Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
Nachbarhäuser an. Vielleicht ist eines zurzeit unbewohnt, und das wäre dann der Weg. «
» Einen Weg, den du dennoch nicht gehen solltest « , meinte Peker. » Es ist ein Richter, das ist etwas anderes als ein einsamer Haldenwächter, das werden die Wachen nicht so schnell auf sich beruhen lassen. Du bist dabei, auf ein paar ziemlich große Füße zu steigen, und es kann gut sein, dass wir alle anschließend von denen zertreten werden. Warum kannst du es nicht einfach bleiben lassen? Wir sind Einbrecher, Diebe, keine Mörder. Jedenfalls ich nicht. «
» Und es ist todsicher schlecht fürs Geschäft « , meinte Gibean.
Vil schüttelte den Kopf. » Ich werde nicht noch einmal so viel Glück haben, dass ein anderer den Mann erledigt, den ich töten will. Und ich werde keine Ruhe finden, solange Titior nicht tot ist. Es muss getan werden – und ich werde es tun, ob es euch passt oder nicht. «
Esrahil Gremm war sich sicher, dass es ein Unglück geben würde. Er konnte das Verhängnis praktisch schon riechen. Er hatte den Appetit verloren, aß kaum noch und wünschte sich, die ganze Angelegenheit möge rasch vorübergehen. Er saß in seiner Wohnstube und blickte ins Nichts.
Jenseits der matten Butzenscheiben war ein strahlend schöner Tag des jungen Herbstes zu Ende gegangen, aber Gremm war kaum vor die Tür getreten, und es hatte ihm sogar der Antrieb gefehlt, die Dämmerung durch das Entzünden einer Kerze zu erhellen. Hätte sich die Köchin nicht erbarmt und einen Leuchter angezündet, er hätte im Dunkeln ausgeharrt und auf das Verhängnis gewartet, das da kommen musste. Er fühlte sich wie ein Mann, der zwischen zwei Mühlsteine geraten war: Merson hatte ihn beauftragt, gewisse Dinge aus dem Rat für ihn in Erfahrung zu bringen, und Kämmerer Ajeler erwartete von ihm, dass er den Gesandten ausspionierte. Eine von beiden Seiten würde er am Ende verraten müssen – doch welche?
Dann war da noch die Sache mit Viltor. Er hatte seit ein paar Tagen nichts von ihm gehört, aber er wagte nicht zu hoffen, dass der Junge, nein, der junge Mann, sein Vorhaben aufgegeben hatte. Wie finster entschlossen er wirkte!
Etwas an ihm erinnerte Gremm an seinen eigenen Vater, der ein Mann der Tat und von seinem Sohn Esrahil eigentlich stets enttäuscht gewesen war. Und Viltor war nicht nur tatkräftig, er hatte die seltene Gabe, dass die Leute ihm gern folgten. Wären die Dinge etwas besser gelaufen, hätte er in dieser Stadt weit kommen können. So verschwendete er sein Talent an Diebe und Schmuggler.
» So betrübt, Schwager? « , fragte Tesir Merson, der plötzlich im Zimmer stand.
Gremm schreckte zusammen. » Bei allen Himmeln! Wie seid Ihr hier hereingekommen? «
» Die Köchin, sie ließ mich ein. Und Ihr wart wohl so in Gedanken versunken, dass Ihr mich nicht bemerkt habt. «
» Die Köchin? Ja, natürlich « , murmelte Gremm misstrauisch.
» Nun, lasst mich ohne Umschweife zu meiner Frage kommen. Was gibt es Neues aus dem Rat, Schwager? «
» Oh, nur das Übliche, Tesir « , versicherte Gremm, verblüfft von der Direktheit seines Schwagers. » Lange Sitzungen, in denen viel geredet und wenig entschieden wird « , fuhr er fort. Er fühlte Schweiß auf seine Stirn treten. Merson war ein Schatten, und Gremm fragte sich, ob es klug war, ihn anzulügen.
» Es gibt keine Neuigkeiten von Prinz Haisal? Keine geheimen Verhandlungen hinter verschlossenen Türen? «
» Das weiß ich nicht, Tesir « , behauptete Gremm, was wieder gelogen war. Kämmerer Ajeler hatte ihn ins Vertrauen gezogen, ihn, warum auch immer, sogar zu diesen Verhandlungen eingeladen. » Wenn es sie geben sollte, dann habe ich davon nichts erfahren, Tesir. Dann sind sie geheim, wie Ihr sagtet. « Er versuchte, seine nervösen Hände ruhig zu halten.
» Ich hingegen glaube, dass Ihr es sehr wohl wisst, Schwager. « Alles Freundliche und Verbindliche war aus Mersons Gesicht verschwunden. Gremm sah nur noch stählerne Härte in diesen Zügen, die ihm mit einem Mal völlig fremd vorkamen. Es schien plötzlich noch dunkler in der Stube zu werden.
» Ich würde uns gerne die Zeit gönnen, das bei einer guten Tasse Mansupa in aller Ruhe zu erörtern, Esrahil, aber leider weiß ich aus dem Palast, dass dieses geheime Treffen heute oder morgen stattfindet. «
» Ihr mögt glauben, was Ihr wollt, ich weiß nichts! « , rief Gremm. Seine Stimme klang ihm seltsam gedämpft im Ohr. Das war mehr als Einbildung. Etwas änderte sich tatsächlich, ein Knistern
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