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Der Priester

Der Priester

Titel: Der Priester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard O'Donovan
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ansehen. Was halten Sie davon?«
    »Ich finde das sehr spontan von Ihnen.« Er lächelte.
    »Seien Sie sich da nicht so sicher. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich Sie aufgespürt habe.«
    »Ich hoffe, das war ich wert«, sagte er lachend und entspannte sich, als er den Entschluss fasste, einfach mitzuspielen.
    »Ich muss zugeben, dass es ein bisschen gewagt war.« Sie stand da und blendete ihn fast mit ihrem Lächeln. »Andererseits kann man nie wissen. Was ist, kommen Sie mit oder nicht?«
    Sie wartete nicht auf die Antwort, sondern drehte sich einfach auf dem Absatz um, öffnete ihre Autotür und setzte sich auf den Fahrersitz.
    Brogan saß allein oben in der Abgeschiedenheit ihres Büros im vierten Stock über ihren Schreibtisch gebeugt, bekreuzigte sich auf eine nur halb ironische Art, nahm dann den Telefonhörer ab und verfluchte Mulcahy und Cassidy. Ohne deren Machostreit hätte sie es vielleicht noch rechtzeitig nach Hause geschafft. Doch diese zusätzlichen zehn Minuten hatten alles vermasselt, weil sie dann noch einen Anruf von Dermot Rafferty von der Spurensicherung bekommen hatte, der meinte, er hoffe, schon innerhalb der nächsten Stunde ein paar vorläufige Ergebnisse aus Scullys Lieferwagen zu haben, und wenn sie so lange warten wollte … Tja, was hätte sie dazu sagen sollen? Nein, ich muss jetzt sofort nach Hause, weil mein Mann sonst seinen Penny-Poker-Abend verpasst? Yep, alles klar. Außerdem hätte sie in diesem Moment sowieso schon ein Wunder oder eine Motorradeskorte gebraucht, um rechtzeitig nach Tallaght zu kommen.
    Sie wählte ihre Festnetznummer, sprach mit Aidan, und als sie den Hörer wieder auf die Gabel legte, kam sie sich vor, als wäre ihre Seele wieder einmal um einen kleinen, aber merklichen Prozentsatz zusammengeschrumpft. Er hatte weder gejammert noch geflucht oder geschrien. Wahrscheinlich hätte sie sich dann besser gefühlt. Stattdessen hatte er es wie üblich etwas mürrisch zur Kenntnis genommen und mit ein paar unwilligen, knappen Worten akzeptiert. Sie wusste genau, dass sie dafür in den nächsten Tagen mit Schweigen bestraft werden würde. Zum tausendsten Mal verfluchte sie sich, dass sie auch nur den Vorschlag gemacht hatte, er solle seinen Job an den Nagel hängen, zu Hause bleiben und den Hausmann geben. Dabei schien es damals eine so gute Idee zu sein.
    Sie beäugte die Papiere auf ihrem Schreibtisch, überlegte, wie sie die Stunde Wartezeit sinnvoll nutzen könnte, als sie aus der Ferne hörte, wie ein Automotor laut aufheulte. Sie lehnte sich auf dem Stuhl nach hinten, blickte aus dem Fenster auf die Straße, wo ein rotes Cabrio rücksichtslos aus einer Parkbucht auf die Straße raste. Irgend so ein Kerl mit winzigem Pimmel von der Drogenfahndung, war ihr erster Gedanke. Der scheinbar sofort bestätigt wurde, als sie zu ihrer Überraschung Mulcahy auf dem Beifahrersitz erkannte. Doch dann sah sie ein paar dunkle, lockige Haare und eine kleine Gestalt auf dem Fahrersitz, und ihr wurde bewusst, dass eine Frau am Steuer saß. Nur den Bruchteil einer Sekunde später war Brogan aufgesprungen und drückte die Hände gegen die Scheibe, als der Wagen eine reifenzerfetzende Wende fuhr, quer über die Straße schoss und gegenüber in der Hatch Street verschwand. Sie blieb am Fenster stehen, bis sie ein Klopfen hinter sich hörte und die Tür geöffnet wurde.
    »Alles klar, Chef?«
    Es war Cassidy, der seine Neugier unter einer besorgten Miene versteckte.
    Sie überlegte, ob sie ihm erzählen sollte, was sie gerade gesehen hatte. Verspürte durchaus Lust, den saftigen Knochen mit ihm zu teilen, den man ihr gerade zugeworfen hatte. Aber in Cassidys Händen wäre es doch nur eine stumpfe Waffe gewesen. So etwas musste man sich aufsparen, um es dann im richtigen Augenblick einzusetzen.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ja, gut. Danke, Andy. Da draußen fährt nur wieder mal irgendjemand wie ein Irrer.«
    »Ja, das hab ich gehört.«
    Auf wundersame Weise löste sich der dichte Feierabendverkehr vor ihnen auf. Als sie den Marlay Park hinter sich gelassen hatten und auf die Ticknock Road kamen, war er ganz verschwunden, so dass sie auf den schmalen, kurvigen Straßen, die in die Dublin Mountains hinaufführten, oft das einzige Auto waren. Es war Jahre her, seit Mulcahy hier herausgefahren war, und er war fasziniert, als er sich erinnerte, wie schnell man der Stadt entfliehen konnte. Vor nicht einmal einer halben Stunde waren sie in den Wagen gestiegen, und schon waren sie ein

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