sollten Sie lieber wegstecken, sonst müssen Sie sich noch selbst festnehmen«, sagte sie, als sie sich mit einem Drink in der Hand setzte und auf die Zigarettenschachtel deutete, die er auf den Tisch gelegt hatte.
»Ich dachte, vielleicht brauch ich ja einen Grund, um hier schnell wegzukommen«, scherzte Mulcahy.
»Dann müssen Sie sich was Besseres überlegen. Ich rauche selbst hin und wieder eine, also besteht die Gefahr, dass ich mitkomme.«
Sie sah ihn mit ihren saphirblau blitzenden Augen an. Das war das erste Bild gewesen, das er vor Augen hatte, als sie ihn anrief. Dieser Blick.
»Ich hab heute Morgen im Radio gehört, wie Sie über Gary Maloney gesprochen haben«, sagte er. »Offenbar haben Sie da ganz schön Staub aufgewirbelt.«
»Yep«, sagte sie. »Hat großes Aufsehen erregt. Er ist der Lieblingskicker der Nation. Aber morgen wird’s dann in allen Zeitungen stehen – dann ist es nicht mehr so richtig mein Ding.«
Mulcahy begriff nicht, was sie daran störte. Zwar hatte er nie viel von der Klatschpresse gehalten, die im Grunde nur das Privatleben anderer Leute ausschlachtete. Trotzdem interessierte es ihn, wie sie an die Informationen für so eine Story herangekommen war.
»Ach, Sie wissen schon. Quellen, Gerüchte«, erwiderte sie. »Sie sind bei der Polizei, Sie wissen doch, wie so was läuft. Es fängt damit an, dass man die richtigen Leute kennt und zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, um das eine oder andere Gerücht aufzuschnappen. Manchmal werden mir die entscheidenden Hinweise aber auch selbst zugetragen. Jimmy X ist genervt von Johnny Y. Er will Rache üben, ist scharf auf Johnnys Job oder will einfach eine kleine Belohnung abgreifen. Sie kriegen die meisten Hinweise doch auch auf die Tour, oder? Kontaktleute, Informanten, Neid und Missgunst.«
Sie hatte recht. Die Leute glaubten gerne, was sie im Fernsehen sahen. Dass die Polizei einen Fall löste, indem sie sorgfältig ermittelte, Hinweisen nachging oder – noch alberner – indem Hightech-Gerichtsmedizin zum Einsatz kam. In Wahrheit wurden die meisten Fälle jedoch durch die gute alte Intrige oder durch Verrat gelöst. In seinem eigentlichen Arbeitsbereich, der Drogenbekämpfung, sogar noch mehr als woanders, weil es oft um Summen in astronomischen Höhen ging und das Verpfeifen von Rivalen nur eine von vielen Waffen im Köcher eines aufstrebenden Drogenbarons war. Aber ganz egal, ob das stimmte, so leicht würde er sie nicht vom Haken lassen.
»Und erwarten diese Informanten dann auch etwas von Ihnen?«, fragte er. »Als Gegenleistung oder so?«
Sie sah ihn mit einem schwachen Lächeln an, als hätte er sie bei irgendetwas ertappt, sagte jedoch einen Moment lang nichts, während sie offenbar über etwas nachdachte. Dann wurde ihr Lächeln breiter, bevor sie antwortete.
»Oft hängt es davon ab, wie groß der Gefallen war, den sie mir getan haben. Aber in den meisten Fällen bin ich ja diejenige, die ihnen einen Gefallen tut. Indem ich die Story an die Öffentlichkeit bringe. Den meisten genügt das schon.«
»Es ist also ausgeschlossen, dass Sie für so eine Story bezahlen, oder?«
Jetzt war sie auf die Frage vorbereitet. »Ich fürchte, bei einem so heiklen Thema muss ich jeglichen Kommentar verweigern«, sagte sie, jetzt wieder grinsend. »Na ja, Sie wissen ja, dass wir Journalisten unsere
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