Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
erstaunlich, wenn man bedenkt, wie viele Männer in jener Nacht hinter uns her waren. «
» Warte – vor vier Wochen? Das Lagerhaus? Das wart ihr? « , fragte Gibean.
» Klar. Hättest ihn sehen sollen, er hatte die Ruhe weg, schon fast wie ein Alter, Gabba. «
Gibean schlug Vil anerkennend auf den Rücken. » Das traut man dir gar nicht zu, Kleiner. «
Vil nickte, aber eigentlich interessierte ihn zuallererst das Geld. » Ist denn das, was wir geholt haben, inzwischen verkauft? «
» Nein, ist es nicht, aber der Boss meinte, ich soll dir deinen Anteil trotzdem schon geben. Deshalb habe ich dich hierherbestellt « , meinte Peker und warf ihm einen Lederbeutel zu.
Vil schnürte ihn mit zitternden Fingern auf und ließ die Kronen in seine Hand gleiten. Es waren Sechskronenstücke, zehn an der Zahl. Er zählte sie zweimal und konnte kaum glauben, dass er so viel Geld in den Händen hielt.
» Hast du Interesse daran, das da zu verdoppeln? « , fragte Gibean, der die Münzen mitzuzählen schien. » Ich hätte da eine Sache laufen, die sich für dich lohnen könnte. «
» Und was es auch ist, ich rate dir, die Finger davon zu lassen « , rief Peker lachend.
» Du weißt doch gar nicht, worum es geht « , meinte Gibean verdrossen.
» Vergiss es, Gabba. Vil gehört jetzt zu uns, er ist für deine kleinen Betrügereien tabu. «
» Hier geht es aber nicht um Betrug, und es könnte sich wirklich für dich lohnen, Kleiner. Eine blitzsaubere Sache. Ich kenne da einen Würfelspieler, der mich, ich meine, uns, an seinen Gewinnen beteiligen würde, wenn wir ihm und seinen Würfeln einen guten Tisch in einer der besseren Tavernen besorgen. Denk drüber nach! «
» Ich glaube, ich halte erst einmal zusammen, was ich habe « , erwiderte Vil und stopfte die kühlen Münzen zurück in den Beutel.
» Das ist gut. Aber es wird dennoch nicht reichen, nicht für das, was du kaufen willst « , sagte eine weibliche Stimme.
Der Vorhang hatte sich einen Spalt geöffnet, jetzt wurde er weiter zurückgeschlagen, und eine schmächtige Gestalt trat ein, das Gesicht unter eine dunklen Kapuze fast ganz verborgen.
» Ah, Skari, ich habe mich schon gefragt, wo du bleibst « , begrüßte Peker sie.
Das Mädchen schlug die regenasse Kapuze zurück, und über dem schmalen Gesicht zeigten sich dichte Büschel schneeweißer Haare.
Vil öffnete den Mund, aber er brachte kein Wort heraus.
» Sei froh, dass du hier drinnen bist, sonst würde es dir ins Maul regnen « , sagte Skari und klang gereizt.
» Du … du … bist eine Gesegnete! « , platzte es schließlich aus Vil heraus.
» Und? « , fragte das Mädchen.
Und?, dachte Vil entgeistert. Seine Mutter hatte ihm viele Dinge verboten, und ganz oben auf der langen Liste der Menschen, mit denen sich ein Merson oder Gremm niemals abgeben durfte, noch vor den Galeerensträflingen, standen die Gesegneten. Und nun drängte sich dieses blasse Mädchen ans Feuer, sah ihn herausfordernd an, und er wusste nicht, was er sagen oder tun sollte.
» Du willst also etwas kaufen, Vil? « , sagte Gibean, und sein Blick war immer noch auf den Beutel in Vils Hand gerichtet. » Ich kann es vielleicht für dich besorgen. Was ist es denn? «
» Nichts, was du besorgen könntest, Gabba « , antwortete die Gesegnete an Vils Stelle. » Und außerdem hat er noch lange nicht genug Geld. «
» Nicht genug? « , fragte Vil und starrte auf den Schatz in seinen Fingern.
» Bei weitem nicht. «
» Das heißt, du wirst noch ein paar Dinger mit uns drehen müssen, Vil « , rief Peker, und diese Aussicht schien ihm bedeutend besser zu gefallen als Vil.
Skari setzte sich, ohne erst zu fragen, direkt neben Vil ans Feuer, der sich sehr befangen fühlte. Er hatte die dunkelsten Geschichten über die Gesegneten gehört, die man, wenn es nach seiner Mutter gegangen wäre, eigentlich die Verfluchten hätte nennen sollen, und all diese halb vergessenen Märchen von weißhaarig geborenen Hexern, die Kinder raubten, den Tod herbeiwünschen und sich in Luft auflösen konnten, kamen ihm nun wieder in den Sinn.
» Die meisten schon « , raunte Skari ihm halblaut zu.
» Was? « , fragte er verdattert.
» Sie sind wahr, jedenfalls die meisten Geschichten, die man sich über uns erzählt. «
» Kannst du etwa meine Gedanken lesen? « , fragte Vil bestürzt.
Skari grinste dünn und erwiderte: » Nein, das ist bloß das, was sich alle zuerst fragen, wenn sie einem von uns begegnen. «
» Sag mal, Gabba, hättest du nicht noch
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