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Der Priester

Der Priester

Titel: Der Priester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard O'Donovan
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genommen. Schließlich kam er in Smithfield an und fand einen freien Parkplatz hinter der hohen Steinmauer der ehemaligen Jameson Destillery. Vor ihm brannte die Sonne auf das, was früher der alte Marktplatz war. Im Westen stand eine Reihe neuer Büro- und Apartmenthäuser, deren Eintönigkeit der Umgebung auch noch den letzten Rest von Alter und Tradition entzog. Wie so viele andere Projekte hatten auch diese Bauten viel Geld aufgesogen. Geld, das vor über einem Jahrzehnt, zur Zeit des »Keltischen Tigers«, nach Dublin geschwemmt worden war. Horden von Neureichen suchten damals verzweifelt nach Anlagemöglichkeiten, um ihr Geld vor dem Finanzamt in Sicherheit zu bringen. Die Bauwirtschaft boomte: Baufällige Lagerhäuser und völlig heruntergekommene Gegenden mussten Wellnesstempeln, Yuppies, schicken Apartments, noblen Läden und Cafés weichen. Selbst das alte Kopfsteinpflaster, jahrhundertelang von Hufen, Karren und Tritten glattpoliert, wurde herausgerissen, weggeschafft und durch spiralförmige hellgraue Granitsteine ersetzt.
    Im fernen Madrid hatte Mulcahy immer den Eindruck gehabt, dass der Boom in Irland nicht von Dauer sein konnte. Das neue, reiche Dublin hatte nur wenig Ähnlichkeit mit dem Dublin seiner Kindheit, und jetzt, wo die Wirtschaft im Keller war, sah er, wie die alte Stadt langsam wieder zur Geltung kam. Tausende Wohnungen standen leer, ließen sich weder vermieten noch verkaufen. Der Marktplatz wirkte verloren und staubig wie eine Geisterstadt. Und er wusste, dass die Fixer und Crackheads, die Räuber und Einbrecher alle noch da waren, sich ein paar Straßen weiter versteckt hielten und nur auf ihre nächste Chance warteten. Und die würde kommen. Das konnten auch die vielen schicken neuen Apartmenthäuser nicht verhindern.
    Er prüfte noch einmal, ob er den Wagen abgeschlossen hatte, dann ging er Richtung Fluss und konzentrierte sich auf das Meeting, zu dem er unterwegs war – eine kurze Vorverhandlung mit dem Generalstaatsanwalt im Four Courts. Das war einer der wenigen Fälle, an denen er im letzten halben Jahr gearbeitet hatte, die tatsächlich vor Gericht kamen. Was in erster Linie daran lag, dass praktisch alles in trockenen Tüchern war. Die Colgans, zwei kleine Gauner aus Phibsboro, hatten sich übernommen, als sie auf Bestellung Hightech-Autos klauten und an ihren Auftraggeber lieferten, eine englische Gang, die ihrerseits einen Großteil des illegalen Autohandels in Jordanien, Syrien und dem Libanon beherrschte. Mulcahy war erst im Endstadium in die Ermittlungen eingestiegen, musste aber zugeben, dass er fasziniert war, wieder einmal vom Schreibtisch wegzukommen und an vorderster Front bei der Festsetzung von Verbrechern mitzuarbeiten.
    Als er um die Ecke auf den Arran Quay kam, blickte Mulcahy zur grünen Kuppel des Four Courts hinauf, die vor der Liffey am blauen Himmel herausstach. Ein Lichtblitz lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Menschenmenge, die sich am Haupteingang versammelt hatte. Ein silberglänzender SUV mit dunkel getönten Scheiben fuhr vor und wurde von einer Gruppe Journalisten umschwärmt. Kameramänner drängten sich um die besten Plätze, Blitzlichter zuckten, Mikrofone, Diktiergeräte und Notizblöcke wurden geschwenkt. Er konnte nicht erkennen, wer aus dem SUV stieg, aber das spielte eigentlich kaum eine Rolle. Zweifelsohne irgendein großkotziger Gangster, der die Medien vor dem Prozess angeheizt hatte – und die hatten es wie üblich gefressen. Für einen Moment sah er Siobhan vor sich, dann schob er das Bild beiseite. Natürlich gab es auch die andere Seite der Medaille. Ohne die Enthüllungen der Journalisten würden die Gardaí vermutlich nur die Hälfte der Verbrecher in Dublin kennen. Trotzdem ärgerte er sich, wenn er sah, dass solche Typen wie Prominente behandelt wurden.
    Er ging um die Journalisten herum, dann die Treppe zwischen den großen Granitsäulen hinauf und konzentrierte sich wieder auf den Fall. Beim Betreten der runden, von hallenden Schritten und Gesprächsfetzen erfüllten Marmorlobby hielt er Ausschau nach ein paar Kollegen, mit denen er den Fall bearbeitet hatte. Er blieb stehen, als er hinter sich eine bekannte Stimme hörte.
    »Mike, warte mal eben.«
    Mulcahy drehte sich um und sah, wie Superintendent Brendan Healy in seiner blauen Uniform breit lächelnd zum Abschied einem Anwalt auf die Schulter klopfte und dann durch die Lobby auf ihn zuschlenderte. Er war Mitte fünfzig, ein gewichtiger Mann mit einem zu kleinen Kopf für

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