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Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Titel: Der Prinz der Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Dolch noch an seinem Platz im Gürtel war, und glitt lautlos durch den Flur. Er lauschte auf das leise Atmen, das aus einer der Kammern drang. Er zögerte einen Augenblick, aber dann schlüpfte er ins Schlafzimmer.
    Das schwere Bett stand zwischen den beiden schmalen vergitterten Fenstern, ein Mann und eine Frau schliefen darin, schwarze Umrisse in der Dunkelheit. Er suchte eine Kerze, entzündete sie und betrachtete die beiden Schläfer. So sieht also Inos Frau aus, dachte er. Er wusste nicht, was er erwartet hatte, aber diese Frau war klein, untersetzt, unauffällig. Sie hätte auch die Frau eines Bäckers oder Schusters sein können, aber sie war die Frau vom Boss geworden. Und gleich würde sie seine Witwe sein.
    Der Boss lag neben ihr auf dem Rücken und schlief mit offenem Mund. Vil zog den Dolch aus der Scheide – Ino schien zugenommen zu haben in dem Jahr, in dem Vil nicht in der Stadt gewesen war, aber sonst wirkte er kaum verändert. Selbst im Schlaf lag etwas Brutales in seinen Zügen.
    Vil atmete noch einmal tief durch, dann stieß er den Mann mit dem Knauf seines Dolches an, erst einmal, dann noch einmal, dann, als Ino langsam die Augen öffnete und sich murmelnd über die nächtliche Störung beschwerte, zog er sich ein wenig zurück.
    Der Boss sah ihn, glotzte ungläubig und richtete sich vorsichtig auf.
    Vil legte einen Finger auf die Lippen und deutete mit dem Kinn auf die schlafende Frau.
    Ino runzelte die Stirn, nickte, setzte sich auf die Bettkante und schüttelte sich einen Augenblick. Dann griff er unter sein Kopfkissen und zog ein kurzes Schwert hervor. » Du hast Nerven « , zischte er.
    » Ich hatte Sehnsucht nach Euch « , erwiderte Vil leise und zog sich in den Flur zurück.
    Der Boss folgte ihm im Nachthemd, das Schwert in der Hand. Er schloss die Tür. » Was soll das werden, Vil? «
    » Da ist noch etwas zwischen uns offen, Ino, und ich bin zurückgekehrt, um die Rechnung zu begleichen. «
    » Dieses Mal werde ich es aber nicht bei einer Tracht Prügel belassen, Kleiner. Du hast mir eine Menge Scherereien gemacht. Und das alles wegen dieser kleinen Hure. «
    » Sie ist meine Schwester. « Vil blieb ruhig. Er würde nicht wie beim letzten Mal brüllend vor Wut auf den Mann losgehen. Nein, er hatte ein ganzes Jahr Zeit gehabt, sich auf diesen Kampf vorzubereiten.
    » Eine Hure, sonst nichts « , zischte der Boss, der offensichtlich versuchte, ihn zu provozieren. » Sie gehört immer noch mir, Kleiner, und ich will sie zurück. Ist sie auch in der Stadt? Gut. Dann werde ich sie bald selbst ausprobieren, sie einreiten für die Kunden, die sicher Schlange stehen werden. «
    » Nur über meine Leiche « , erklärte Vil gelassen.
    » Kannst du haben « , stieß der Boss hervor und griff an.
    Vil lenkte den Streich mit seiner Klinge ab, und das Schwert bohrte sich in die Wand. Putz bröckelte auf den Boden.
    » Was ist denn los, Ino? « , rief die Frau gähnend aus der Schlafstube.
    » Nur eine Ratte, meine Schöne. Schlaf weiter, ich hab sie gleich. «
    Er griff wieder an, trieb Vil in die Enge, aber sein letzter Schlag ging ins Leere, und als der Boss noch auf nackten Füßen um sein Gleichgewicht kämpfte, sprang Vil vor und stieß dem Mann den Dolch in die Brust. Die Klinge glitt über eine Rippe und tief ins Fleisch. Er riss sie wieder heraus. Das Nachthemd verfärbte sich rot.
    » Komm wieder ins Bett. Du holst dir noch den Tod « , rief es aus der Stube.
    » Sie ist so gut wie erledigt, Schatz « , erklärte der Boss stockend.
    Vil deutete auf die Wunde.
    Ino folgte dem Wink. Das Schwert fiel zu Boden. Er fasste sich an die Brust, ächzte, und ging in die Knie. » Aber, wie …? «
    Vil packte ihn an den Haaren und verhinderte, dass er ganz zu Boden sackte. Er sah ihm in die Augen. Er wollte irgendetwas Bedeutendes sagen, er hatte sich in den Monaten, in denen er auf seine Rache gewartet hatte, sogar schon ein paar passende Dinge ausgedacht, etwas in der Art, dass man einem Merson und Gremm eben niemals den Fuß in den Nacken setzen dürfe, aber das wäre ihm jetzt lächerlich vorgekommen.
    Der Mann starb, und vor dem Tod hatte Vil Respekt. Er hielt den Boss fest, bis seine Augen mit einem Seufzer brachen, dann ließ er ihn langsam zu Boden sinken. Er sah gar nicht mehr stark und brutal aus, als er in seinem Nachthemd tot im eigenen Blut lag.
    Vil schlich vorsichtig zur Tür und spähte hinaus. Es wurde allmählich hell, und die ersten Menschen waren im Altkaiserviertel unterwegs. Aber

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