Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
ich finde, nach der wochenlangen Schufterei sollten wir uns mal wieder etwas Spaß gönnen. Warst du überhaupt schon mal da unten? «
Vil spürte Zorn in sich aufsteigen. Sein Vater war in der Arena gestorben, und er war dort gewesen, in einer Kammer, in der sich die Kämpfer früher auf das Sterben vorbereitet hatten. Das war kein Ort, wo er mal eben zum Spaß hingehen würde. Er hatte schon bei Pekers Versteck unter den Bogen immer ein schlechtes Gefühl gehabt. Aber dann dachte er plötzlich, dass er sich dem vielleicht endlich stellen musste.
Die Arena war immer da, hoch und finster überragte sie das Katzenviertel. Täglich erinnerte sie ihn an seinen Vater und daran, was er seiner Mutter versprochen hatte. Er hatte Skari seit ihrem Streit nicht gesehen, er hatte sie auch nicht gesucht, aber er vergaß nicht, dass seine Mutter ihn noch aus ihrem Grab heraus rief.
Was sie wohl davon halten würde, wenn er zum Vergnügen den Ort aufsuchte, an dem sein Vater hingerichtet worden war? Andererseits – dreißigtausend Menschen waren dabei gewesen und hatten gejubelt, als der Henker sein Beil niedersausen ließ. Jeder von den Leuten, denen er täglich begegnete, war schuldiger am Tod seines Vaters als dieses alte Gemäuer.
Sein Zorn verrauchte, und plötzlich wollte etwas in ihm unbedingt sehen, wie sich Männer gegenseitig die Köpfe einschlugen. Vielleicht würde ihn das auf andere Gedanken bringen.
Vil fühlte sich dennoch unwohl, als sie die Arena betraten. Gibean wollte unbedingt so schnell wie möglich hinunter in die unteren Gewölbe, aber Vil brauchte erst einen Branntwein, um diese Beklemmung hinunterzuspülen, dann einen zweiten, weil der erste kaum half. Erst dann stiegen sie hinab.
Vil fand den Ort beinahe noch finsterer als damals, als sie nach der Hinrichtung irgendwo hier unten nach draußen und zur Halde geführt worden waren. Er war erstaunt, wie viel zwischen den mächtigen Säulen los war: Matrosen, Händler, Bergleute und Handwerker drängten sich in den Kaschemmen, Würfelbuden und Hurenhäusern, die jeden Winkel nutzten und sich kaum Mühe gaben, ihr zweifelhaftes Treiben zu verbergen. Krüppel bettelten, fette Huren priesen sich an, und er sah einen betrunkenen Hauptmann der Wache, der unter der Last der beiden Huren, die auf seinem Schoß saßen, fast zusammenbrach.
» Ist noch einmal was anderes als da oben, oder? « , fragte Gibean grinsend.
Vil nickte, gegen seinen Willen fasziniert von dem Blick auf das Laster und die Sünde, die hier unten herrschten. Ein Seemann erbrach sich fast auf seine Füße, glotzte ihn mit großen Augen an und nahm dann einen Schluck aus dem schweren Humpen, den er in der Rechten hielt. Die Frau, an der er sich festklammerte, lachte schrill. Sie hatte ihr Alter unter einer dicken Schicht Wangenrot und Augenpurpur versteckt, war aber sicher doppelt so alt wie der Matrose.
» Dem wird morgen früh vermutlich mehr fehlen als die Erinnerung an diesen Abend « , meinte Peker.
» Aber er kann noch seinen Kindern von einer unvergesslichen Nacht erzählen « , rief Gibean lachend.
» Wenn er die Nacht überlebt « , antwortete Peker grinsend.
Sie stiegen tiefer hinab, und Gibean wurde von einem schmierigen Mann angesprochen, der ihm offensichtlich etwas schuldig war, vielleicht aber auch etwas von ihm wollte, das konnten sie nicht verstehen. Der Mann lud sie auf eine Runde Branntwein ein, ohne sich die Mühe zu machen, sich vorzustellen.
Vil begann, sich besser zu fühlen, obwohl die Schänke ein schmutziges Loch war, mit Würfeltischen, an denen laut gezankt wurde. Gibean hatte recht: Es war etwas völlig anderes, und über das Staunen war er bereit, seine Sorgen eine Weile beiseitezuschieben.
Gibean drängte sie weiter, weshalb Peker ihm unterstellte, dass er Kopfgeld für jeden Gast bekäme, den er zu den Kämpfen schleppte. Die Treppe hinab in das dritte der unterirdischen Stockwerke wand sich außen um die Kaschemmen herum, und als sie die schwere Pforte öffneten, schlug ihnen beißender Qualm, großer Lärm und ein Geruch von Blut, Schweiß und Tod entgegen.
Ein jämmerliches Jaulen, gepaart mit wütendem Knurren, schnitt durch den Lärm, der sich jäh in einen fluchenden und einen jubelnden Teil spaltete.
» Hundekämpfe! « , rief Gibean.
» Falsch, mein Freunde, es sind Wölfe. Wollt ihr setzen? Ich weiß ein paar Dinge über den nächsten Kampf, die euch helfen könnten. « Ein einäugiger Mann in schwarzem Mantel hatte sich an sie
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