Der Priester
billigem Blattgold stammten.«
»Und?«
»Na ja, Jesicas Schmuck ist auf keinen Fall billig«, sagte Mulcahy achselzuckend.
»Wieso sind Sie sich da so sicher?«, unterbrach Cassidy ihn. »Wo wir das Kreuz doch gar nicht haben, was Sie uns ja immer wieder unter die Nase reiben.«
»Es kann nicht billig sein. Nicht in dieser Familie. Die sind sehr reich.«
»Vielleicht hat sie es sich selbst gekauft«, sagte Maura McHugh. »Sie wissen doch, wie Mädchen in diesem Alter sind. Vielleicht hing sie auch daran, weil sie es von einem Freund bekommen hat oder so was.«
»Ich hatte den Eindruck, dass es ihr extrem wichtig war.«
»Hören Sie, welche Rolle spielt es, woher das Gold stammt?«, protestierte Brogan und sah auf die Uhr. »Worauf wollen Sie hinaus, Mike?«
Wie ein Ausschlag breitete sich Ungeduld auf Brogans Gesicht aus, während Mulcahy von seiner mittäglichen Begegnung mit den Priestern im Pub und der Eingebung erzählte, die ihm beim Anblick der alten Kreuze und Jesicas Verbrennungen gekommen war. Als er erzählte, wie er die Fotos noch einmal durchgesehen hatte, um seinen Verdacht zu erhärten, fingen auch ein paar andere an, auf ihren Stühlen herumzurutschen. Einen Moment lang kam ihm der Verdacht, dass die Drinks, die er mit Ford getrunken hatte, ihm zu Kopf gestiegen waren und er sich das alles nur eingebildet hatte. Diesen Gedanken schob er jedoch sofort wieder beiseite.
»Ich habe mich daher gefragt, ob das Ganze nicht eine religiöse Komponente hat, die wir bisher nicht richtig in Betracht gezogen haben. Oder sogar, ob das Hauptmotiv des Angreifers womöglich gar nicht sexueller Natur war.«
»Ach, verdammte Scheiße!« Ganz hinten aus der Gruppe. Cassidy hatte eindeutig genug gehört, und er würde mit seiner Meinung nicht hinterm Berg halten. Er musterte Mulcahy mit vorgeschobenem Kinn. Alle glotzten ihn an, warteten gespannt auf seine nächsten Worte.
Doch Brogan ging dazwischen. »Wie schon gesagt, Inspector, mir ist klar, dass Sie neu in diesem Bereich sind.« Sie starrte Mulcahy unverwandt an, als wollte sie sagen, dass ihre unermessliche Geduld auch einmal zu Ende ginge. »Und dass Sie in den letzten Tagen viel Zeit hatten. Das Entscheidende heute Abend ist jedoch, dass wir einen Verdächtigen in Gewahrsam genommen haben und versuchen, die Anklage gegen ihn vorzubereiten – wir wollen unsere bisherigen Ergebnisse nicht demontieren und noch einmal von vorne anfangen. Und in diesem Fall geht es um schwere Vergewaltigung, denn genau das hat die kleine Jesica erlebt.«
»Ich will hier nichts demontieren«, erwiderte Mulcahy. »Ich habe nicht einmal angedeutet, dass Scully nicht der Täter wäre. Ich wollte nur sagen, dass es besser wäre, alle Fakten zu kennen, wenn Sie morgen in den Vernehmungsraum gehen, und nicht nur die Hälfte.«
»Und was genau habe ich übersehen?«, fragte Brogan.
»Na ja, zum ersten haben wir noch kein Motiv.«
Jetzt reichte es Cassidy. Er schob den Stuhl so ruppig zurück, dass die Metallbeine laut kratzten, stand auf und prustete Mulcahy entgegen: »Was wollen Sie denn noch für ein Motiv? Er hat seinen Spaß nicht gekriegt, also ist er zurückgekommen und hat sich geholt, was er wollte, und wo er gerade dabei war, hat er dem Mädel gleich noch eine Lektion erteilt.«
»Und Sie glauben wirklich, das wäre ein ausreichendes Motiv für einen der brutalsten Überfälle, von dem wir alle hier bisher gehört haben?«, fragte Mulcahy. »Ein Überfall, den Sie selbst, bevor Sie sich auf Scully eingeschossen haben, alle für vorsätzlich und sorgfältig geplant hielten?«
Cassidy hatte darauf keine Antwort, die brauchte er allerdings auch nicht, weil Brogan sofort dazwischenging.
»Schluss jetzt, Andy. Und setz dich hin.«
Sie musterte ihre Handrücken, bis Cassidy sich, leise vor sich hin fluchend, wieder gesetzt hatte.
»Okay, Inspector«, fuhr Brogan fort, »da mag durchaus etwas dran sein. Aber denken Sie daran, bloß weil Scully Jesica in einem Club aufgerissen hat, bedeutet das nicht, dass er den Überfall nicht bis ins Detail geplant haben kann – mit Ausnahme der Wahl seines Opfers. Ich bin jedenfalls davon überzeugt, dass wir uns erst einmal damit auseinandersetzen müssen, was Scully getan hat. Ich hoffe nur, dass ich bald die Ergebnisse von der Spurensicherung bekomme und ihn damit festnageln kann. Über das Warum und Weshalb können wir uns dann später unterhalten. Also … an die Arbeit.«
Doch Mulcahy konnte die Angelegenheit nicht auf sich
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