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Der Priester

Der Priester

Titel: Der Priester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard O'Donovan
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mir leid, dass ich Sie unterbreche, aber ich dachte mir, das muss ich Ihnen sagen.«
    »Also gut, erzähl. Was gibt’s?«
    »Sie werden’s nicht glauben, Chefin. Wir haben das Schwein. In Scullys Garage steht ein weißer Ford Transit mit einem Schweißgerät hinten drin. Ich hab’s prüfen lassen – der Wagen ist tatsächlich auf seinen Namen angemeldet.«
    »Du bist spitze.« Innerlich jubelte Brogan. »Wie sieht’s denn im Wagen aus? Irgendwas, womit ich ihn direkt aus der Reserve locken kann?«
    »Na ja, drinnen ist der ziemlich sauber. Ich hab kein Blut oder so was gesehen, aber als ich das Schweißgerät gesehen habe, bin ich auch sofort wieder raus. Ich dachte, den Rest überlass ich besser der Spurensicherung, weil’s ja ein Tatort ist und so.«
    »Gut gemacht«, sagte Brogan. Sie wies ihn an, die Spurensicherung zu informieren, dass sie den Wagen beschlagnahmen, sofort mit einem Tieflader abholen und untersuchen sollten. »Das hat erste Priorität. Die sollen da nicht mit irgendwelchen Ausreden kommen. War sonst noch was im Haus?«
    »Tja, eigentlich schon, Chefin. Maura hat bei ihm im Schlafzimmer einen Stapel Pornos eingesackt, dazu ein ganz gut gefülltes Haschversteck und einen Haufen Ecstasy-Pillen. So zwanzig, dreißig Stück.«
    Brogans Brust zog sich zusammen. Sie war sicher, dass sie ihren Mann hatten. Mit dem, was sie gefunden hatten, sollte der Rest nur noch reine Formsache sein. »Klasse, Donagh, ihr habt euch selbst übertroffen. Ich geb nachher ’ne Runde Bier für alle aus, ja? Aber jetzt geh ich da erst mal wieder rein und nagel das Schwein fest.«
    Sie unterbrach die Verbindung und gab das Telefon dem Polizisten zurück, der sie aus irgendeinem Grund breit anstrahlte. Sie beachtete ihn nicht, legte die Hand auf den Türgriff, atmete tief durch und erwartete fast, dass Cassidy Scully in ihrer Abwesenheit in Rage gebracht hatte. Aber im Vernehmungszimmer sah es genauso aus wie vorher: Cassidy blickte finster drein, Scully versuchte mit mäßigem Erfolg, unbesorgt auszusehen. Ich werde dir das affektierte Grinsen aus dem Gesicht fegen, dachte sie, als sie sich wieder setzte und Cassidy mit einer Geste aufforderte, das Diktiergerät wieder anzustellen.
    Siobhan wusste, dass sie nicht einfach die Stationen im Krankenhaus durchstreifen konnte. Es war nicht ihr Stil, außerdem würde sie so Aufmerksamkeit erregen. Und der Ruf, dass man so etwas tat, konnte einem Journalisten erheblich schaden. Natürlich hatte es auch keinen Sinn, die Ärzte oder das Verwaltungspersonal direkt anzusprechen. Die würden ihr nichts erzählen – nicht in einer solchen Situation. Die hatten alle viel zu bequeme und gut bezahlte Jobs, um sie für die Neugier einer Journalistin aufs Spiel zu setzen. Bei den Krankenschwestern hingegen bestanden immer gute Chancen: überarbeitet, nicht ausreichend gewürdigt und – was das Entscheidende war – unterbezahlt. Am besten sah es allerdings bei Putzfrauen, Hausmeistern und Hilfskräften aus, den armen Säuen, die die miesesten Jobs für einen Hungerlohn machten und im Allgemeinen bereit waren, für ein paar Scheine jede Information zu besorgen.
    Sie ging davon aus, dass es auch einer von ihnen war, der sie mit dem Anruf überhaupt auf diese Story aufmerksam gemacht hatte – den breiten Dubliner Akzent über dem Knistern der Telefonleitung hatte sie noch im Ohr. Wahrscheinlich hätte sie ihn leicht ausfindig machen können, schließlich war er einer der letzten hier noch vorhandenen Iren. Die meisten Angestellten waren Bosnier, Afghanen, Vietnamesen – Asylbewerber und illegale Einwanderer, denen bei der derzeitigen Wirtschaftslage nichts anderes übrig blieb, als Scheiße, Blut und Kotze vom Fußboden zu kratzen. Selbst die anständigen Bürger, die sich seit zehn Jahren zum ersten Mal wieder in die Schlange für Stempelgeld gestellt hatten, waren sich zu gut für solche Arbeit.
    Sie stand in der Nähe des Krankenhausladens und überlegte, wie sie ihren Informanten ausfindig machen konnte, als das Glück ihr eine einfachere Lösung bescherte. Eine Glocke ertönte, und gegenüber öffnete sich eine Fahrstuhltür. Die große, hagere Gestalt Ivo Pirics watschelte heraus. Der Mann war ihr früher schon eine große Hilfe gewesen. Vermutlich war er noch keine vierzig Jahre alt, aber mit den tiefliegenden Augen, den hohlen Wangen und dem knochigen Körper wirkte er so, als ob er dringender medizinischer Hilfe bedurfte als der alte Knabe, den er in einem Rollstuhl vor sich

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