Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
halb aufgestanden, sank wieder in seinen Sessel und wartete, bis die Pforte ins Schloss gefallen war. Er fühlte sich zutiefst unglücklich, und das aus mehr Gründen, als er hätte benennen können.
Auch am nächsten Morgen wich dieses Gefühl nicht. Seine Frau schien es zu bemerken, sagte aber nichts, und er war froh, dass er sich nicht erklären musste. Nach einem kargen Frühstück verließ er das Haus und stieg hinauf auf den Tempelberg, um das Treffen mit diesem Bruder Ifid von den Scholaren hinter sich zu bringen.
Vor der mächtigen Pforte blieb er noch einmal stehen. Er fand, dass Akademie ein sehr bescheidenes Wort für dieses ehrfurchtgebietende Gebäude war. Es lehnte sich an die alte Festung von Xelidor an und ragte hoch und mit ausladenden Flügeln in den Himmel.
Obwohl er nun schon so lange auf dieser Insel lebte, hatte Gremm die Akademie noch nie betreten, und er tat es nun mit gemischten Gefühlen und besorgten Gedanken, die meist um die Geheimnisse kreisten, die er unfreiwillig mit sich herumschleppte.
Ein junger Scholar führte ihn durch schmale Flure und über Treppen schließlich in einen überraschend hellen Raum, wo er bereits erwartet wurde.
» Ah, Menher Gremm! Ich bin erfreut, Euch zu sehen. Setzt Euch doch. Ich bin Bruder Ifid, und im Namen der Bruderschaft der Weißen Schriften gratuliere ich Euch zu Eurer Kandidatur. « Er schüttelte ihm so überschwänglich die Hand, dass seine weiße Robe von der Schulter rutschte.
» Danke « , sagte Gremm, leicht überfordert von der überbordenden Freundlichkeit dieses Menschen. Er nahm den angebotenen Platz ebenso wie den Tee an und fragte dann: » Warum wolltet Ihr mich sprechen, Bruder Ifid? «
» Wie? Oh, entschuldigt. Wir müssen uns noch einen Augenblick gedulden. «
» Gedulden? «
» Ja, Augenblick. Es kann nicht lange dauern « , sagte Bruder Ifid freundlich, aber er verriet nicht, auf wen oder was sie warten mussten. Gremm spürte ein flaues Gefühl in der Magengegend. Konnten die Scholaren schon von seinem gestrigen Besucher wissen? Aber die Einladung hatte er doch erhalten, bevor er Merson getroffen hatte. Dennoch, vielleicht wussten diese Leute so etwas vorher.
Endlich öffnete der junge Scholar eine andere Tür, die Gremm vorher gar nicht bemerkt hatte.
Bruder Ifid erhob sich rasch, Gremm, einen Augenblick zu verblüfft, um sich zu bewegen, sprang mit Verspätung auf.
» Seid gegrüßt, Menhers « , sagte der neue Gast schlicht.
» Ihr … Ihr seid der Archont! « , platzte es aus Gremm heraus. Noch nie war er diesem Mann so nah gewesen. Natürlich saß der Archont jeder Sitzung der Versammlung vor, aber ihn umgab eine Aura der Unnahbarkeit. Nie ergriff er das Wort, nie durfte ein einfaches Mitglied der Versammlung ihn direkt ansprechen. Und nun spazierte er in einem dunkelgrünen Mantel und auf einen Stock gestützt hier herein, als sei es das Alltäglichste der Welt.
» Ich weiß, wer ich bin « , erwiderte der Mann schließlich mit einem schmallippigen Lächeln, » doch wisst Ihr auch, wer Ihr seid, Gremm? «
» Ich, Exzellenz? «
» Ihr seid der einzige Gremm in diesem Raum, oder? Ich kannte Euren Vater und Euren Großvater. Das waren tüchtige Männer, die es verstanden, den eigenen Nutzen immer mit dem Nutzen der Stadt zu verknüpfen, und sie waren nicht zimperlich, wenn es galt, ihre Interessen zu verteidigen, ja, manchmal auch gegenüber der Stadt, doch so ist es nun einmal in Xelidor. Doch Ihr, Gremm, Ihr seid aus einem anderen, einem viel weicheren Holz geschnitzt. «
Gremm starrte den Mann an. Ihm fiel ein, dass er ihn noch nie hatte sprechen hören, und jetzt vernahm er diese Stimme, wohlklingend, doch irgendwie auch scharf und durchdringend. Sie erinnerte ihn an ein Schwert.
» Sagt mir also, Gremm, was bei allen Himmeln bewog Euch, für den Hohen Rat zu kandidieren? «
» Ich verstehe die Frage nicht, Exzellenz « , stieß Gremm hervor, um Zeit zu gewinnen.
» Kommt schon, Gremm, Ihr versteht mich sehr gut, denn dumm seid Ihr gewiss nicht. Gutgläubig, vielleicht. Also, was, und vor allem wer steckt dahinter? «
Gremm überlegte fieberhaft, ob er es wagen konnte, diesen Mann zu belügen. Aber wenn der Archont fragte, so hieß das doch, dass er es nicht wusste. Also sagte er: » Die jungen Kauffahrer kamen zu mir, Menher. Sie sind unzufrieden mit der Art, wie Telius Nestur, der doch einst ihr Sprachrohr war, die Dinge handhabt, und fühlen sich durch ihn nicht gut vertreten. « Das war doch wenigstens
Weitere Kostenlose Bücher