Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
Ihr das, Exzellenz, wem sagt Ihr das? Aber Meister Unar, der Mann, den ich für diese Aufgabe im Auge habe, ist etwas eigen. Er weiß leider, dass er gute Arbeit liefert, und er sieht die Träger seiner Rüstungen lieber selbst in seiner Werkstatt, als meinen Zahlen zu trauen. «
Gremm seufzte. » Ich bin kein Prinz und kein König, und ich habe auch nicht vor, mit diesem Stück Blech auf der Brust in einen Krieg zu ziehen. Vor allem aber fehlt mir die Zeit für einen Spaziergang hinüber auf die Stahlseite. Sagt ihm das. «
» Lieber nicht, Exzellenz, denn Blech, für eine Arbeit aus Stahl und Silber, das könnte er als Beleidigung auffassen. «
» Dann sagt ihm, was Ihr wollt, Meister, nur dass mir das Gewand vor dem übernächsten Tempeltag fertig wird! «
» Gewiss, Exzellenz, gewiss, das wird es. «
Als sich der Schneider unter etlichen Bücklingen entfernt hatte, setzte sich Gremm in die kleine Schreibstube, in der er seine Arbeit zu erledigen pflegte. Er strich mit dem Finger lächelnd über das Schreibpult. Staub. Früher wäre hier kein Platz für Staub gewesen, denn alles war stets mit Papieren zugedeckt gewesen.
Aber vieles hatte sich seit der Wahl vor einem Jahr geändert. Er führte jetzt ein Kontor unten am Hafen, und ein neuer Verwalter kümmerte sich um all die lästigen Kleinigkeiten, die das Leben eines Fernhändlers und Kauffahrers so unerquicklich machen konnten. Der Mann, eine Empfehlung seines jungen Freundes Vinir, war tüchtig, vor allem packte er die Dinge selbst an, statt auf Befehle zu warten. Und er war ehrlich, soweit Gremm das beurteilen konnte. Am Anfang hatte er sich die Bücher noch täglich zeigen lassen, hatte unangekündigt die Lagerbestände in den Warenhäusern überprüft und Ladelisten verglichen, doch das hatte er bald eingestellt. Jetzt warf er nur noch alle zwei oder drei Wochen einen Blick in das Hauptbuch und war fast gar nicht mehr draußen im neuen Kontor oder in den Hallen, die er angemietet hatte.
Gremm schob ein paar Pergamentrollen zur Seite. Die schweren Beutel mit den Kronen, seine Notgroschen, waren noch an Ort und Stelle. Er lächelte. Früher hatte er dort eine kleine Börse mit einhundert Kronen aufbewahrt, für den Fall der Fälle. Nun warteten dort zweihundert Sechskronenmünzen auf einen Tag der Not, der hoffentlich niemals kommen würde.
Er warf noch einmal einen Blick in den Bericht, den Vinir für ihn verfasst hatte. Der Bau der neuen Mole wurde nur schleppend angegangen, und der junge Kauffahrer hatte vermutlich recht, wenn er behauptete, dass Telius Nestur für die Verzögerung verantwortlich war. Gremm seufzte. Nestur war ein Stachel in seinem Fleisch. Seit er ihn aus dem Hohen Rat verdrängt hatte, unternahm der Mann alles, um ihm das Leben schwer zu machen. Er verfügte immer noch über gute Verbindungen, aber viel erreichte er nicht. Er war eher wie ein lästiger kleiner Kläffer. Gremm musste wieder lächeln, als er sich Nestur als struppigen Hund vorstellte. Er schüttelte den Kopf, weil ihm gerade wieder auffiel, wie oft er in letzter Zeit lächelte.
» Beschäftigt? « , fragte eine Stimme von der Tür.
Gremm fuhr herum. » Wie? Wer? «
» Wie? Durch die Tür. Du solltest dir ein besseres Schloss zulegen, Onkel. Oder einen Wachhund. Vielleicht auch beides. Und wer? Du darfst raten. «
» Viltor? «
» Schön, du erkennst deinen Neffen noch. «
» Aber, wie, warum, ich meine, seit wann bist du hier? «
» Im Haus? Nicht sehr lange. In der Stadt? Seit gestern Nacht. «
Gremm sank in seinen Stuhl, sein Lächeln war erloschen. » Viltor « , murmelte er, und die ganze mühsam begrabene Vergangenheit erstand höchst lebendig wieder auf.
Sie setzten sich in die Wohnstube, und Gremm behauptete, er habe den jungen Mann selbst ins Haus gelassen, als die Köchin besorgt wegen der fremden Stimme hereinschaute.
» Du bist gewachsen. Und du hast dich verändert, Vil, ich hätte dich fast nicht wiedererkannt. «
» Das kommt mir entgegen, wie du dir vielleicht denken kannst, Onkel. «
» Ich hätte nicht gedacht, dass du zurückkehrst, Viltor « , meinte Gremm. » Diese Stadt ist gefährlich für dich. «
» Diese Stadt hält mich für tot. Und das soll vorerst auch so bleiben. «
» Und – deine Schwester? Wie geht es ihr? «
» Tiuri ist ebenfalls hier. Ich konnte sie schlecht in Melora zurücklassen, und bleiben konnte ich dort auch nicht mehr. Diese Hafenstädte sind nicht sehr groß, und wenn dort, sagen wir, ein Diebstahl
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