Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
gegangen war.
Vil nickte.
» Hatte er schlechte Nachrichten? Du siehst nicht gut aus, mein Junge. «
» Nein, alles in Ordnung, Meister. «
» So? Meinetwegen. Aber wenn du meine Meinung hören willst – dieser Schneidergeselle ist kein Umgang für dich. Irgendetwas in seinem Gesicht oder seiner Haltung sagt mir, dass er es mit der Ehrlichkeit nicht so genau nimmt. Also nimm dich in Acht, Vil! «
» Ja, Meister « , antwortete Vil, dem das Blut in den Ohren pochte. Endlich, endlich hatte er einen Weg gefunden, seine Schwester zu retten.
Seine Euphorie währte jedoch nicht sehr lange, denn Gibean verlangte, als sie sich am nächsten Abend im Goldenen Kelch trafen, zwanzig Kronen, allein um den Mann zu fragen, und weitere achtzig, um ihn zu bestechen.
Vil hatte jedoch keine hundert Kronen und wäre Gibean fast an die Gurgel gegangen, doch Peker ging rechtzeitig dazwischen, flüsterte Gibean ein paar Sätze ins Ohr und handelte ihn schließlich auf sechzig Kronen herunter. » Aber dafür schuldest du mir was « , meinte er düster und verlangte auch die Hälfte im Voraus.
» Komm schon, das ist nicht mehr als recht und billig « , meinte Peker, als Vil zögerte, sich darauf einzulassen.
Eine Woche darauf hieß es schließlich, der Mann sei bereit, sich mit Vil zu treffen.
» Und wenn das eine Falle ist? « , meinte Vil, plötzlich wieder völlig verunsichert. » Ich meine, der Mann kennt mich schließlich. «
» Es ist keine Falle « , sagte Skari, die nur selten zu ihren Treffen erschien, an diesem Abend aber wieder neben Vil am Feuer in der Nische unter dem großen Stützbogen der Arenamauer saß. Vil hatte Peker einmal gefragt, ob er hier wohne, aber der hatte gelacht und behauptet, das sei nur sein Laden für alles Geschäftliche, aber er verriet Vil nicht, wo er stattdessen hauste.
» Hast du es gesehen? «
» Ich habe etwas gesehen, ja, aber es ist undeutlich. Ihr werdet Euch in einem leerstehenden Haus verabreden, und ich sah dich herauskommen. «
» Das mit dem leerstehenden Haus stimmt « , sagte Gibean ehrfürchtig.
» Und wann? « , fragte Vil.
» Morgen Abend. «
Peker bot an, Vil zu begleiten, und Gibean brachte den Wachmann zum vereinbarten Ort, einer Ruine am Rande des Katzenviertels. Das Treffen fand im Dunkeln statt, was Vil nur recht war, denn es war ihm lieber, der Mann erkannte ihn nicht gleich.
» Ihr bringt mich in Schwierigkeiten, große Schwierigkeiten « , wand sich der Wächter.
» In die hast du dich selbst gebracht, mein Freund « , meinte Gabba gleichgültig.
» Schön. Aber danach ist die Sache vergessen? «
» Klar. «
Vil wusste nicht, von welcher Sache die Rede war, aber es war ihm auch gleich. Er wollte nur wissen, wann er seine Schwester endlich wiedersehen würde.
» In drei Nächten, am Tempeltag, denn das Triefauge, unser Hauptmann, verbringt diese Tage und Nächte neuerdings außerhalb. Wie es heißt, hat er ein Weib gefunden. Jedenfalls ist das die einzige Möglichkeit, denn die anderen werden nichts dagegen haben, dass ich ihre Wache übernehme. Doch wie kann ich das Mädchen dazu bringen, mir zu vertrauen? Ich kann schlecht in die Hütte des Eisenkönigs einbrechen, aber die Wände sind dünn, und so kann ich sie vielleicht rufen, ohne dass es Geffai bemerkt. «
» Bringt ihr einfach Grüße von Vil und nennt sie Tiri, dann weiß sie, dass sie Euch folgen kann. «
» Und damit ist diese unselige Sache zwischen uns wirklich endgültig aus der Welt, Gabba? «
» Klar, du hast mein Wort. «
Bis zum Tempeltag konnte Vil kaum schlafen, und Meister Turro sah ihn mehr als einmal sehr besorgt an und fragte, ob denn wirklich alles in Ordnung sei. Vil überlegte, ob er dem Mann sagen sollte, dass er seine Schwester so gut wie befreit hatte, doch er entschied sich dagegen. Er wollte es nicht beschreien, auch hätte er nur schwer erklären können, wie er dieses Wunder bewerkstelligen wollte. Also schwieg er und platzte doch fast vor Anspannung.
Der Tempeltag kam, und die Stunden schienen zu kriechen. Er war viel zu früh in Pekers » Laden « und wusste doch nichts mit sich anzufangen.
» Nur die Ruhe, Vil. Er wird auf keinen Fall vor Mitternacht dort sein, eher gegen Morgen, denke ich « , meinte Peker.
Natürlich hatte er recht, aber Vil hielt es nicht länger aus. » Du findest mich in diesem Haus, Peker « , rief er und war schon draußen, bevor er eine Antwort hatte.
Die Hausruine lag verlassen und still. Ein kalter Nordwind pfiff durch die leeren
Weitere Kostenlose Bücher