Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Titel: Der Prinz der Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
Fenster: schwärzeste Nacht.
    Brummend erhob er sich aus dem Bett, vorsichtig, damit seine Frau, die endlich einmal eine ruhigere Nacht zu haben schien, nicht doch noch wach wurde. Er entzündete eine Lampe und stieg leise die Treppe hinunter.
    War es vielleicht ein Streich, den ihm Rat Nestur spielte? Der Alte versuchte auf vielerlei Art, ihn zu piesacken, aber aus irgendeinem Grund schien das Gremm nur noch mehr Sympathien einzubringen. Stand er jetzt vielleicht vor der Tür, ein paar handfeste Männer an der Seite, um ihn einzuschüchtern? Gremm blieb unschlüssig stehen.
    Wieder klopfte es.
    » Nein, das wäre nicht seine Art « , murmelte der Kauffahrer schließlich und schlich weiter die Stufen hinab.
    Aber seine Müdigkeit schwand, und die Angst erwachte. Räuber? Nein, die würden nicht anklopfen. Aber was es auch war, es bedeutete mit ziemlicher Sicherheit Ärger, Mühsal und Verdruss.
    » Ja, ich komme schon « , brummte er und öffnete die Pforte einen Spalt.
    Da standen zwei zerlumpte Gestalten, ein Kind und ein junger Mann, im schmalen Lichtstreifen seiner Lampe und sahen ihn erwartungsvoll an.
    » Was wollt ihr? Für Betteleien ist es ein bisschen früh, meint ihr nicht? «
    » Du bist Onkel Esrahil, oder? « , fragte der junge Mann.
    Gremm hob die Lampe und leuchtete den beiden ins Gesicht. Das Mädchen – die Ähnlichkeit war unverkennbar. Gremm wurde es flau im Magen. Das Mädchen war seiner Schwester wie aus dem Gesicht geschnitten. » Tiuri? Viltor? Seid ihr es wirklich? «
    » Klar. Lässt du uns jetzt rein, Onkel? «
    » Aber ihr seid doch tot! «
    » Wenn du uns noch länger hier draußen auf der Straße stehen lässt, ganz sicher. «
    » Wie? Was? Ja, natürlich, natürlich. Kommt rein. Wie ist das nur … «
    Auf der Schwelle drehte sich der junge Mann um und winkte in die Dunkelheit. Da kamen noch zwei Gestalten, grüßten knapp und traten an dem völlig verdatterten Gremm vorbei in den Flur.
    » Ich bitte euch, seid leise, meine Frau schläft, und diese Aufregung, das würde sie nicht verkraften. «

Vil sah sich um. Er hatte auch einmal in so einem Haus gelebt, nur war das schöner und größer gewesen. Wie lange war das her? Noch kein Jahr, und doch unendlich lange. Dann war seine ganze Familie ins Elend gestürzt worden, nein, nicht seine ganze Familie. Da stand dieser verlegen stotternde kleine Mann im Morgenmantel und in Socken, glotzte sie mit offenem Mund an und wusste offenbar nicht, was er sagen sollte. Es war beinahe mitleiderregend, aber eben nur beinahe. Der Mann hatte doch keinen Finger für sie gerührt, als sie in der Halde gewesen waren.
    » Wir brauchen deine Hilfe, Onkel Esra « , begann Vil.
    » Meine Hilfe? «
    » Wir müssen die Stadt verlassen. Dazu brauchen wir ein Schiff. Du wirst uns eines besorgen. «
    Esrahil Gremm runzelte die Stirn. » Ist das deine Art, um etwas zu bitten, Junge? «
    » Für Höflichkeit fehlt mir die Zeit. Es gibt Leute, die wollen uns tot sehen – oder Schlimmeres. «
    » Ja ja, tot, weißt du, ich habe den Ring deiner Mutter erhalten, mit der Nachricht, er sei an deiner Leiche gefunden worden. «
    » Mutters Ring? « , fragte Vil, dem ein eigenartiges Gefühl den Rücken hinaufkroch.
    » Ja, ich habe ihn hier in der Schatulle. Siehst du? «
    Gremm hatte einen Ring aus einer kleinen Schatulle genommen und hielt ihn Vil hin. Der nahm ihn verblüfft an. Mutters Ring?, dachte er. Aber wie ist das möglich? Den hatte doch der Eisenkönig dem Arzt gegeben, um … Er stöhnte auf, als er begriff, dass der Ring den Arzt nie erreicht hatte, und mit Grauen dachte er daran, wie er über dem toten Mann in dessen Haus gekauert hatte, voller Hass … Jetzt begriff er mit schockierender Klarheit, dass Geffai den Ehering seiner Mutter an den Boss verkauft hatte. Für einen Augenblick war er drauf und dran umzukehren. Aber dann sah er Tiuris große braune Augen, die den Ring ehrfürchtig betrachteten.
    » Hier, bewahre ihn gut auf, Tiri « , flüsterte er. Dann sammelte er sich wieder. Er musste sie in Sicherheit bringen. » Also, das Schiff, Onkel? «
    » Aber wo soll ich mitten in der Nacht ein Schiff auftreiben? «
    » Im Hafen, nehme ich an « , zischte Vil.
    » Natürlich, natürlich, ich kenne jemanden, der da helfen kann. Aber so etwas braucht Zeit, und es wird schon bald Morgen « , stammelte der kleine Kauffahrer.
    » Dann wirst du uns eben verstecken, bis du das Nötige veranlasst hast. «
    » Verstecken? Hier? «
    » Das Haus ist doch groß genug

Weitere Kostenlose Bücher