Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
eine andere Kammer zu Tee und Tratsch zurückzogen und die Herren zu den stärkeren Getränken übergingen, nippte er nur lustlos an seinem Tee mit Branntwein, wünschte sich, baldmöglichst verschwinden zu können, und beteiligte sich nur zurückhaltend an der heftigen Debatte über Holzpreise, die Unruhe auf der Stahlseite und die Verträge mit dem oramarischen Prinzen.
» Aber Ihr könnt uns doch wenigstens sagen, geschätzter Rat Gremm, ob es wahr ist, dass die Scholaren sich nun in Oramar einen ganzen Hafen unter den Nagel gerissen haben! « , rief ein junger Kauffahrer zu fortgeschrittener Stunde.
» Das sind Übertreibungen, Menher « , antwortete Gremm seufzend. » Sie haben sich lediglich einige Handelsrechte gesichert, außerdem das Recht, dort Niederlassungen zu gründen. «
» Beachtlich, wenn man weiß, dass der alte Padischah die letzten Gesandten der Scholaren noch hat köpfen lassen « , meinte Vinir.
» Und dass sie das halbe Katzenviertel aufkaufen, was sagt Ihr dazu, Menher Gremm? « , fragte wieder der junge Kauffahrer.
Gremm versuchte, sich an seinen Namen zu erinnern, und erwiderte ausweichend: » Damit ist der Rat nicht befasst. « Das war nicht einmal ansatzweise die Wahrheit, auch im Rat zerbrach man sich in kleinen vertraulichen Runden den Kopf darüber, was die Scholaren mit diesen Grundstücken vorhaben mochten.
» Hat der Rat denn wenigstens nachgefragt, Vetter? « , fragte Viltor.
Gremm sah ihn nachdenklich an. Der Junge war klug, wie sein Vater, und ebenso leichtsinnig. Dieser ganze Abend, all die Kontakte, die er knüpfte, es war offensichtlich, dass er vorhatte, sich für die Große Versammlung zu empfehlen.
» Wir werden das tun, wenn wir es für erforderlich halten « , wich Gremm aus. Der Rat hatte indes schon längst bei der Bruderschaft nachgefragt, aber nichts als leere Worthülsen zur Antwort bekommen. Man konnte den Eindruck gewinnen, die Scholaren würden den ehrwürdigen Rat einfach ignorieren.
» Menher Gremm, wir haben Euch seinerzeit in den Rat gewählt, weil wir dachten, dass Ihr Euch besser um die jungen Kauffahrer kümmern würdet als Nestur « , rief Vinir, » haben wir uns da geirrt? «
Gremm stellte seinen Tee ab, blickte Vinir ernst an und erwiderte: » Menher Vinir, wohnt Ihr im Katzenviertel? Einer von Euch, Menhers? Nein? Dann seid Ihr wohl nicht in Not. Wie laufen denn Eure Geschäfte? Besser denn je, möchte ich meinen, seit wir vom Rat mit Oramar die neuen Verträge abgeschlossen haben. Einige von Euch verdienen doch sogar recht gut an der Notlage der Leute, die in den Ruinen ihres Viertels hausen und Euer Holz zum Dreifachen des üblichen Preises kaufen müssten – wenn sie denn das Geld nicht schon für das Brot ausgegeben hätten, das nun ebenfalls das Dreifache des Üblichen kostet, weil nicht mehr genug Schiffe Weizen heranschaffen. Da ist es doch kein Wunder, dass sie lieber die Kronen der Scholaren nehmen, statt auf Eure Mildtätigkeit zu warten! «
Er hatte sich in Rage geredet, war sogar aufgesprungen. Jetzt blickte er in lauter verblüfft schweigende Gesichter. Nur Vinir war rot angelaufen. Gremm setzte sich wieder.
» Hört, hört « , sagte Viltor lächelnd.
» Mein Freund Esrahil hat recht « , rief Abar Brasus. » Ich meine, wir reden viel über das Leid unserer Mitbürger, aber wir tun nichts dagegen! «
» Ist das nicht eher Sache des Tempels? « , fragte einer.
» Aber wir können es zu unserer Sache machen, Menhers « , rief Brasus enthusiastisch. » Seid Ihr es nicht auch leid, all die hasserfüllten Blicke zu spüren, wenn Eure Geschäfte Euch auf die Stahlseite führen? Die Leute neiden uns unseren Wohlstand, wo doch viele von ihnen selbst gerade alles verloren haben. «
» Und was wollt Ihr dagegen tun? «
» Ich meine, wir sollten unter unseresgleichen Geld sammeln für die Armen. Wir helfen ihnen, ihre Häuser wieder aufzubauen, versorgen sie mit dem Nötigsten, organisieren Getreidelieferungen. Was sind schon ein paar Bretter und ein paar Schütten Reis oder Roggen für uns? Für einen Mann, dem das Brot und das Dach über dem Kopf fehlen, können sie eine Menge bedeuten. Es sind doch unsere Mitbürger. Die sollten wir nicht den Scholaren überlassen! « , rief Brasus begeistert.
Gremm fragte sich, ob Brasus vielleicht verrückt geworden war. Man konnte den Kauffahrern von Xelidor vieles unterstellen – aber Mildtätigkeit war ihre Sache nicht.
» Nun, es könnte politisch von Vorteil sein « , meinte einer der
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